Motorradtouren Rumänien Bukowina

Bukowina

Detailaufnahme von Fresken an den Moldauklöstern

Am nächsten Morgen gehen wir die wegen der Zündschlosspanne vorerst ausgelassenen Moldauklöster-Runde an. Da die Wassertalbahn nur an bestimmten Tagen fährt und die Wettersituation auf's Wochenende hin ungünstiger zu werden drohte, hatten wir die Maramureş von Siebenbürgen aus direkt angesteuert und fahren nun noch einmal in den Osten zurück, zu den UNESCO-geschützten Moldauklöstern in der Bukowina.

Kloster mit Fresken an den Außenwänden

Trotz der Sicht auf die umliegenden Zweitausender des Rodna-Gebirges und der Berge in der nahen Ukraine können wir uns nicht allzu sehr für den Prislop-Pass (1416 Meter) begeistern. Er zieht sich ewig hin. Dafür entschädigt uns die herrliche Fahrt an der Bistrița entlang – man nennt den Fluss auch die goldene Bistrița – das Flusstal bietet tausend schöne Ansichten. Weiter geht's über den Mestecanis-Pass mit 1096 Metern und den Pascanu-Pass mit 1040 Metern. Unterwegs fällt uns ein Jeep am Straßenrand auf. Der Fahrer ist dabei, Wasser aus einer Flasche auf die Seitenscheiben zu schütten. Im Vorbeifahren sehen wir dann, warum er das Trinkwasser derart zweckentfremdet. Die Scheiben sind mit einer dicken, braunen Schicht überzogen. Wo ist der denn herumgekurvt? Dass gleich die Scheiben bis zum Dach voll Schlamm sind?

Detailaufname von Fresken an den Moldauklöstern

Zuerst erreichen wir das Kloster Moldovița, dessen Außenfresken zu den besterhaltensten der Region gehören. An der Straße DN17a, die mit zahllosen Haarnadelkurven, S-Kurven und phantastischen Ausblicken und einer nicht unbedingt obligatorischen, recht guten Asphaltdecke aufwartet, haben sich viel kleine Dörfer zur Gemeinde Moldovița zusammengeschlossen. Die Hauptattraktion des Ortes ist das 1532 gegründete Kloster.

Unesco-Weltkulturerbe: die Moldauklöster

Die Fresken der Moldauklöster stammen bis auf wenige Ausnahmen aus dem Jahr 1530 bis 1547. Danach erlosch diese Bewegung, die Klöster auch außen zu bemalen. Die Zusammensetzung der witterungsbeständigen Farben ist auch heute noch nicht bis ins letzte Detail erforscht. Fotografieren ist in den Innenräumen der Moldauklöster (und in rumänischen Kirchen) generell nicht gestattet. Die Innenräume der orthodoxen Kirchen sind meist durch Holzverbauten in mehrere kleine Räume geteilt, die Weite unserer westlichen Kirchen fehlt hier ganz.

Pasul Ciumarna mit Panoramablick auf die bewaldeten Hügel
Kunstvoll bemalte Eier aus der Moldau

Wenig später können wir die Q wieder mal richtig fliegen lassen. Nach dem Kloster Moldovița schlenkern wir glücklich die wunderschöne und makellose Passstrecke Ciumârna hinauf, an dessen Passhöhe an einem Denkmal, das eine riesige Hand darstellt, einiger Trubel herrscht. Bei einem Fotohalt belagern mich zwei Kinder und strecken mir wunderschöne, bemalte Ostereier in einer Eierpappe entgegen. Die haben meine bewundernden Augen an einem Souvenirstand bemerkt und nutzen meine Schwäche für Ostereier hemmungslos aus.

Lachend versuche ich sie abzuwehren. Was sollen wir denn mit Eiern in den Motorradkoffern? „Die werden zerdrückt!“ versuche ich ihnen klarzumachen. „Madam“, bettelt das Mädchen, „nix kaputt“ und zeigt mir, dass sie die Eier in eine Eier-Pappe packen wird. Schön sind sie ja schon ... Mit jedem „Madam, bitte!“ werde ich weicher als das Wachs, das sie zum Zeichnen der Eier benutzen. Okay, ich nehme zwei Eier, von jedem Kind eines. Nur dumm, dass es jetzt schon vier Kinder sind.

In Ordnung! Ihr habt mich ja schon breitgeschlagen... also dann „Bitte vier Eier.“ Leider bekommen sich die Kinder nach unserem Kauf in die Wolle, vermutlich hatten die drei Jungs das Mädchen übervorteilt und sie stritten sich nun um die gerechte Aufteilung des Kaufpreises. Im Nachhinein bereuen wir, das Geld nicht vorher am Souvenirstand gewechselt zu haben, so dass jedes Kind seinen eigenen Kaufbetrag bekommt. Aber soweit hatten wir die Situation nicht durchstiegen.

Detailaufnahme von Fresken im Kloster Sucevița

Bei Marginea biegen wir in Richtung Solca ab. Die Straße verläuft nun gerade. Sehr gerade. Eine völlig andere Landschaft: die Straße vor uns leidet an akutem Kurvenmangel und verläuft wie mit dem Lineal gezogen über mehrere Hügelkuppen bis an den Horizont. Bald erreichen wir Sucevita.

Das Kloster Sucevița hat Außenfresken, die unter anderem in drastischen Bildern den Sündenfall bis zur Hölle darstellen ("Stufenleiter der Tugenden") – auf der untersten Stufe stürzen die Sünder in die brennende Höllenschlucht. Mächtige Mauern umschließen das Kloster und lassen es wie eine kleine Festung ausschauen. Die südlich gelegene Bergkette der Obcina Mare schützte das Kloster jahrhundertelang von türkischen Angriffen, wodurch es zum reichsten Kloster der Moldauregion aufstieg. Erst im 17. Jahrhundert verwüsteten Polen und Kosaken das Kloster, wonach es für einige Jahre verlassen wurde.

Schließlich erreichen wir Voronet. Voronet gehört mit sechs weiteren, rumänischen Klöstern zum UNESCO-Weltkulturerbe. Hier herrscht der größte Souvenirrummel. Tischdecken, Wolldecken, Folkloreblusen, als Antiquitäten getarnter Schrott, also jede Menge Schmarrn, die einen deutschen Touristen kaum interessiert. Besonders auffällig ist am Kloster Voronet die leuchtend blaue Farbe der Fresken, dessen Zusammensetzung mittlerweile erforscht wurde. Dem aus Pflanzen gewonnenen Farbstoff wurde Lapislazulistaub beigemischt, der den Malereien die unverwechselbare Strahlkraft verleiht. Als wir das Gelände verlassen, kommt uns Christoph entgegen. Der Christoph, den wir gestern im Iza-Tal kennenlernten. Nach einer erneuten Talkrunde beschließen wir das vierte Kloster Humorului zusammen anzuschauen.

Fresken am Moldaukloster Voronet
Fresken am Moldaukloster Voronet
Fresken an den Moldauklöstern

Das 1530 gestiftete Kloster liegt fünf Kilometer von der Ortschaft Gura Humorului entfernt. An der traumhaften Strecke vom Ort bis zum Kloster stehen zahlreiche schindelverkleidete Holzhäuser. Die turmlose Kirche ist vor allem auf der Südseite mit Fresken bemalt, auf der Nordseite hat auch das wie bei allen Moldauklöstern weit vorgezogene Dach eine Zerstörung der Fresken durch Wind und Wetter nicht verhindern können. Der freistehende Turm am Rand des Klostergeländes lässt sich wohl begehen, aber während unseres Besuchs ist er nicht offen.

Es regnet plötzlich in Strömen. Unsere Zimmersuche gestaltet sich schwierig. An der ersten Pension, die wir ansteuern, wird gerade der Grill angeheizt. Die Zimmer sind einfach, aber sauber, mit Bad auf dem Gang. Perfekt. Hier bleiben wir. Abendessen? Nein, das gibt es hier nicht. Und der Grill? Hmmm, wahrscheinlich nur für den Eigenbedarf. Mist. Wir suchen also weiter. Maria von der benachbarten „Pensiunea Maria“ hätte uns zwar gern beherbergt, aber zum Abendessen müssten wir wir hier auch zehn Minuten Fahrt zu einem Restaurant einkalkulieren. Das bei dieser Sintflut? Nein danke. Also fahren wir auch weiter.

Nach zehn Minuten landen wir bei besagtem Restaurant, das zu einer Vier-Sterne-Pension Elegance* gehört. Wir nehmen das Zimmer mit der herzigen, dunkelroten Rüschen-Tagesdecke, der roten Nachtlampe mit plüschigem Schirmrand, alles in allem ist das ganze Zimmer in süßlich-rüschiger Atmosphäre eingerichtet. (Nein, es ist kein Rotlichtetablishment.) Eine Hausangestellte ist uns behilflich, unsere Koffer vom Dreck zu befreien und hoch ins Zimmer zu tragen. Sie deutet uns, dass wir die Koffer auf dem Gang in einer Ecke stehen lassen sollen. Wie? Unsere persönlichen Sachen auf dem Gang stehen lassen? Wir schauen sie ungläubig an. Das gab‘s ja noch nie. Sie meint, ja, das wäre schon in Ordnung, hier käme nichts weg. Ach komm! Als letzten, ratlosen Versuch öffne ich die Koffer und zeige auf die Kleidung darin. Da lacht sie, und meint, natürlich dürften wir die mit reinnehmen. Irgendwie hatte sie wohl nicht gecheckt, dass darin unsere persönlichen Sachen befördert werden.

Ein hoch auf die rumänischen Elektriker!
Pension Gura Humorului in Außenansicht

Das Zimmer ist eines der besseren Kategorie, aber einige Details sind echt rumänische Installationskunst, die uns jedesmal auf's Neue amüsiert. An das weiße Kabel der Nachtischlampe wurden zehn Zentimeter schwarzes Kabel mit Stecker hingepfriemelt und mit Isolierband abgeklebt.

Das Meisterstück jedoch ist der Fön. Da ihm keine warme Luft zu entlocken ist, suche ich die Ursache. Der Einschalter zeigt keine Wirkung, egal in welche Richtung. Ich verfolge das Stromkabel. Oha! Ein Stecker – er baumelt lose an der Wand. Stecken wir ihn in die Dose ... Aber wo? Unter’m Waschbecken? Hinterm Handtuch? Nirgends ist eine Dose zu entdecken. Die Lösung des Rätsels: Man öffne die Badtür! Auf der anderen Seite der Wand, im Flur, stecke man den Stecker in die Steckdose. Ein Hoch auf die rumänischen Elektriker!

Endlich kommen wir auch hinter das Geheimnis des Mic Dejun (Frühstück). Wenn kein Büfett ausgerichtet wird (was sich vermutlich nur bei vielen Hausgästen lohnt) bestellt der Gast sein Frühstück a la Carte. Hier im Haus sind fünfzehn Lei als Frühstück inbegriffen, alles was man darüber hinaus bestellt, muss extra abgerechnet werden. Deshalb bekommt man die Karte. Wieder was gelernt. Jetzt wird uns klar, warum wir in Bran immer mit einem Zwei-Scheiben-Käse-Frühstück abgespeist wurden: weil wir nichts bestellten, außer "Frühstück".

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