Motorradtouren Sizilien Anreise und Abreise mit der Fähre

Anreise und Abreise mit der Fähre

Straßenschilder in Sizilien

Anfang April – nicht gerade die günstigste Reisezeit für eine Motorradtour. Da müssen wir auf jeden Fall so südlich wie möglich fahren, um den Frühling zu erhaschen. Der Wetterbericht verheißt uns 6 bis 10 °C. Regenwahrscheinlichkeit ziemlich hoch. Wir packen uns in unsere Ganzkörperkondome und kämpfen uns zunächst bis zum Bodensee und von da aus durch die Schweiz nach Genua.

Am San Bernhardino-Tunnel schneit es. Shit! Bitte lass es wieder regnen, Petrus!!! Wir freuen uns um jeden Meter, den wir tieferen Gefielden und damit dem Regen näher kommen. Am Hafen von Genua stellt sich uns die Frage nach einem trockenen Parkplatz. Es regnet in Strömen und bis die Grandi Navi Veloci – Fähre um dreiundzwanzig Uhr ablegt, dauert es noch ein paar Stunden. Wir parken schließlich unter dem Fährhafengebäude: vor der Polizeiwache – im absoluten Halteverbot.

Anfangs halten wir bei jedem vorbeischleichenden Polizeiwagen die Luft an und warten auf den großen Anschiss. Sie sind zwar neugierig und beäugen uns, aber vielleicht haben sie mit den durchnässten Deutschen Mitleid. Der Anschiss bleibt aus.

Sicherster parkplatz der welt
Umkleideorgie an der Fähre

Nach dem fünften Wagen sind wir uns sicher: das "DuDu" der Polizisten wird nicht erfolgen. Um diese Jahreszeit ist es einfach, vor Ort ein Kabinen-Ticket für die Fähre zu bekommen. Im Hafengebäude ist ein "Coop" eingerichtet, dort können wir uns dort mit allem notwendigen Lebensmitteln und Getränken für die über zwanzigstündige Überfahrt nach Palermo eindecken.

Um einundzwanzig Uhr können wir ins Autodeck einfahren. Weil es nach wie vor Bindschnüre regnet, stecken wir wieder in unseren Verhüterlis, da wir nicht wissen, wie lange wir vor der Klappe stehen und warten müssen. Im Bauch der Fähre ist es schwülwarm. Motorrad verzurren. Abpacken, was wir brauchen und über steile Stiegen, Treppen nach oben und zu unserer Kabine – da hat vor allem Jochen seine eigene Dampfsauna dabei.

Man achte auf das Halteverbotsschild im Hintergrund ;-)

Das Schiff rummelt und ruckelt. Irgendwas in unserer Kabine vibriert. Abends suchen wir vergeblich nach einem netten Plätzchen, wo wir unseren mitgebrachten Rotwein köpfen können. Doch diese netten Sesselgruppen wie auf anderen Fähren gibt es hier nicht. Alles Bars, Restaurants, Money, Money. Am nächsten Tag nachmittags haben wir uns gerade noch einmal zu einem verspäteten Mittagsschläfchen in die Kabine begeben. Wir trauen unseren Ohren nicht, als wir auf dem Gang eine Durchsage hören:"...in zehn Minuten sind die Kabinen zu räumen!"

Forza! Forza!

Und schon klopft einer an die Tür: "Forza! Forza!" Hektik, Chaos. Wieso das denn? Es sind doch noch zwei Stunden bis zum Anlegen! Irgendwas haben wir da verpennt! Der Forza-Typ holt sich von Jochen einen kurzen Anpfiff, als wir nach seiner Meinung nicht schnell genug unser Chaos meistern...

Wir verlassen die Kabine und stehen uns die nächsten zwei Stunden die Beine in den Bauch. An der Rezeption. Am nächsten Deck. An der nächsten Tür. Immer müssen wir wieder an irgendeiner Tür warten. Dann sind endlich die LKWs raus und wir dürfen wieder ein Treppchen tiefer. Es ist halb acht, bis wir auf festem Boden in Palermos Hafen stehen. Eins wissen wir: wir übernachten irgendwo außerhalb. Deshalb stürzen wir uns unverzüglich ins Verkehrsgewühl.

Palermos verkehrsregeln: Keine!

1. Preisfrage: Was macht ein Motorradfahrer, der auf eine Kreuzung einer vierspurigen Straße zufährt: mitten auf der Kreuzung steht ein Polizist und ein Verkehrsschild zeigt an, dass man nicht links abbiegen darf? Der Motorradfahrer muss aber nach links! Was macht der Motorradfahrer? Richtig, er biegt nach links ab (so wie alle anderen)! 2. Preisfrage: Was macht der Motorradfahrer, wenn er auf einer vierspurigen Straße auf eine Ampel zufährt, die schon längst auf ROT umgeschaltet hat, aber alle anderen trotz hupenden Querverkehrs weiter fahren... Richtig, er fährt auch bei ROT!

Hui, hier sind jegliche Verkehrsregeln außer Kraft gesetzt! Zweispurige Straßen werden drei- bis vierspurig befahren (bei uns würde man das Effektivität nennen). In Deutschland hätte Jochen nach zehn Minuten Fahrzeit den Führerschein schon mindestens zweimal abgeben müssen! Bisschen mulmig ist uns. Eine Stunde später befinden wir uns endlich im Bergnest Caccamo. Es ist schon ganz schön dunkel geworden. Im grellen Licht einer Außenlaterne auf einem Firmengelände blättere ich in unserem kleinen Müllerchen*, weil ich darin las, dass in diesem Bergdorf ein Hotel existiert. Just in diesem Augenblick will ein Angestellter das große Rolltor, hinter dem wir uns befinden, schließen, mahnt uns aber zur Ruhe, wir sollen mal keine Hektik machen.

Das Hotel aus unserem Reiseführer ist leider schon belegt, weswegen wir weitersuchen und schließlich in der Pension Cocciu d'amuri für eine Nacht unterkommen. Bei der kleinen Stadtrundfahrt am Morgen lernen wir winzige Straßen kennen, in denen der Begegnungsverkehr mit einem Cincquecento für uns schon zur Herausforderung wird.

Zum porto! Nicht zum pollo!
Fähre Grimaldi Lines

Zeitsprung: drei Wochen später / Palermo bei unserer Abreise:

So leicht, wie wir von der Fähre nach draußen ins Bergland gefunden haben, finden wir den Hafen beim Reinfahren nicht. Erstes Problem: die Sprachbarriere. Wir fragen einen älteren Herren. Statt zum Porto schickt er uns zum "Pollo" (Hähnchen). Dass er uns in die Irre schicken will, erkennen wir an der typisch sizialianischen Geste: er bohrt sich nach seiner Erklärung mit dem Zeigefinger in der Wange – was soviel heißt wie "Schmeckt gut!"

Der zweite Hilfeversuch von zwei jungen Damen ist genauso wenig erfolgreich: sie sprechen perfekt italienisch und wir verstehen perfekt Bahnhof. Die Straßen der Innenstadt sind verstopft bis zum Gehtnichtmehr. Ein Auto reiht sich ans Andere, im Schritttempo geht es vorwärts. Währenddessen erreicht ein mit Blaulicht bestücktes Zivilfahrzeug die verstopfte Straße. Hektisch hängt ein Flüche ausstoßender Ziviler mit dem kompletten Oberkörper aus dem Beifahrerfenster und fuchtelt wildverzweifelt und chaotisch mit der Kelle herum.

Beim dritten Versuch, uns nach dem Weg zu erkundigen, haben wir mehr Glück: Wir halten einem Motorradpolizisten den Palermo-Stadtplan unter die Nase. Er winkt nur ab und bedeutet uns, ihm zu folgen. Der Polizist hat wie wir zwei Koffer am Mopped (allerdings wesentlich schlankere) und schlängelt sich wo Platz ist an den Autos vorbei, oft links – meist jedoch rechts, gegebenenfalls auch auf dem Fußweg. Teilt Schimpfe aus, wenn Autofahrer unachtsam plötzlich die Tür öffnen und klappt anderen den Außenspiegel ein, damit wir mit den breiten Koffern durchkommen.

Detailierte Tips und Infos zur Anreise und Fähre: unter Tour-Infos!

Nebrodie und Madonie