Motorradtouren Montenegro Anreise

Anreise

Motorrad steht auf Parkbucht und Motorradfahrerin blickt auf den Piva-Stausee

Aus Bavaria zum Motel Bavaria

Blick auf die Industrielandschaft rund um Zenica in Bosnien

Wir wählen von Augsburg aus die Strecke über Graz, Maribor, Zagreb, Sarajevo bis ins bosnische Foça, einer kleinen Stadt unweit der Grenze zu Montenegro. Zwar würde uns die Fahrt über Ljubljana und den Karawankentunnel etliche Kilometer sparen, dieser ist jedoch wesentlich frequentierter und damit staugefährdeter. Bis Maribor ist die Autobahn ziemlich leer, kurzzeitig sogar so leer, das wir uns als einzige Verkehrsteilnehmer wähnen. Die Grenzübertritte sind komplikationslos und schnell. An den ersten drei Grenzen dürfen wir immer nur kurz die zwei Personalausweise hinüberreichen in das Guckloch des Grenzpolizisten oder Zöllners. Nach kurzem Scan oder sogar nur Sichtkontrolle werden wir weiter gewunken. An der Grenze zu Bosnien-Herzegowina wird die grüne Versicherungskarte gefordert. Bitte schön: hier sind die drei. Der Grenzer schaut erst mal verdutzt, bis ihm mit Blick auf Hänger und Motorrad ein Licht aufgeht. Beim Zöllner beantworten wir noch drei Fragen (Tourist? Wohin? Was zu deklarieren?) und schon sind wir im nächsten Land. Das flutscht ja wie beim Brezelbacken.

Blick im Tunnel auf eine bosnische Tunnelbaustelle

In Bosnien liegen dreihundert Kilometer Landstraße in Richtung Sarajevo vor uns. Es existiert keine Autobahn Richtung Süden. Die Baustellenampel vor einem Tunnel bei Vranduk scheint wohl außer Betrieb zu sein und so winkt uns ein Polizist rasch hinein in das dunkle Loch. Im Tunnel, der locker einen Kilometer lang ist, finden Bauarbeiten statt. Die Tunnelarbeiter arbeiten in einer finsteren Natursteinröhre, in der es wolkenbruchartig von der Decke tropft. In dieser Dunkelheit und Feuchtigkeit zu arbeiten, ist wahrlich kein Zuckerschlecken. Doch es geht zügig hindurch. Der Tunnel sollte uns bei der Rückfahrt noch ziemlich erschüttern. In zweifachem Sinne.

Wir folgen der breit ausufernden Bosna. Viel Wasser fließt den Fluss hinunter. Vorbei an Kohlekraftwerken, Verarbeitungsbetrieben und Abbauhalden der bosnischen Stadt Zenica. Nicht schön, aber irgendwie auch wieder reizvoll. Bei uns wäre das inzwischen ein kilometerlanges technisches Denkmal. Auch die unvermeidlichen Hochhäuser in Plattenbauweise fehlen nicht im Stadtbild. Hügelige Hobbitlandschaft. Mehrmals überqueren wir die Bosna. Weiße Moscheen am Wegesrand schmücken sich mit einem, manchmal auch zwei Minaretten. Auf dem Gelände einer Autofirma rosten „geköpfte” Autos vor sich hin, teilweise fehlt ihnen auch das gesamte Hinterteil. Ob es in Bosnien Patchwork-Autos gibt?

Blick auf das Haus des Motel Bavaria Foca mit vorgelagerter günen Wiese

Leider nur am Rande vorbei gekratzt, bleibt uns Sarajevo als eine große Stadt in Erinnerung, die sich über zahlreiche Hügel zieht. In Trnovo hält uns ein Polizist an: Turisti? Yes! Er winkt uns mit einer winzigen, handtellergroßen Kelle weiter. Vermutlich kontrolliert er einfach nur, ob da nicht ein Übeltäter mit einem geklauten Motorrad durch die Lande reist.

Zwanzig Kilometer vor der montenegrinischen Grenze liegt Foça. Hier reservierten wir ein Zimmer im Motel Bavaria* und dürfen unser Auto sowie den Trailer drei Wochen lang gegen eine faires Entgelt stehen lassen. Das Motel, das auch süße Spitzhütten zum Übernachten bietet, liegt direkt am Fluss Drina und wird von Gabi, in Kassel gebürtig, sowie ihrem Mann Mile betrieben. Wir werden auf‘s Herzlichste begrüßt. Auto samt Hänger parken wir am Rande des Grundstückes, wo sie keinen stören. Den Autoschlüssel deponieren wir auf Gabis Wunsch bei ihr, für den Fall, dass umgeparkt werden müsste. So viel Vertrauen muss sein.

Kurventanz an der Piva

Blick auf die Brücke der Straße mit Tunnel um den Pivastausee

Am nächsten Morgen verlassen wir Foça in Richtung montenegrinische Grenze. Jetzt auf zwei Rädern. Zwanzig Kilometer noch bis zur Grenze, zwanzig ziemlich holprige Kilometer. Dafür begrüßt uns Montenegro mit wesentlich besserem Fahrbahnbelag. Direkt neben der Grenze verläuft die Tara, einer der spektakulärsten Flüsse Montenegros. Hinter der Grenzstation geht es steil hinab zum Fluss. Auf der anderen Seite lädt am Ufer das rustikale Restaurant „Blue Tara River” zu einer Pause ein. Doch nichts da! Wir wollen heute noch bis runter ans Meer, nach Kotor. Hier, ab der bosnischen Grenze, starten die Raftingtouren auf der unteren Tara. Also wer mal eine Weile das Fahrzeug wechseln wollte, kommt so in den Genuss des aufregendsten Teils der Tara.

Unbeleuchteter Tunnel am Pivastausee

Eine Eisen-Holz-Brücke gewährt uns sicheres Geleit über die reißende Tara. Unweit vereinigen sich Tara und Piva und fließen als Drina durch Bosnien-Herzegowina. Die Landesstraße M18 hat sich an der Piva angedockt und leitet uns gen Süden. Ein starker Einstieg! Inmitten der Schlucht erkämpfte sich das Gewässer ein schmales Flussbett. Die Uferstraße pendelt schwungvoll durch freien Fels, um dann dutzendmal in Naturtunnels zu verschwinden. Die Röhren sind grob aus dem Fels gehauen und nicht beleuchtet. Mit Sonnenbrille aus dem Hellen kommend, hast du das Gefühl von einem schwarzen Loch verschlungen zu werden, wäre da nicht rettendes Licht am Ende des meist nicht allzu langen Tunnels.

Berge und Felsen direkt neben dem Straßenlauf am Piva-Stausee

1976 wurde die Piva bei Mratinje mittels einer gewaltigen Mauer aufgestaut und zieht sich nun als türkisblaues Band 33 Kilometer durch die bis zu tausend Meter hohen Berge des Pivska Gebirges. Auch wenn die Gründe der Anstauung keine touristischen, sondern rein wirtschaftliche waren – im Wasserkraftwerk werden damit drei Turbinen angetrieben – der Einstieg in unsere Montenegro-Tour könnte nicht verheißungsvoller inmitten dieser megastarken Naturkulisse sein!

Kleine Holzhütte an einem Parkplatz mit Motorrad und Blick auf den Slano-Stausee

Bei der Fahrt durch das Städtchen Plužine durchqueren wir nur ein wenige Jahrzehnte altes Abbild der Stadt, denn der alte, gewachsene Ort versank zu Beginn der siebziger Jahre mit dem Bau des Stausees komplett in den Fluten. Ab hier öffnen sich die Täler, die Straße führt durch dünn besiedeltes Land, vorbei an ausgedehnten Wiesen mit dünnen Strauch- und Baumbeständen. Es herrscht sehr wenig Verkehr, wir kommen gut vorwärts. Es wird merklich kühler.

Wir erreichen nach Nikšić einen weiteren Stausee, jedoch mit komplett anderer Charakteristik. Der Slano-See, in der Landessprache Slansko Jezero genannt, besitzt Inselchen, unzählige Buchten und Halbinseln und besticht durch seine Weitläufigkeit. Ist das wirklich ein im Jahre 1950 künstlich erschaffener See oder vielleicht doch ein vor Jahrtausenden oder Jahrmillionen entstandener Gletschersee? Aber nein, das Gewässer wurde für ein nahes Wasserkraftwerk angelegt. Größere Ansiedlungen sind weit und breit nicht zu sehen. Von der Straße aus hat man einen faszinierenden Blick über dieses Naturparadies.

So geht Straßensperre in Montenegro

Die Landschaft um uns herum wird immer karger und felsiger. Der Gegenverkehr besteht aus zwei Autos und mit uns cruisen, halten und fotografieren nur zwei weitgereiste Vespafahrer (Applaus!) die Aussicht. Wir überholen uns immer mal wieder an den Stopps, bis uns eine garstige Schauerfront zu einem schnelleren Tempo zwingt. Doch vergebens, sie verpasst uns einen zackigen, aber schnell durchfahrenen Duscher.

Motorrafahrerin steht bei Pause hinter dem Motorrad am Straßenrand

Vor uns plötzlich Baumaschinen, Bagger und andere Fahrzeuge. Aha, Baustelle! Ein Bagger steht brettlbreit quer auf der Straße. So geht Straßensperre hier! Da braucht‘s kein Schild. Ein Bauarbeiter winkt uns durch. Wie? Wo? Doch zwischen den lehmigen Baggerreifen und der Leitplanke ist genau so viel Platz, dass wir mit kleinem Schleifgeräusch hindurch zirkeln können.

Der Ausbau der Strecke scheint was Größeres zu sein. Links und rechts der Fahrbahn ist auf mehreren Kilometern Wegstrecke der Fels weggestemmt. Am Ende der Monsterbaustelle erreichen wir eine vielleicht zwei Kilometer lange Schotterpiste, übersät mit Schlaglöchern. Wir zickzacken in Schrittgeschwindigkeit kreuz und quer durch das Schlaglochminenfeld. Trotzdem, es sind noch genug Minen-Treffer dabei.

Am Ende parkt ein orangefarbener Kleinbus quer über beide Fahrstreifen. Oh, das ist die andere Seite der Straßensperre. Und nu? Ein Fahrer ist weit und breit nicht in Sicht, jedoch tut sich zwischen dem Bus und einer Betonbarrikade genau passend für uns der gleiche Abstand auf wie vorhin bei dem Bagger. Geschafft! Kleines Memo an uns: Diese Schlaglochpiste müssen wir mit vollem Gepäck nicht nochmal fahren!

Blick von oben auf ein kleines Dorf tief unten im Tal

Geil. Geil. Geil. Was ist denn das für eine verrückte Perspektive? Wie aus dem Flugzeug. Von der Straße aus schweift der Blick hinunter über eine hügelige Hochebene. Einzelne Häuser zwischen kleinen Feldwegen. Für jedes Haus ein Hügel. Irgendwo weiter hinten gäbe es eine Übernachtungsmöglichkeit. „Etno Selo Izlazak” ist hier ausgeschildert. „Etno selo” – wörtlich heißt das „Ethno-Dorf”, es handelt sich dabei um kleine Hüttensiedlungen mit einem Dutzend Übernachtungsmöglichkeiten. Meist sind das einfache Spitzhütten, in die zwei Betten passen, doch auch komfortable Blockhütten oder Steinhäuser finden sich gelegentlich. Das Ganze befindet sich immer in abgelegener Lage mit einer großartigen Landschaft darum herum. Das ausgeschilderte „Etno Selo Izlazak” liegt oberhalb der Piva, die sich dahinter tief ins Gestein eingraben hat.

Manchmal steht bei diesen „Ethnos selos” auch noch die Bezeichnung Katun, was „Sommeralm” bedeutet und darauf hindeutet, dass der Ort durchaus praktische und nicht nur touristische Bedeutung hat. Die meisten Katuns werden von Juni bis September bewohnt. Bei guten Wetteraussichten kann man hier oben stimmungsvolle Abende verbringen – doch jetzt, bei tiefhängenden Wolken, 12°C und dunkelgrauer Regenfront, zieht es uns weiter ans Meer.

Alte Serpentinen nur für uns

Motorradfahrer blickt über die Bucht von Kotor mit Inseln und blauem Meer von oben

Endlich taucht schräg voraus die Bucht von Kotor auf. Zwei Streckenvarianten stehen uns zur Verfügung, um hinunter zur Boka Kotorska zu gelangen. Die eine ist eine gut ausgebaute, breite Straße mit einigen Tunneln, die erst einmal vier Kilometer bis zum Ende des einen Buchtflügels und dann wieder zurück bis Risan führt. Wir nehmen den direkten Weg nach Risan, einen atemberaubenden Serpentinenabstieg. In 550 Meter Höhe über dem Meer beginnt eine etwa anderthalbspurige Straße. Auf der Michelin-Straßenkarte – die sich als beste erwiesen hat, die von Reise-Know-How ist viel zu grob – ist die Route weiß eingezeichnet. In langen Schwüngen senkt sie sich mit grandiosen Aussichten hinunter bis auf Meereshöhe.

Schlechte Straße mit grünem Randbewuchs auf Berge zu führend

Sicher wird sie nur noch gelegentlich von Motorradfahrern wie uns benutzt und vermutlich einigen Einheimischen, denn es gibt ja längst die breitere und weniger Höhenschwindel erzeugende Straße hinunter in diesen Teil der Boka Kotorska. Das erklärt auch den vernachlässigten Zustand der Fahrbahndecke. An den Rändern holt sich die Natur längst die Straße zurück. Für uns ist das ein sehr willkommener Umstand, denn keinerlei Gegenverkehr behindert uns bei der Fahrt.

Der große Urlauber- und Durchgangsverkehr rauscht hier also nicht durch. Wir sind die einzigen Verkehrsteilnehmer, was bei der schmalen Straße, zumeist ohne Randbegrenzungen, sehr angenehm ist. Weiter unten begegnet uns ein kleines Baufahrzeug. Der Fahrer hupt, winkt und zeigt den erhobenen Daumen. Risan ist die bei weitem älteste Stadt der Boka, in der wir uns jedoch nicht lange aufhalten. Ausnahmsweise haben wir vorab ein Zimmer in der Unterkunft Titanis Rooms* in Kotor gebucht, da uns eine altstadtnahe Lage mit Parkplatz am Haus wichtig ist und wir keine Lust verspüren, bei Ankunft erst mal Klinken zu putzen. Um dann womöglich festzustellen, dass an der Altstadt nichts mehr frei sei. Wenn wir den Angaben von booking.com trauen dürfen, sind in Altstadtnähe nicht sooo viel Angebote zu akzeptablen Preisen zu haben. Und wer inmitten der Altstadt wohnt, muss das Fahrzeug draußen lassen.

der Bucht von Kotor | Erstes Wow der Tour
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