Motorradtouren Sizilien Sciacca

Sciacca an der Südküste Siziliens

Blick auf Sciacca

Zwischendurch haben wir nun den Ausflug nach Malta hinter uns gebracht und sind gerade wieder mit der Fähre in Pozzallo gelandet. Unser Ziel ist, noch ein klein wenig die Südküste Siziliens zu erkunden, bevor wir uns wieder Richtung Fährhafen Palermo begeben müssen.

Im Hafen verbringen wir aber erst noch zwei Stunden mit Wolf und Vivian. Schon bei unserer ersten Warterei auf einen Fährplatz vor einer Woche lernten wir die beiden im Hafen von Pozzallo kennen. Wir verstehen uns prächtig, sie spendieren uns Kaffee aus ihrem zu einem Campingbus umgebauten VW-Bus. Zwischendurch ziehen wir im Hafen mit Sack und Pack und Campingtisch ein Stück weiter, da das Hafentor geschlossen werden soll. Wir hätten noch den ganzen Tag quasseln können, aber die zwei wollen noch nach Rom und wir nach Sciacca.

Tag der Befreiung von den Deutschen

Die Fahrt ist abwechslungsreich. Und die Straßen sind leer. Ein Genuss! Die Straßen sind aber irgendwie zu leer! Und überall sitzen die Leute draußen und grillen. Später geht uns ein Licht auf: Heute ist der Feiertag der Befreiung von den Deutschen. Da kommen wir ja gerade recht. Die Zimmersuche ist heute easy: gleich beim ersten Anlauf mieten wir ein Zimmer im B&B Il Mandorlo.

Auf der Terrasse trinken wir abends eine grandiose Flasche Weißwein, spendiert von unserem Gastgeber. Wir lernen den Landwein dieser Gegend kennen. Auf der Flasche klebt ein handgeschriebenes Schild: Alto Grado 15 %. Der Wein glänzt dunkelgelb in der untergehenden Sonne. Hui – kein Dessertwein, sondern ein normaler Wein, aber der hat's in sich! In Sciacca finden mehrere Tage lang große, prachtvolle Karnevalsparaden statt. Alle Mitwirkenden und Gäste sind leicht bekleidet, was sonst. Um nicht zu frieren, trinken sie alle Alto Grado – was sonst. Und sind danach alle erkältet. Was sonst.

Wir wohnen hier etwas außerhalb des Ortskerns. Sciacca selbst sieht uns nur zum Einkaufen. Und im Supermarkt unterzieht man mich wieder diesem Kniehängerblick: Man schaut mir ins Gesicht, auf die Jacke, der Blick rutscht tiefer und bleibt -zack- an den Knieprotektoren hängen. Besonders extrem mustert mich eine Frau an der Fleischtheke (wo man übrigens Nummern ziehen muss wie im Meldebüro). Sie steht neben mir und mustert mich minutenlang entgeistert. Ihr Blick gleitet ständig hoch und runter, hoch und runter. An der Kasse kann sie ihre Neugier dann nicht mehr zügeln: Sie fragt mich, ob ich Deutsche sei ...

Motorradtouren um Caltabellotta
Caltabellotta

Von Sciacca aus sehen wir in der Ferne ein pittoresk an den Felsen klebendes Städtchen: Caltabellotta. Die Straße ist griffig, wir sind allein auf einer Straße mit unzähligen Kurven. Die Landschaft ist einfach grandios! Caltabellotta ist schnell erreicht. Wir wurschteln uns durch die engen Gassen immer bergwärts. Oben befindet sich eine Kirche, die aber verschlossen ist. Wir taufen die Kirche San Pellegrino, keine Ahnung ob sie wirklich so heißt. Jedenfalls heißt der Schutzpatron von Caltabellotta so.

Caltabellotta hat eine bewegte Vergangenheit: Manche Wissenschaftler nehmen an, dass sich auf dem seit frühgeschichtlicher Zeit besiedelten Gebiet des Städtchens das antike Kamykus, das Reich des mythischen sikanischen Herrschers Kokalos befunden haben soll. Was sicher ist, dass hier unter diesem Kalkfelsen die Stadt Triokala gelegen war, die während des zweiten Sklavenaufstandes (104 bis 101 v. Chr.) die Hauptstadt der Sklaven war und Zufluchtstätte für gegen die grausame Behandlung rebellierende Sklaven. Als die Armee näher rückte und keine Hoffnung mehr bestand, verübten die Überlebenden gemeinsam Selbstmord. Im Mittelalter nannten die Araber das Städtchen qal'at-al-ballut, Eichenfelsen. 1336 wurde die Grafschaft Caltabellotta Raimondo Peralta übereignet und hatte danach wechselnde Besitzer. Caltabellotta hat vor allem als Schauplatz des Friedenvertrags Berühmt- und Bekanntheit erlangt.

Motorradtour um Caltabellotta

Der Tag ist noch jung, so fahren wir einfach noch ein bißchen der Nase nach. Unterhalb dieser Bergkirche verläuft die Straße auf der Rückseite des Kalkfelsens weiter. Das Verkehrsschild mitten auf der Straße, das die Straße für den Auto- und sonstigen Verkehr als gesperrt ausweist, übersehen wir geflissentlich.

Bald sehen wir, warum die Straße gesperrt ist. Hier scheinen Erdbeben, Erdrutsche und große Naturgewalten einiges bewegt zu haben. Mal hebt sich der Asphalt halbmeterhoch in die Höhe. An anderer Stelle klafft ein mit Regenwasser gefülltes Loch in der Straße. Die Verwerfungen sind nicht mehr ganz frisch, aber auch noch nicht jahrealt – vielleicht vom letzten Winter? Das Gesperrtschild ist wohl eher so ein Vorsichtshalberschild ...

Trapani