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Prespa-Seen | Grenzgänger zwischen Albanien und Mazedonien

Motorradfahrer vor Hoxha Bunker mit Blick hinunter auf den Ohrid See.
Frau mit Panoramablick auf den tief unten liegenden Ohrid See.

Es gibt schlechtere Straßen in Albanien. Auch in Mazedonien. Aber die hier ist ganz nach unserem Geschmack. Folgt man der Straße am mazedonischen Seeufer gen Norden, gelangt man nach sieben Kilometern an einen Abzweig, der sich nach Osten den Mali i Thatë hinaufzieht. Selbst hier begegnen wir den Pilzbunkern der Hoxha-Ära, obwohl wir ja auf der mazedonischen Seite sind. Der Bunker an der Straße hoch über dem See ist zugegebenermaßen an guter strategischer Position. Sicher musste man der Paranoia aus Albanien etwas entgegensetzen.

Nach weiteren drei Kilometern erreichen wir bei knapp 1100 Höhenmetern die erste Kehre. Einige weitere folgen. Hinweisschildern zu Aussichtspunkten sollte man unbedingt folgen, denn das Panorama ist überwältigend. Unter uns liegt der Ohrid-See, dahinter stapeln sich hohe Berge, auf den höchsten liegt jetzt im Juni sogar noch etwas Schnee und eindrucksvolle Kumuluswolken spiegeln sich im Wasser.

Einige Kilometer weiter senkt sich die ehemalige Militärstraße, die sich durch einen guten Asphaltbelag auszeichnet, mit einigen Serpentinen hinunter zum Großen Prespa-See. In der Ohrid-Prespa-See-Region herrscht ein Phänomen, das von der Wissenschaft noch nicht vollständig gelöst ist. Die Seen sind durch den karstigen, wasserdurchlässigen Untergrund miteinander verbunden. So tritt das Wasser des kleinen Prespa-Sees in den Großen über, wo es wiederum in den Untergrund und weiter in den Ohrid-See strömt. Sicher haben wir vorhin unsere Hand nicht nur in eiskaltes Quellwasser, sondern auch in Wasser aus dem Prespa-See gehalten.

Der große Prespa-See vom Ufer aus gesehen mit Bergen im Hintergrund.
Ehemalige Tankstelle. Mit deutscher Beschriftung.
Motorradfahrer mit Blick zurück auf den großen Prespa-See.

Wir folgen jetzt der Asphaltstraße mit der Nummer SH79 Richtung Süden. Am Ufer des großen Prespa-Sees entdecken wir eine winzige, alte Tankstelle mit Tanksäulen aus D-Mark-Zeiten. Das dazugehörige Vier-Quadratmeter-Gebäude trägt die Hausnummer 19, einfach mit Farbe auf den Putz gesprüht. Die Anlage scheint schon seit Jahren nicht mehr in Benutzung zu sein, denn das Gelände ist von Gras überwuchert und das Straßenniveau liegt mittlerweile einen Meter über dem der Tankstelle. Wie die vielen Autos in Albanien, die mit deutschen Aufschriften herumfahren, scheint man auch in Mazedonien viel von deutscher Wertarbeit zu halten. Zahlreiche Güter des täglichen Gebrauchs tragen deutsche Aufschriften. Auch an albanischen Tankstellen sind wir gelegentlich etwas irritiert, wenn neben dem zu zahlenden Betrag ein Euro-Zeichen steht.

Als wir nach unserer Rundtour, die uns auch noch an den Kleinen Prespa-See führte, zurück nach Pogradec kommen, entern wir einen kleinen Obstladen. Kirschen! Für siebzig LEK das Kilo, das sind gerade einmal fünfzig Cent, geht eine Tüte dunkelroter Süßkirschen über die Ladentheke. Lecker! Und zu welchem Spottpreis!

Der Inhaber eines kleines Straßencafés ist ein bulliger, großer Typ in den Fünfzigern, mit langem, grauen Pferdeschwanz. Irgendwie passt er überhaupt nicht nach Albanien. Er findet unseren Besuch in seinem Café große Klasse, zur Begrüßung klopft er Jochen kumpelhaft auf die Schulter und bringt uns zwei Tassen Espresso, wie der Espresso in Albanien heißt. Immer wenn uns nach normalem Kaffee ist und nicht nach türkischem Kaffee, bestellen wir Espresso (und wenn wir viel Kaffeedurst haben wie am Morgen: Big Expresso). Wir zahlen für vier Espressi 200 LEK – das sind umgerechnet gerade mal 1,40 Euro!

Blick von der albanischen Seite des Ohrid-See hinüber zur mazedonische Seite.

Wir sitzen bei angenehmen Temperaturen draußen, schlürfen Espresso und schauen den Leuten zu. Alte Mütterchen schlürfen mit mehreren, dünnen Plastiktüten voller Gemüse nach Hause. Jungvolk flaniert in hochhackigen Schuhen an den winzigen Läden vorbei.

Ein vielleicht acht- bis neunjähriges, adrett gekleidetes Mädchen in einem pinkfarbenen T-Shirt und einer Jeans mit Applikationen kommt die Straße entlang. Die milchkaffeefarbene Hautfarbe und die krausen Haare deuten darauf hin, dass sie nicht nur albanische Wurzeln hat. Sie nähert sich unserem Tisch. Man merkt, dass sie kurz zögert: „Soll ich oder soll ich nicht?“ Sie entscheidet sich jedoch schnell und streckt Jochen die Hand entgegen: „Money?“ Als Jochen ihr ein entschlossenes „No“ entgegnet, verzieht sie keine Miene und schlendert von dannen. Schaut aus, als hätte sie mit dieser Reaktion gerechnet – sie wollte jedoch vermutlich die günstige Gelegenheit für ein wenig mehr Taschengeld nicht ungenutzt verstreichen lassen.

Unser langhaariger Cafébesitzer lacht sich mit uns über einen vorbeifahrenden, kurz behosten "Gebückten" schlapp, der sich dreimal bei hohem Tempo verschaltet und das Motorrad jämmerlich aufheulen lässt. Albanische Rossi-Jünger pflegen nämlich ein lässiges Image: man fährt in Shorts, Flip-Flops und T-Shirt. Und nicht der Helm ist das allerwichtigste Utensil – sondern die ober coole Sonnenbrille!

Nordalbanische Alpen | Fahrt ins Valbona-Tal | Ohrid-See nach Shëngjin
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