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Beyşehir

Motorrad steht auf Straße und im Hintergrund schneebedeckte Berge

Nachdem wir gestern spätabends die Straßenkarte noch mal genauer unter die Lupe genommen hatten, beschließen wir, unsere Rückfahrt nach Çesme doch über drei Tage zu verteilen. Wir hatten ursprünglich vor, auf kleinen Straßen quer durch das westanatolische Binnenland zu fahren – das wäre uns auf zwei Tage verteilt jedoch viel zu hektisch. Und es dürfte rein gar nichts dazwischen kommen. Unsere Fähre wartet nicht.

Am Morgen suchen wir noch einen Aufkleber für den Koffer. Den würden wir in einer Reklamefirma bekommen, meint der Sohn von Ismail, unserem Gastgeber im Pacha Hotel*. Wir suchen die Firma in Ürgüp und kurven lange durch ein Gebiet, in dem vorwiegend Autofirmen, Autowerkstätten und andere Handwerksbetriebe heimisch sind. Nach dem dritten Nachfragen finden wir sie. Die haben sogar einen fertigen Aufkleber in der gewünschten Größe vorrätig und wir zahlen ohne zu Handeln (wie dumm, typisch deutsch!) einen sicherlich horrenden Touri-Preis.

Erloschene Vulkane am Wegesrand
Panroamablick auf denerloschenen Vulkan Hasan Dag Blick über den Beysehir-See

Die öde Strecke bis Aksaray wollen wir uns heute sparen. Und deshalb fahren wir "untenherum" über eine kleinere Straße bis Aksaray. Aber dort zwingen uns die fehlenden Alternativen auf die vierspurige Straße. Kerzengerade. Die Straße endet am Horizont. Nervig. Und das mit 80 km/h! Ungern wollen wir noch mal die Geldbörse zücken für eine Buße.

Das Schönste an der Strecke ist der Blick auf die erloschenen Vulkane. Vor unserem Tagesziel, dem Beyşehir-See, hat der Gott der Reisenden die Großstadt Konya mit ihrem weltbekannten Derwisch-Orden positioniert. Obwohl in Konya einige Sehenswürdigkeiten existieren, lässt es unser Zeitplan nicht zu, dass wir uns großartig aufhalten. Augen auf und durch. Als wir im Stadtverkehr anhalten und die Karte studieren, hält ein türkischer PKW vor uns und der Fahrer fragt, ob er helfen kann. Und ob! Er kann uns erklären, wo wir hinfahren müssen! Wieder danken wir dem freundlichen Autofahrer und schicken ein kleines Dankgebet an alle Türken, dass sie so ein hilfsbereites Volk sind!

Gut, dass wir so brav 80 km/h fahren. Kurz vor Beyşehir stehen sie dann. Das Städtchen Beyşehir liegt an einem See mitten in den Bergen. Über Beyşehir steht ein Gewitter, dass uns jedoch nicht mehr groß beschäftigt, sondern nur noch von unserem Freisitz vor dem Hotel Göker* vertreibt.

Turnstundenhotelzimmer in Beyşehir
Unterkunft am Beysehir-See

Unser Zimmer amüsiert uns sehr. Darin besteht die Freifläche, in dem wir uns bewegen können aus 2 x 1 m², wenn man die Fläche des Doppelbettes und eines winzigen Schreibtisches abzieht. Ein Quadratmeter vor dem Bett und ein Quadratmeter in dem dünnen Schlauch vor dem Klo und der Dusche. Wollen wir uns beide gleichzeitig im Zimmer bewegen, wird es zur Turnstunde – wir amüsieren uns heftig. Aber für eine Nacht zum Schlafen, da reicht's dicke.

Das Zimmerfenster über dem Bett geht auf den Treppenaufgang hinaus. Ich hechte abends über's Bett, um die Vorhänge vor dem Duschen zu schließen und blicke in das lachende Gesicht eines jungen Angestellten. Zähneputzen müssen wir auf dem Gang, da ist ein Waschbecken, denn die Duschzelle besteht nur aus Klo und Duscharmatur auf einem Quadratmeter Fläche, insgesamt eine typisch türkische, ziemlich feuchte Angelegenheit.

Der Beyşehir-See liegt auf etwa tausend Höhenmetern und ist von Bergen umgeben. Das Nord- und Westufer des drittgrößten türkischen Sees ist als Nationalpark ausgewiesen. Das Wasser ist reich von Fischen, aber nicht trinkbar, da es leicht sodahaltig ist. Die Region ist relativ regenarm, so dass sich der Wasserspiegel des Sees immer mehr senkt, weil dem See zum Bewässern der umliegenden Felder Wasser entnommen wird. Die Straße am Westufer ist vielfach geflickt und gleicht einem Puzzle in allen Farbtönen von Grau bis Schwarz.

Aber die Landschaft entschädigt vielfach für die holprige Straße. Es ist warm, aber in dieser großartigen Natur bekommt man eine Gänsehaut vor Wohlempfinden. Der See ist 45 Kilometer lang, bis zu fünfundzwanzig breit, nur zehn Meter tief und hat eine fast rechteckige Form. In ihm befinden sich 33 Inseln verschiedener Größe, von denen jedoch nur eine einzige bewohnt ist.

Nein, wir wollen diese Socken nicht kaufen!
Frau möchte Motorradfahrerin ein Kopftuch für die Esrefoglu-Moschee verkaufen

In Beyşehir befindet sich die größte Holzmoschee der Türkei, die wir nach der Abfahrt aus dem Hotel als erstes ansteuern. Vor der Esrefoglu-Moschee sitzen einige ältere Frauen und stricken. Sie stricken Wollsocken und versuchen, sie an den Mann und die Frau zu bringen. Eine der Damen hat uns als potentielle Kunden ausgemacht. Sie hilft mir, das Tuch für die Moschee zu binden und bietet uns an, während unserer Abwesenheit ein Auge auf unser Mopped zu werfen. Vielleicht kaufen wir ein paar von ihren voluminösen Socken?

Motorrad steht vor einem mit reich verzierten Ornamenten besetztes Portal am Eingang der Esrefoglu-Moschee

Die zwischen 1297 und 1299 erbaute Holzsäulenmoschee hat ein steinernes Eingangsportal, das stark an die Portale vieler Karawansereien erinnert. Der Imam begrüßt uns und bietet sich an, uns sein Reich zu zeigen. Ehrfürchtig betrachten wir die 46 massiven Holzsäulen, die nun schon seit über achthundert Jahren einen siebenschiffigen Steinbau tragen. Der Imam gibt uns eine Probe seiner Gesangskunst. Uns wundert nur eines: Er hat nichts dagegen, dass wir, während er sein "Allah Akbar" schmettert, unsere Videokamera weiterlaufen lassen.

Im durch Holzsäulen getragenen Gebetsraum der Esrefoglu-Moschee

Im Gegenteil, er scheint sehr stolz auf sein reine, klare Gesangsstimme zu sein, die wegen der guten Akustik in der Moschee kein Mikrophon benötigt. Jedes Feld auf dem Teppich ist für einen Betenden bestimmt. Wir zählen und überschlagen. So viele Betende wie er angibt, finden aber auf diesen Feldern nicht Platz! Für eine Nachfrage reichen unsere Sprachkenntnisse nicht. Wir verlassen die Moschee und laufen in die Arme der Sockenstrickerin. Ich packe mein Tuch in den Koffer und versuche der Dame mit geöffnetem Koffer pantomimisch klarzumachen, dass in DIESEN Koffer keine Maus mehr hineinpasst geschweige denn Monstersocken für Goliathfüße. Sie versteht mich nicht, ich gebe auf. Unser Abschiedsgruß wird mit einer bitteren Mine quittiert.

Pamukkale