Motorradtouren Rumänien Anreise | Über Österreich und Ungarn

Anreise | Über Österreich und Ungarn

Herrliche Landschaften an Mondsee und Attersee

„Weicht‘s den Schlaglöchern aus und bleibt weg vom Straßenrand.“ Mit diesen Worten verabschiedet mich mein rumänischer Kollege am letzten Arbeitstag.

Motorrad steht auf Seitenstreifen mit Leitplanke und blickt über einen Bergsee

Die rumänischen Straßen sollen ja katastrophal und Reifenpannen – durch herumliegenden Unrat hervorgerufen – an der Tagesordnung sein. Einen Ersatzreifen haben wir zwar nicht aufgepackt, aber mit einigem Reifenflickzeug hoffen wir den Schlaglochpisten gewappnet zu sein. Auch muss wie immer der kleine Luftkompressor mit, so dass wir im Notfall die luftarme Strecke bis zu einer „Vulkanizare“, wo die reinsten Gummikünstler werkeln sollen, überbrücken können.

Erster Urlaubstag. Es regnet in Strömen. Wir hatten gehofft, den Brückentag nach Fronleichnam für eine verlängerten Urlaub nutzen zu können. Die Abreise wird dank Petrus jedoch verschoben. Die Nachbarhäuser sehen wir nur durch einen Wasserschleier. Petrus wird außerdem von Jochens Chef unterstützt – der brummt ihm noch einige Arbeit auf. Bei dem Wetter wären wir allerdings sowieso nicht gefahren.

Vorsicht Elche!
Straßenschild vorsicht Elch und drunter Hinweis auf Honigverkauf

Als wir schließlich wegkommen, steht unser erstes Bett nach einer wunderschönen Tour durch Österreich, vorbei am Mondsee und dem Attersee, in Oberösterreich, wo wir die Elche suchen, vor denen man uns auf einem Verkehrsschild warnt. Vielleicht war das Schild ein Geschenk einer norwegischen Partnerstadt? Oder waren die Kuhschilder gerade vergriffen? (Später erfahren wir, dass in dieser Region aus den Ostgebieten wirklich einzelne Elche eingewandert sind!)

Am zweiten Tag fahren wir mittags beim Erzberg in Österreich vor. An diesem Wochenende findet das berühmte Erzbergrodeo statt. Wir machen kurze Rast auf einem Parkplatz unweit des Erzberges, aber da derzeit dort drüben keine nennenswerte Action geboten ist, gehen wir bald wieder auf Achse – auf der steirischen Eisenstraße und der Strecke durch den Nationalpark Kalkalpen fühlen wir uns gut aufgehoben und genießen die gut ausgebauten Straßen Österreichs – mit dem Wissen im Hinterkopf, dass dieser makellose Asphaltbelag in den nächsten Wochen eine weithin gesuchte Rarität sein wird. Bei bestem Wetter erreichen wir die ungarische Grenze, an der keine Grenzkontrollen mehr stattfinden.

Hundert Kilometer vor dem Balatonsee lotst uns „Steffi“ (unser Navigationssystem) in einen Schotterweg, dessen Untergrund aus sehr festem Naturbelag besteht und uns durch ein weitläufiges Waldgebiet führt. Eigentlich wäre diese Straße mit 80 km/h locker zu fahren, wären da nicht die wahllos über die ganze Breite verteilten Schlaglöcher, die man im hellen Belag in Verbindung mit dem wechselhaften Schattenspiel der Bäume erst in letzter Sekunde oder gar nicht sieht. Einige Male rasseln wir hart in so ein Loch. Jochen sieht es jedes Mal erst so spät, dass an Ausweichen nicht mehr zu denken ist.

Schlammcatchen mit "Steffi"

Irgendwann sagt Steffi: "Links abbiegen!" Aufatmen! Endlich weg von dieser ekligen Piste... Nach wenigen Metern ist uns klar, dass wir ein Spiel spielen: "Wie komme ich am besten vom Regen in die Traufe?" "Steffi...!" Echt? Leichte Ungläubigkeit, denn dieser Weg hat eine Grasnarbe in der Mitte und zudem sind nach hundert Metern die Fahrspuren knöcheltief wasser- und schlammgefüllt. An Umkehr ist vorerst bei diesem Fahrbahnquerschnitt (Pah! Fahrbahn! Rutschbahn!) nicht zu denken.

Mir als Sozia wird es verdammt warm, was nicht nur an den Temperaturen liegt. Alle paar Meter tiefe Schlamm- und Wasserpfützen. Die Wasserfontänen spritzen bis zum Windschild. Ich frage Jochen, ob er nicht mal anhalten will, damit wir uns orientieren und nachschauen können, wie lang wir es auf dieser Fangopiste noch aushalten müssen. Aber Jochen meint: "Anhalten? Hier? Keine Chance – dann haben wir Probleme, wieder anzufahren." Einige Male drohen wir wegzurutschen und die Q stellt sich leicht schräg. Endlich gebietet "Steffi" wieder "Abbiegen" – aber nach Inaugenscheinnahme des weiterführenden Weges streichen wir die Segel ....

Zwei Eidechsen kämpfen am Boden

Meine Zukunftsvisionen, dass wir in den nächsten Minuten mitsamt der Q eine Schlammpackung für den ganzen Körper erhalten, lässt mich den Retourweg per pedes bewältigen, während Jochen die braunen Fontänen allein im Wald verteilt. Welcher Genuss ist nach dieser Schlammschlacht die abwechslungsreiche, festgefahrene Schlaglochpiste!

Für Dreckschweinchen wie uns wird wohl kaum ein ungarischer Zimmervermieter ein Zimmer frei haben. Deshalb nutzen wir den Dampfstrahler einer Tankstelle, um unsere Hosen und die Koffer von der braunen Kruste zu befreien. Nach achtzehn Uhr erreichen wir den Balaton und die Fähre, die uns am Morgen in wenigen Minuten Fahrt über den Balaton bringen soll. Wir suchen uns in der Nähe ein Quartier und werden in der Tihany Gyonygye Villa* mit schön eingewachsenem Garten und zwei verliebt ineinander verbissenen Eidechsen auf dem Asphalt sofort fündig.

Schlechte Nachrichten! Liegt Augsburg am Lech?

Der Herbergsvater spricht gut deutsch und fragt: "Liegt Augsburg am Lech?" Wir antworten: "Ja." Und erschrecken, als er erwidert: "Schlechte Nachrichten!" Oooh, hatten wir in Augsburg ein Unwetter? Ist der Lech über die Ufer getreten? Hatten wir ein Erdbeben? Einen Tsunami? Unser Herbergsvater fährt fort: "Die Ungarn haben am Lech die Schlacht verloren!" Es gibt schlechtere Nachrichten. Er bezieht sich auf die Schlacht auf dem Lechfeld im Jahr 955 ...

In Google Earth schauen wir uns später an, was sich "Steffi" mit dem Waldweg geleistet hat. "Steffi" ist unschuldig. In Google Earth ist diese Fangopackung nämlich eine ganz normale Ortsverbindung.

Motorrad steht mit Auto auf der Fähre über den Balaton

Auf der Fähre, die uns am Morgen an's andere Ufer des Balaton-Sees bringt, verliebt sich ein zweijähriges Mädchen in unser Mopped und kann es gar nicht genug bestaunen. Ihre Eltern sprechen Deutsch und die junge Mutter bemerkt, dass sie mit dem Pack-Volumen eines Motorradkoffers wohl so ihre Probleme hätte. Jeder von uns beiden hat genau einen Seitenkoffer für die persönliche Kleidung und Schuhe zur Verfügung. Das muss reichen. In den Packtaschen befinden sich die Regenklamotten, Wechselhandschuhe, Packgurte für alle Gelegenheiten, ein kleiner Ölvorrat und der Waschbeutel. Für Eitelkeiten ist kein Platz. Nach wenigen Minuten legt die Fähre auf der östlichen Seite des Balatons an. Lange Straßendörfer auf schier endlosen Straßen Richtung Süd-Osten. Das Thermometer steigt langsam aber stetig wieder über die 30°C-Marke.

Die Warnung unseres Herbergsvaters bezüglich der Polizeikontrollen im Ohr "dümpeln" wir gemütlich dahin, vorbei an Feldern, auf denen wegen der langanhaltenden Regenphase im Mai flächendeckend das Wasser steht.

Szeged. Seit langem mal endlich wieder Ampeln, an denen man hemmungslos schwitzen kann. Mehrspurige Fahrbahnen, totaler Gegensatz zu den eintönigen, fast öden Landstraßen Ungarns.

Die Grenze zu Rumänien ist erreicht, mit einer Grenzstation, an der die Ungarn unsere Ausreise keinen Pfifferling interessiert. Da nehmen es die Rumänen schon etwas genauer. Ein junger Grenzbeamter kontrolliert mit wichtiger Miene unsere Pässe, benötigt aber dann noch die Zustimmung seines Vorgesetzten für unsere Entlassung in sein Land. Der hiesige Zollhund schickt sich an, das Motorrad zu jagen. Der vorgesetzte Grenzbeamte gibt ihm ein eindeutiges Handzeichen, dass wir und unser Zweirad zum Jagdvergnügen freigegeben sind. Gaaaas! Wollen doch mal sehen, wer das Rennen vierbeiniger Hund gegen 85 Pferdchen gewinnt. Klares Ergebnis...

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Tour durch's Banat
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