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Gebeinhaus Sedlec | Kostnice Ossuary

Aufgereihte Schädel im Gebeinhaus Sedlec Knochen Nachbildung einer Krone im Gebeinhaus Sedlec

In Sedlec, einem Stadtteil von Kutna Hora, befindet sich das ehemalige Zisterzienser-Kloster Sedlec. Es wurde 1784 nach seiner Säkularisation in eine Tabakfabrik umgewandelt. Angrenzend und nicht zu übersehen ist die Kirche der Jungfrau Marie (Chram Pany Marie), die aber derzeit wegen umfangreicher Restaurierungsarbeiten nicht zugänglich ist.

Das ehemalige Kloster und die jetzige Tabakfabrik sind in einem sehr guten Zustand, es scheint so, als stände da ein finanzkräftiger Investor wie Marlboro oder so dahinter...

Aber diese Gebäude sind es nicht, die Tausende Touristen jährlich anziehen. Berühmt-berüchtigt ist die Kapelle Kostnice, meist einfach Gebeinhaus oder Gebeinhaus Sedlec genannt, die sich etwa 200 m entfernt befindet. Wahrscheinlich tut man gut daran, dieses Beispiel des makabren Geschmacks am frühen Morgen zu besuchen, denn als wir die Krypta gegen 10:00 Uhr verließen, ergoß sich soeben der Inhalt von zwei Reisebussen über's Gelände: Dutzende pixelwütige Japaner. Und gleich darauf hielten noch zwei Busse ...

Zunächst erblickt man das eher schmucklose Kirchlein Kostnice und einen kleinen, angrenzenden Friedhof. Betritt man jedoch die Krypta, dürfte es selbst nekrophilen Naturen den Atem verschlagen:

Das gesamte Interieur der Kapelle besteht aus menschlichen Knochen. Arm- und Beinknochen, Schädel, Becken, Rippen, Wirbeln und Schulterblättern, alle desinfiziert und mit Chlorkalk gebleicht. In der Umgebung der Stadt, die gut befestigt worden war, kam es zu vielen Schlachten und auch die Gefallenen sind in Sedlec begraben worden. Insgesamt sollen die Knochen von 40.000 Menschen hier lagern, aufgehängt, angenagelt, aufgefädelt und gestapelt sein.

Fast alle Knochen stammen aus dem Mittelalter, den Zeiten der Pestepidemien (1318) und der Hussitenkriege (1421). Damals war in Kutna Hora dank seiner reichen Silbervorkommen die erste Münzstätte errichtet worden. Ein Abt hatte im 13. Jahrhundert heilige Erde aus Jerusalem verstreut und damit den Gottesacker zu einer begehrten letzten Ruhestätte, auch für Weitgereiste, gemacht.

So kann es gehen: Man kann sich auf überaus geheiligten Boden beerdigen lassen und dann trotzdem als viel bestaunte Innendekoration enden!

Mittlerweile berichten sogar internationale Zeitungen von der "Kapelle der Geister" ("Melbourne Herald Sun"), die eine "neue Dimension des Makabren" erreiche ("London Sunday Telegraph").

Knocken Sakristei Gebeinhaus Sedlec

Die katholische Kirche, die das Beinhaus nur noch als Sehenswürdigkeit betreibt, spricht von ca. 140.000 Besuchern jährlich.

Hier sind allen Ernstes sämtliche Utensilien des katholischen Gottesdienstes aus Menschenknochen gebastelt: Der Altar ist mit Schädeln ausgestaltet, aus Schenkelknochen wurden Kruzifixe gebastelt und vieles mehr.

Am eindrucksvollsten dürften jedoch zwei Stücke sein: der Kronleuchter und das Wappen der Familie Schwarzenberg. Ein gut 3 Meter hoher Kronleuchter aus angeblich allen 206 verschiedenen, existierenden Menschenknochen!

Wappen Fürstengeschlecht Schwarzenberg aus Knochen im Gebeinhaus Sedlec

Das Fürstengeschlecht Schwarzenberg hatte die "Liegenschaft" 1866 gekauft, weil es die Kirche nicht mehr nutzen wollte. Sie fanden in der Kapelle sechs große Pyramiden aus Menschenknochen. Sie beauftragten den Holzschnitzer Frantisek Rint, das Interieur neu zu gestalten. Rint präparierte sämtliche Knochen mit chlorhaltigem Kalk – ein sprichwörtlich wahrer Knochenjob — wodurch sie noch heute so gut erhalten sind.

Und als Geldgeber wollten sich die Schwarzenbergs auch verewigt sehen — was mit ihrem einfallsreich gestalteten Wappen in die Tat umgesetzt wurde.

Die katholische Kirche scheint sich mittlerweile gut mit dem Besucheransturm angefreundet zu haben. Am Ticketschalter (einem Tisch mit zwei Damen am Eingang) erhält man einen A4-Zettel mit Erklärungen in der gewünschten Sprache.

Angeblich sollen die Erklärungen mittlerweile in 20 verschiedenen Sprachen vorliegen. Allerdings muss man das Pamphlet in Klarsichthülle anschließend wieder abgeben. Die Foto- und die Video-Erlaubnis kosten denselben bzw. einen höheren Betrag als der Eintritt (35,- Kc) selbst.

Sogar der "schwarze" Schockrocker der USA Marilyn Manson soll die makabren Knocheninstallationen schon begutachtet haben, und für die Mystery-Verfilmung "Dungeons & Dragons" aus dem Jahr 2000 mit Jeremy Irons war das Beinhaus Kulisse.

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