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Auf dem Weg nach Kolašin | Kloster Morača

Eingang zu einer Konoba mit dicken Holzbalken in Kolasin

Eigentlich hatten wir vor, die Hauptstadt Podgorica auf Micky-Maus-Straßen zu umfahren, doch angesichts des immer stärker werdenden Regens ziehen wir den behelmten Kopf auf die Schultern und schauen, dass wir in Richtung Norden Land gewinnen. Trockenes Land vor allem. Ziel ist Kolašin, nur fünfundsechzig Kilometer nördlich von Podgorica gelegen. So schnupfen wir Podgorica ruckzuck weg.

Sintflut Richtung Nordwesten

Motorradfahrer steht im strömenden Regen an seinem Motorrad

Entlang einer gut ausgebauten Magistrale fließt die leuchtend türkisfarbene Moraça, namensgebend für die Schlucht, die sich der Fluss im Verlauf von Jahrtausenden tief in das Gestein gegraben hat. Von der Mündung in den Skadarsee folgen wir der Moraça nach Norden. Im Normalfall hätten wir während dieser Fahrt mindestens fünfmal angehalten und Fotos gemacht. Doch von der Schönheit der Schlucht bemerken wir nichts. Petrus muss seine Badewanne leeren. Ausgerechnet über uns. Neben uns in der Schlucht dichte Nebelsuppe. Die gegenüberliegende Bergflanke taucht ab und zu gespenstig mit einzelnen Lichtern aus den Nebelregenschwaden auf. Bei gutem Wetter gäbe es was zu sehen.

"Wenn Sie diese Straße überleben ..."

Zahlreiche Tunnel durchschneiden den Fels. Irgendwo muss auch die Bahnlinie nach Belgrad verlaufen, doch was sehen wir? Nüscht! Fotos gibts darum von diesem Teil der Strecke auch nicht. Die wohl sieben, acht Meter breite Straße legt sich in gefällige Kurven und ist relativ stark befahren, einige Schilder gemahnen immer wieder in verschiedenen Sprachen, man solle unbedingt aufmerksam fahren. Im Internet wird diese Straße als die gefährlichste Straße Montenegros bezeichnet. Das können wir jetzt nicht beurteilen. Einige Kreuze zeugen schon von einer gewissen Unfallhäufigkeit. Aber an welcher Straße gibt es keine Unfälle? „Wenn Sie überleben”, schreibt eine Website, die die gefährlichsten Straßen der Welt zum Thema hat, „sehen Sie eine der spektakulärsten Straßen Montenegros”. Was bei besserem Wetter zu beweisen wäre. Wir strengen uns an (das mit dem Sehen, nicht mit dem Sterben).

Eingang zum Kloster Moraca mit bemalter Fassade

Bei der Ankunft am Kloster Moraça sind wir dann kräftig eingeweicht. Bei mir hält sich der Wassereinbruch auf Hals, Handschuhe und Füße begrenzt, doch bei Jochen ist die Feuchte durchdringend mit Hautkontakt. War wohl doch etwas zu viel flüssige Sonne. Wir sind trotzdem gutgelaunt, halten es wie Carl Valentin und freuen uns, wenn es regnet. Denn wenn wir uns nicht freuen, regnet es ja auch.

In aller Ruhe besichtigen wir das schon 1252 erbaute Kloster, dessen Gelände malerisch angelegt ist. An den umschließenden, sauber renovierten Gebäuden lehnen Pergolen mit Geißblatt-Bepflanzung. Vor einem offenen Fenster sitzt eine Schwalbe auf einer Querstange. Das Kloster ist eines der wenigen vollständig erhaltenen Baudenkmäler Montenegros. In der mit kunstvollen Fresken ausgestatteten Kirche dürfen wir leider nicht fotografieren. Die Türken setzten dem Gebäudekomplex arg zu, denn nach Eroberung des Landstriches nahmen sie das Bleidach des Sakralgebäudes einfach mit, um militärisches Gerät daraus zu gießen. Was den an den Wänden befindlichen Fresken nicht gerade gut tat, wie man sich denken kann. Doch sie wurden erneuert, von der Creme de la Creme der Maler, die damals aufzubieten waren.

Heiligen Gemälde an der Außenmauer des Kloster Moraça

An einem Kiosk vor den Klostermauern, mit überdachten Bänken und WiFi (grandioser Service!), lassen wir uns für ein Päuschen nieder, trinken türkische Kaffees, essen frisch gebackene, warme Bureks und informieren unsere angesichts der Wettersituation am Vorabend gebuchte Unterkunft über unsere frühe Ankunft. Für alles Genossene zahlen wir gerade mal drei Euro.

Irgendwann verlassen wir die Moraça an einer Abzweigung und folgen der E65, jetzt streng Richtung Osten. Die letzten fünfzehn Kilometer absolvieren wir auf dem Crkvica-Pass, dessen Passhöhe auf 1045 Metern liegt. Aber auch von diesem bekommen wir wegen feuchter Sichtbehinderung nichts mit. Wir stoßen mit eingezogenen Hälsen durch tiefhängende Wolken und viele Felstunnel.

Kolašin
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