Motorradtouren Albanien Albanische Riviera Himara

Von Radhime nach Himara

Esel mit Zaumzeug und leerer Mineralwasserflasche

Gottseidank, die Nacht ist vorbei! Das war eine Tortur! In dieser Nacht in Radhime kam eins zum Anderen: wir öffnen im Hotel Regina* die Balkontür und werden den Mücken malträtiert. Die heute Nacht vorbeifahrenden Mopedfahrer dürften ihr Bike auch keinem deutschen TÜV vorführen. Wenn es nach dem Geräuschpegel geht, hätten wir den DB-Killer unseres Auspuffs auch zu Hause lassen können – es wäre nicht aufgefallen. In der hundert Meter entfernten Mole wühlt ein Schaufelbagger die ganze Nacht lang in den zentnerschweren Riesensteinen herum. Die gaaanze Nacht! Wieso nachts? Doch nicht wegen der Hitze? Der sieht doch nichts! Ach so: das ist ein Schwarzarbeiter.

Wir sind jedenfalls ziemlich geplättet und froh, dass die Nacht herum ist und dass wir Fenistil dabeihaben. Das Hotel Regina* ist ideal und auch ganz komfortabel. Für die Mücken und den Bagger kann es ja nichts.

Sonnenuntergang über der albanischen Riviera
Motorradfahrer bei Auffahrt zum Llogara-Pass
Waschanlage, Reifenreparatur, Fahrzeugelektrik ...
Motorradfahrer steht vor Schild zum Reifenhändler
Als Fliegenpilzbunker angemalter Bunker am Strand von Himara
Blick auf Häuserkulisse am Strand von Himara

Unser heutiges Tagespensum beträgt schlappe siebzig Kilometer. Wir schlendern motorisiert über die Küstenstraße. Irgendwo in der Gegend um Himara wollen wir uns wieder niederlassen. Dazwischen liegt die eindrucksvolle Bergwelt des Ceraunischen Gebirges, das in der Maja e Cikes (Mädchen-Spitze, 2045 Meter) gipfelt und die Küste unüberwindlich vom Landesinneren trennt. Unüberwindlich deshalb, weil man nur zweimal, bei Vlorë und bei Qeparo, im Abstand von rund neunzig Kilometern, ins Landesinnere überwechseln kann.

Im Bergdorf Dukat-Fshat soll links der Dorfeinfahrt eine alte Steinbrücke mit einer Geschichte bis in die Antike zu sehen sein. Aber dazu wäre es super, wenn wir sie finden würden. Zweimal fahren wir das Dörfchen ab. No way, nur zwei Betonbrücken ... Hmmm.

Wir erreichen den Qafa e Llogorase, zu deutsch Llogara-Pass, er ist bekannt als DER Bergpass in Albanien, wie so oft, wenn Meer und Berge aufeinandertreffen. Der Blick, tausend Meter hinab auf das türkisblaue, ionische Meer ist atemberaubend. Am Pass erlebt man eine Klimagrenze und generell ist es in der Höhe natürlich um einiges kühler. Auf der südlichen Seite zeigt sich das Gebirge wesentlich karstiger, trockener und die Temperaturen sind wieder höher.

In den mediterranen Naturlandschaften der Riviera-Küste liegen die Bergdörfer meist 300 bis 400 Meter über dem Meer, nämlich dort, wo Quellen aus dem karstigen Gestein austreten. Parallel dazu haben sich Stranddörfer auf Meeresniveau entwickelt. Beide Dörfer tragen denselben Namen und werden durch den Beinamen Fshat (Bergdorf) und Plazh (Stranddorf) gekennzeichnet. Die Straße ist recht gut und windet sich überaus malerisch an der Küste entlang.

Kurz vor dem ursprünglichen Örtchen Vuno – in dessen Dorfeingang übrigens die einzige Ampel auf der Strecke zwischen Vlorë und Saranda steht – zweigt ein kleines Straßchen ab und ein braunes Schild weist auf das "Manastiri A. Thodhoros" hin. Hier klafft ein tiefer Einschnitt in der Landschaft: der Kanion e Gjipe, eine tiefe, am Grund nur zehn bis zwanzig Meter breite Schlucht, der man jedoch nur wandernd näher kommt.

Was ist denn das hier für eine Mordsstraße? Sie ist asphaltiert, rund drei, vielleicht auch dreieinhalb Meter breit und links und rechts wird sie von fünfzehn Zentimeter hohen Bordsteinen begrenzt. Keine Ahnung, wie man das hier regelt, wenn sich zwei Autos begegnen. Ausweichen ist ja wegen der Bordsteine nicht möglich. Gefangen in einer Straße. Da sind die Straßenbauer ein bißchen über's Ziel hinausgeschossen: sie mussten wohl die Gelder verpulvern, denn die Straße wurde 2009 mit Weltbankgeldern gebaut. Daneben wuchert dürres Unkraut, Macchia und zahlreiche Olivenbäume spenden mageren Schatten über der aufgeheizten Roterde. Die Hitze bringt die Luft über dem Asphalt zum Flirren. Wir fahren reichlich zwei Kilometer weit auf dieser Weltbankstraße, die schließlich in eine Schotterpiste mündet. Zwischen dem Gestrüpp verstecken sich einige Mauerreste. Sind das die mageren Klosterreste? Wohl eher nicht. Für die komplette Strecke reichte wohl das Weltbankgeld nicht. Ab hier ginge es in einer ausgewaschenen, steilen Piste weiter bis zum Kloster, was wir uns jedoch nicht antun wollen, so vollbepackt, wie wir sind. Also retour.

Eine Straße führt schließlich von der Küstenstraße hinunter in die drei Kilometer breite Bucht, in der der Badeort Himara liegt. Wir schauen uns um. Die Bucht ist durch drei bis ins Wasser reichende Felsen in mehrere Abschnitte aufgeteilt. An einem der Felsen lehnen zwei kleine Bünkerchen. Einer ist schon ziemlich demoliert, von Feigenopuntien überwuchert und versteckt sich gut in der Landschaft. Der andere wurde unübersehbar und fröhlich wie ein Fliegenpilz rot-weiss-getupft bemalt. Man muss das Beste daraus machen.

Möglichkeiten zu übernachten gibt es genug, vom Fünfsternehotel bis zur Privatunterkunft ist alles geboten. Viel ist noch nicht los. Vorsaison eben. Überall wird gebaut, gestrichen, gezimmert. Man bereitet sich auf die Hochsaison vor. Positiv fällt auf, dass die Küste südlich des Llogara-Passes nicht mit so vielen häßlichen Hochhausbauten in drei Reihen zugepflastert ist wie der Norden. Shëngjin war ja ein Paradebeispiel für betonierte Häßlichkeit.

Das Zimmer in der südlichsten Bucht Plazi i Potamit ist schön und bezahlbar, zwar teurer als im albanischen Inland, aber das war vorauszusehen. Strand ist immer teurer als Inland. Die Straße durch die Bucht ist geteert, nur die zwanzig Meter Anschluss an die Küstenstraße, die einen steilen Berg herunterführt, hat man nicht geschafft zu asphaltieren. Vielleicht hat der Asphalt nicht gereicht? Aber dafür hat nun ein Hotelbesitzer eine geteerte Zufahrt?

Pilur & Kudhes –
Zu Tourende hin werden die Touren immer kürzer
Motorrad fährt auf der Straße nach Pilur
Motorradfahrer auf der Straße nach Kudhes

Als wir um 9:30 Uhr losfahren, steht eine kleine Rundtour zu ursprünglichen Bergdörfern auf dem Tourplan. Danach können und werden wir uns sofort in die Fluten stürzen. Nur einen Kilometer von unserem Hotel entfernt biegen wir in die Straße nach Pilur ein.

Ach du lieber Himmel, das geht ja gut los. Wieso heißt das hier "Straße"? Das ist eine fürchterlich ausgewaschene Piste aus rotem Gestein, Schotter und Lehmboden. Gespickt mit tiefen Schlaglöchern und sich in Kurven nach oben windend, ist die Strecke eine Herausforderung für den Besten aller Kuhtreiber. Noch dazu mit Sozia. Anfangs säumen noch Häuser den Straßenrand, die vermutlich zu Himara gehören. Kaum zu glauben, dass auch Autos hier entlang fahren. Aber nach rund zwei Kilometern ist Besserung in Sicht. Wir erreichen ein Kieswerk und eine dazugehörige Grube. Die Straße führt durch das Abbaugelände hindurch.

Das unglaublichste an dieser Straße ist die Tatsache, dass sie in kommunistischer Zeit die Hauptverbindungsstrecke war, um von Himara nach Saranda zu gelangen, weil die direkte Route von Himara nach Qeparo gesperrt war. Das muss man sich mal vorstellen! Das nur wenige Kilometer in Richtung Süden befindliche Porto Palermo war zu Enver Hoxhas Zeiten ein geheimer Marinestützpunkt und die ganze Gegend ein militärisches Sperrgebiet. Erst 1997 wurde die Straße an der Küste wieder frei befahrbar. Die große dunkle Röhre des U-Boot-Hafens ist noch vorhanden, nur wird sie heute von zivilen Booten benutzt, die dort ankern.

Blick von Pilur nach Himara

Um nach Pilur zu gelangen, müssen wir uns in der Grube links halten. Nach rechts führt auch eine Piste hinaus, es ist jedoch wieder mal nichts ausgeschildert. Dann wird die Straße besser, nämlich asphaltiert, sogar recht gut. Nun bremst uns weniger der Fahrbahnzustand, sondern viel eher das grandiose Panorama. Wir blicken über Hunderte von Metern hinunter nach Himara. Die gesamte langgestreckte Bucht mit den Felsen ist vor uns ausgebreitet.

Schließlich erreichen wir Pilur, das achthundert Meter über Meereshöhe liegt. An der einzigen Bar im Dorf sitzen einige Hirten mit ihren typischen Hirtenstöcken und schlürfen ihren Kaffee. Wir grüßen und gesellen uns dazu. Ein Junge von vielleicht zwölf Jahren wird vorgeschickt, weil er Englisch in der Schule lernt. Wir bestellen Frappè und sind erfreut, dass man hier oben in der Abgeschiedenheit auch Frappé kennt und zubereitet.

Blick von Pilur hinunter nach Himara am Meer

Wir hocken uns auf das Stein­mäuer­chen, das rund um den Rrapi, einer Platane, als Sitzplatz dient und mit kleinen Steintischen angelegt wurde. Das ist wirklich ein Dorf in besonderer Lage: nur wenige Meter von der Platane entfernt schweift der Blick bis hinunter nach Himara. Nicht umsonst nennt man dieses Fleckchen Erde "Balkoni i bregdetit", den Balkon der Meeresküste.

Wenn man in der Gegend die Augen aufhält, wird man sicher das eine oder andere griechische Schriftzeichen entdecken. Die überwiegende Anzahl der Bewohner ist zweisprachig: albanisch und griechisch, das Griechisch hier nennt sich Himara-griechisch und wird auch von Griechen trotz einiger Eigenheiten ganz gut verstanden. Viele der geschätzt 100.000 Albaner mit griechischen Wurzeln sind nach Griechenland ausgewandert. Minarette sucht man in Himara und dem Umland vergebens, denn die vorherrschende Religion ist griechisch-orthodox.

Er sei mit seinem Vater zu Besuch, erzählt uns der Zwölfjährige, und mache einige Tage Urlaub in Himara. Obwohl die Temperaturen nochmals gestiegen sind, kann man es unter der Dorfplatane gut aushalten. Verständlich, dass die Männer hier ewig hocken bleiben. Die einen spielen Schach (mit einem Traubenschnaps dazu) und die anderen Karten. Sie sind über unseren Besuch und unsere Wertschätzung für den angenehmen Ort hoch erfreut. Schade, dass wir uns nur so holprig verständigen können. Als wir Pilur wieder verlassen, überholt uns ein Auto mit griechischem Kennzeichen und der Junge winkt uns daraus zu. Sein Vater ist sicher einer von den Tausenden Albanern, die nach Griechenland ausgewandert sind und mit dem dort verdienten Geld einigen Wohlstand in die Region bringen.

Wir fahren zurück bis zum Kieswerk und nehmen die andere Piste. Die ist ganz gut fahrbar. Später ist sie asphaltiert, aber schon sehr alt und hat viele Löcher – trotzdem wesentlich besser fahrbar als die ersten zwei Kilometer Richtung Pilur ab der Küstenstraße. Zweimal kämpfen wir uns durch dicke Schafherden. Die zwei großen gemischten Schaf- und Ziegenherden nehmen sich alle Zeit der Welt, bis sie die Fahrbahn frei machen.

Kuh flüchtet vor Motorradfahrer auf der Staße zwischen Pilur und Kudhes

Und auf der Brücke vor Kudhes vergnügen wir uns inmitten einer Herde von übermütigen Kälbern und Jungkühen. Was sagt der Kuhtreiber zu den Kühen? Q dahin, Q dorthin, brave Q! Die Straße ist durchweg mit einer Geschwindigkeit zwischen 20 und 25 km/h zu befahren. Für eine asphaltierte Offroadpiste nicht schlecht. Ab und zu gähnen uns die großen Mäuler der Pilzbunker an, die verstreut in der Landschaft des Küstengebirges lümmeln.

Nachmittags verbrennen die Albaner vom Nachbargrundstück des Hotels ihren Holzabfall. Hoffentlich nur den Holzabfall. Die Rauchschwaden verhüllen ganz Himara. Super, ist unsere Balkontür geschlossen? Das scheint hier Usus zu sein, denn am späten Nachmittag hängen noch weitere Rauchsäulen über der Stadt.

Nur wenige Meter weiter wird an einer Strandbar gebaut. Vermutlich holt man hier im Juli und August die Ausgaben des ganzen Jahres wieder rein. Das erzählte uns ja schon der Hotelbesitzer in Shëngjin. Die Bar von nebenan leistet sich einen Strandschirmflechter. Die runden Schattenspender werden in stundenlanger Handarbeit aus Stroh geflochten. Dieses Gewerbe wird mit ziemlicher Sicherheit von Romas ausgeführt. Ein junger Mann ist den lieben langen Tag damit beschäftigt, Schirme aus irgendwelchen Zeugs zu flechten. Und wenn man mal genauer hinschaut, ist das gesamte, fünfzig Quadratmeter große Dach der Bar aus dem gleichen Material hergestellt. In Orikum, in der Nähe von Vlorë, fiel uns ein ganzes Lager auf, mit am Rand drapierten Grasschirmen, vermutlich dort zum Verkauf ausgestellt. Nach den dunklen Gesichter zu urteilen, waren auch hier die Roma dabei, die Früchte ihrer flüchtigen Handwerkskunst anzubieten.

Sonnenschirm und Liegen am Strand in Himara

Wir wundern uns sowieso. Hier ist alles ruckzuck (wieder) verrostet. Das Geländer des Treppenaufgangs. Die Strandliegen. Die kann man nur von weitem als malerisch empfinden. Bei genauerem Hinsehen: verrostet. Aber wie! Wenn man mit nassen Badesachen damit in Berührung kommt, darf man anschließend alles waschen. Einschließlich dem Rücken.

Farbe scheint in Albanien ein sehr gefragtes Gut zu sein. Vielleicht ist deswegen alles voller Rost, weil unter der albanischen Farbe alles sofort wieder durchrostet? Und vielleicht schwört man auch deswegen auf deutsche Farbe? Oder auf italienische? In den Städten amüsieren wir uns immer wieder über die Läden mit der Aufschrift: "Deutsch Color – Ihre Professional Wahl".

Als wir ankamen, war ein Angestellter des Hotels Rondos* dabei, die rostigen Stangen der Sonnenschirme in einem freundlichen Grau zu streichen. Als der gleiche junge Mann, in seiner Haupttätigkeit als Kellner, an den folgenden Tagen stundenlang in der Ecke saß und auf die spärlich hereintröpfelnde Kundschaft wartete, bemerkte Jochen sarkastisch, dass er dem erst mal eine Drahtbürste in die Hand drücken würde, um den Rost von den Liegestühlen zu schrubben, die unsere Badeklamotten mit einem neuen Muster versehen hatten.

Geheimes Porto Palermo
Meerblick auf den geheimen Porto Palermo
Fischerboot liegt am Hafen von Porto Palermo
Uferpromenade mit Motorrad am Porto Palermo

Porto Palermo. Nur wenige Kilometer von Himara entfernt, erwartet uns die Festung nach gigantischem Kurvengeschlängel auf perfektem Teerband in der Vormittagssonne. Die baumlose Bucht aus Karstgestein wurde schon seit Jahrtausenden als natürlicher Schutzhafen genutzt und schon Ptolemäus und Strabo, durch seine Beschreibungen des Vesuvausbruchs im Jahre 79 n. Chr. bekannt, erwähnten diesen Ort.

Mit dem Motorrad kann man bis hinunter auf die Mole fahren. Zwei Boote in zweifelhaftem Zustand dümpeln in dem Hafen, sonst ist kein Mensch zu sehen, wenn man davon absieht, dass gegenüber am Zugang zur Festung zwei Wohnmobilfahrer vorübergehend eine Heimat gefunden haben. Vor der sage und schreibe 650 Meter langen und zwölf Meter hohen, dunklen Röhre des alten U-Boot-Hafens ankern einige Boote.

Oberhalb des Hafens und jenseits der Straße überwuchern riesige Agaven mit ihren meterhohen Blütenständen die Hänge, im Gestrüpp am Wegesrand hängt eine respektable Kreuzspinne, die mindestens doppelt so groß ist wie die, die man in deutschen Landen kennt. Faszinierend, wenn auch eher von weitem.

Unser Zimmer im Hotel Rondos* muss noch bezahlt werden, deshalb brauchen wir noch Nachschub an albanischen LEK, bevor wir nach Igoumenitsa fahren. Leider geht diese Tour nun bald zu Ende. Wir haben bei dem grandiosen Preis-Leistungsverhältnis nicht so oft Geld abheben müssen. Das teuerste Hotelzimmer kostete hier am Meer vierzig Euro pro Nacht und Zimmer. Wir zahlten immer mit LEK, obwohl wahrscheinlich oft auch der Euro akzeptiert worden wäre. Fragen nach dem Preis eines Zimmers wurden während der ganzen Tour generell in Euro beantwortet. Wir dachten immer, weil es für den Gast einfacher zu rechnen sei, da der Kurs bei rund 1:140 steht. Aber vermutlich nimmt man doch lieber Euro als LEK. Aber die Umrechnerei muss man mögen und im Normalfall entsteht auch ein Kurs-Nachteil zu Ungunsten des Bezahlenden.

Eigentlich sollten drei Wochen für Albanien locker reichen, da es eigentlich nicht groß ist. Aber jetzt, nach drei Wochen: wir könnten locker noch mal drei Wochen ranhängen, weil wir so vieles nicht gesehen haben. Und weil wir uns sauwohl fühlen. Aber zurück zum Abheben: Der dritte Geldautomat spuckt endlich Geld aus, nachdem die ersten zwei aus unbekannten Gründen streikten. Als wir dann das Zimmer mit albanischer Währung zahlen, bemerken wir eine maßlose Enttäuschung bei unserem Hotelbesitzern. Sie nehmen das albanische Geld, aber nur sehr widerstrebend. Euros wären willkommener gewesen.

Noch ein letztes mal Pontonfähre
Auf dem Weg nach Butrint

Wir fahren Richtung Butrint und lassen uns noch einmal mit der Ponton-Fähre über den Vivari-Kanal ziehen. Zwei Euro bittschön, gerne auch mit Touristenzuschlag, wir kennen es schon. Am Vivarikanal baden die Kühe brusthoch im Wasser. Man kann es ihnen nicht verdenken, die Quecksilbersäule klettert auf die 40°C-Marke zu.

Griechenland, du hast uns wieder! Unsere BIG TURTLE freut es, unsere Urlaubskasse blutet: endlich gibt es kurz nach der Grenze wieder hochwertigen, aber teuren Sprit, bei dem das Motorrad nicht klingelt und klopft wie eine Sammelbüchse. Wir erreichen Igoumenitsa. Die Stadt kocht. Wir auch. Die Temperaturanzeigen an den Läden zeigen 40 °C und wir hangeln uns von Schatten zu Schatten durch die Straßen.

Wir haben ein Zimmer in der Nähe des Hafens gebucht. Die Fähre soll um sieben Uhr ablegen, weswegen wir um fünf Uhr ohne Frühstück, aber mit großen Frühstückspaketen zum Mitnehmen, in leichter Funktionsbekleidung zum Hafentor fahren. Bei 28 °C warten wir vor Sonnenaufgang darauf, ins Schiff gelassen zu werden. Als uns die ersten Sonnenstrahlen im Nacken kitzeln, dürfen wir in den Bauch des Schiffes einfahren. Perfektes Timing!

Uns hat ziemlich vor dem zeitigen Aufstehen um vier Uhr gegraut. Was, wenn das Handy nicht rechtzeitig weckt? Oder wir aus anderen Gründen verpennen? Und so früh aufstehen ist auch nicht jedermanns Sache.

Mehrerer Motorradfahrer warten auf die Fähre in Igoumenitsa

Aber abschließend betrachtet, wäre es kein Zucker­schlecken gewesen, bei den derzeit herrschenden Temperaturen tagsüber ohne Schatten am Hafentor zu warten. Dann lieber um vier Uhr aufstehen und vor Sonnenaufgang einigermaßen bequem einchecken. Genau als die Sonne sich über den Horizont erhebt, dürfen wir in den Schiffsbauch hineinfahren. Perfektes Timing.

Schließlich sind wir geduscht und trinken an der Hotelbar den ersten Kaffee, das Schiff liegt jedoch immer noch regungslos im Hafen. Es wird neun Uhr, es wird zehn Uhr ... Es ist uns ein Rätsel. Doch endlich fühlen wir das Motorgerummel und der Koloss bewegt sich langsam hinaus auf das offene Meer. Plötzlich stürmen eine Menge Jugendliche im Alter von 12 bis 16 Jahren die Caféteria. Sie plappern aufgeregt in einer Sprache, die wir in Richtung Russisch stecken würden, aber auch wieder nicht. Richtiges Russisch klingt anders.

Am nächsten Tag beim Verlassen der Fähre, bemerken wir die zwei Reisebusse mit georgischen Kennzeichen im Frachtraum ganz vorn an der Klappe. Also sind diese als Letztes reingefahren. Die hatten auf Grund der großen Anfahrtsstrecke wohl eine größere Verspätung und die Fähre hat auf diese Passagiere gewartet. Von Georgien bis Igoumenitsa – eine stramme Leistung, vermutlich entlang der türkischen Schwarzmeerküste. Aber wir hätten nie gedacht, dass eine Fähre auf seine Passagiere wartet.

Der Rest ist schnell erzählt. Die Fähre holte die Verspätung leider nicht wieder rein. Und wir legen erst mittags in Venedig an. Die Heimat ruft und wir düsen in einem Rutsch heim ...

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