Motorradtouren Griechenland Ost-West-Route

Die grandiose Tour auf der Ost-West-Route | Kremaston-Stausee

Genialer Weitblick über den Kremaston Stausee

In diesem Urlaub war es wie so oft im Leben: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Mittelgriechenland bestand für uns erstens aus der Pilion-Halbinsel (da kam es anders) und zweitens aus der Rückfahrt, besser Flucht. Wir sind also auf der Pilion-Halbinsel und wollen wieder hinüber an die Westküste... Aber wie? Wir studieren die Karte. Runter bis Lamia, ein paar Autobahnkilometer sind dabei. Die Strecke sieht auf der Karte sehr interessant aus. Aber wir ahnen nicht, was auf uns zukommt. Eine grandiose Landschaft mit durchlöcherten Verkehrsschildern!

Einsame Bucht von oben

Kaum eine Route durch Griechenland hat uns so begeistert wie diese. Völlig unberührte Landstriche, keine Menschenseele weit und breit (natürlich auch keine Tanke, aber wen juckt's, wenn das Spritfass gut voll ist). Und die Tour war nicht einmal geplant, sondern aus der Not geboren, weil es uns auf dem Pilion nicht gefiel und wir Sehnsucht nach dem Ionischen Meer hatten. Nirgends wurde diese Route während unserer Vorrecherche für die Griechenlandtour auch nur erwähnt. Unverständlich.

90 minuten für 38 kilometer

Erste Hürde – den Piliongebirgszug überwinden. Von Horefto bis zum Moloch Volos benötigen wir neunzig Minuten für nur 38 Kilometer, ein blamabler Schnitt. Dann dürfen wir uns durch die Häuserschluchten von Volos fummeln und ein Hinweisschild auf die Autobahnzufahrt suchen. Bis Lamia benutzen wir die Autobahn – das sind reichlich hundert Kilometer, die aber keine Maut kosten. Wobei in der Gegenrichtung schon gelöhnt werden musste. Vielleicht liegt es daran, dass der zweite Abschnitt eher einer zweispurigen Landstraße gleicht? Oder an den Baustellen? Oder an der Lebensgefahr in den Haltebuchten, die ohne Abtrennung direkt neben der Fahrbahn liegen, und das auch in der Kurve? Lass mal einen LKW die Kurve nicht kriegen, während Du da Rast machst.

Autobahn ist immer nervig und wir verlassen sie erleichtert bei Lamia, wurschteln uns wieder mal durch eine Stadt, diesmal eine mit 55.000 Einwohnern. Scheinbar sind heute alle Einheimischen auf den Beinen oder besser auf den Rädern. Unsere Karte sagt, wir müssen geradeaus in die Stadt hinein und irgendwo mittendrin dann links abbiegen. Aber die Wegweisung geradeaus nach Karpenissi ist gestrichen. Wir versuchen es trotzdem. Ewiglange Einbahnstraßen, die den Hang hinauf oder hinunter führen – und wir natürlich in die falsche Richtung unterwegs, wie sollte es anders sein.

Bergige Landschaft im Dunst

Wir suchen die Landstraße nach Karpenissi, wo die gigantische (wie wir aber erst während der Tour feststellen) Alternativstrecke zum Katara-Pass über das Pindos-Gebirge führt. Wer sucht, der findet. Plötzlich entdecken wir wieder ein Karpenissi-Schild und gondeln über kleinste Anwohner-Sträßchen aus der Stadt hinaus. Die nächsten fünfzig Kilometer auf der E952 von Lamia bis Karpenissi sind recht unspektalär. Eine breite Fernverkehrsstrasse durch eine hügelige, typisch griechische Landschaft, die ein zügiges Fahren zulässt.

Timfristos – der pass schlängelt sich
in serpentinen durch die stadt

Interessant wird es bei dem Städtchen Timfristos, an das sich der gleichnamige Gebirgszug anschließt, der sich auf 2104 Meter erhebt. Man könnte sagen, Timfristos' Gebäude sind in den steilen Serpentinen eines Passes erbaut. Uns ereilt dummerweise das Schicksal, die engen Kehren im Tempo eines vorausfahrenden Reisebusses nehmen zu müssen, dem noch ein PKW folgt, der sich gelegentlich verschaltet.

Nach der Passhöhe (irgendwo haben wir was von 1360 Meter gelesen), falls man bei diesem Ort-in-Serpentinen davon sprechen kann, geht es nur langsam wieder tiefer. Wir gelangen in eine sehr waldreiche Gegend. Hohe Tannen stehen auch an einem Abzweig, der uns vor die Wahl stellt: links ein Tunnel, rechts die "Old Road". Obwohl die "Old Road" die streckentechnisch schönere Alternative wäre, entscheiden wir uns nach einem kurzen Kartenstudium, bei dem der Bus wieder an uns vorbeirauscht, für die schnelle Tunnel-Fahrt. Wenn wir uns unsere Griechenland-Karte anschauen, dann wollen wir heute noch bis an den äußersten Kartenrand und die kommenden Strecken sind äußerst "verschnörkelt".

Schnell haben wir Karpenissi erreicht. Auf 960 Metern gelegen, sieht man diesem Städtchen an, dass es sich um einen Urlaubsort der Griechen handelt. Zahlreiche Hotels und Souveniershops. Karpenissi ist unter anderem Wintersportort, es gibt einige größere Hotels. Danach findet man Zimmer erst wieder in Agrinio, wo es auch einen Flugplatz mit Verbindungen u.a. nach Athen gibt. Unser Spritfass wird noch einmal gefüllt, da die Straße nach Karpenissi wesentlich schmäler und Ortschaften seltener werden.

Wir müssen nicht erwähnen, dass wir wieder eine kleine unfreiwillige Rundfahrt wegen nicht vorhandener Beschilderung gemacht haben ;-) Nur wenig später. Ich frage Jochen: "Bist du sicher, dass wir noch in Griechenland sind?" Antwort: "Nee, Mister Spock hat uns nach Tirol gebeamt." Es ist unglaublich, wo man hinschaut saftiges Grün, gesunde Nadelwälder und unberührte Landschaft. Rund sieben Kilometer nach Karpenissi ist in unserer Karte eine 1250 Meter hohe, namenlose Passhöhe eingezeichnet. Aber da die gesamte Route auf schätzungsweise 150 Kilometer ein einziges Kurvengeschlängel ist, merkt man diesen Scheitel so gut wie gar nicht.

Keine tankstellen, dafür durchsiebte Verkehrsschilder

Wir treffen selten auf Zivilisation, es gibt höchstens mal vereinzelte Häuseransammlungen; keine Tanke, keine Übernachtungsmöglichkeiten, nicht mal ein Kafenion oder eine Taverne entdecken wir unterwegs. Das Asphaltband ist tadellos und während dieser Kurvenfahrt treffen wir gerade mal drei andere Fahrzeuge. Die erste Möglichkeit zu tanken besteht erst wieder siebzig Kilometer nach Karpenissi!

Schwarz weißes Verkehrsschild mit Einschußlöchern

Als wir eine kurze Pause einlegen, fallen uns zuerst die Hülsen auf, die neben der Straße liegen. Ziemlich große rote Dinger, offensichtlich Patronenhülsen. Irgendwer ballert hier gern herum. Dann schauen wir uns das Straßenschild näher an – irgendwer macht hier Schießübungen. Vorwiegend mit Schrot, es gibt jedoch auch größere Löcher und Dellen.

Schließlich gelangen wir an den Kremaston-See, der sich in unzähligen Fjords in der gebirgigen Landschaft verteilt. Dieser See ist der absolute Hammer! Über eine Brücke gelangen wir über einen Ausläufer. Normalerweise erwarten wir jetzt rundherum kleine Ortschaften, die die anrollenden Touristen versorgen könnten. Aber nichts dergleichen. Alles was wir in den angrenzenden Hügeln sehen, sind vielleicht gerade mal eine Handvoll Häuschen, die unregelmäßig in der Landschaft verstreut sind.

Auf der einsamen Bergstrecke durch's Pindos-Gebirge ist das Asphaltband tadellos. Erst dort, wo es wieder mehr Dörfer gibt, passt sich die Straße wieder mehr griechischem Standard an. Die Fahrt ist sehr einsam. Unser Gegenverkehr besteht aus gerade mal drei anderen Fahrzeugen.

Kann uns jemand erklären, warum wir nirgends Informationen über diesen schönen See herkriegen? Auch nicht über die wunderschöne Bergstrecke, die sich zwischen Karpenissi und dem See befindet? Selbst unser sonst so allwissender Reiseführer aus dem Michael-Müller-Verlag hat nichts zu berichten. Im Internet wird, wenn es hochkommt, mal der Name erwähnt, weil die Fahrt dort entlang führt(e). Aber sonst? Schweigen im Walde. Vermutlich, weil es auf der Strecke außer dem Stausee überhaupt keine Infrastruktur gibt.

Blick über den Stausee Limni Kremaston mit Motorrad

Ein Name auf unserer Karte. Tex. Limni Kremaston. Tex? Heißt das eventuell technisch? Das würde dann bedeuten, dass es ein Stausee ist. Mehrere Flüsse münden in den See, der mit seinen Inselchen wirklich märchenhaft aussieht. Tourismus? Keine Spur. Von unseren Platz aus, wo wir das Foto schossen, zählten wir gerade mal eine Handvoll Häuschen, die willkürlich in den angrenzenden Hängen verstreut liegen. Fährt man weiter nach Amfilohia, kommt man noch an einem weiteren See vorbei, der genauso verwinkelt ist, aber nicht ganz so groß wie der Erstere. Den Kremaston-See schätzen wir auf eine Länge von annähernd fünfzig Kilometern, eine Breite kann man gar nicht ermitteln, weil sich die Arme in alle möglichen Richtungen verzweigen.

Fünfzig Kilometer noch bis Agrinio, unserem nächsten Etappenziel. Mittlerweile lieben wir diese griechischen Städte mit mehr als 30.000 Einwohnern. Ach, wie schön ist es doch jedesmal bei den kostenlosen Stadtrundfahrten, wenn man verzweifelt nach der Wegweisung sucht. Unsere Wasservorräte gehen zur Neige. Da! Ein Kiosk! Wir parken neben dem Kiosk, besorgen was für den Durst und was für den kleinen Hunger zwischendurch und machen es uns auf dem Mäuerchen daneben bequem. Nach zehn Minuten sind wir von insgesamt sechs Taxis zugeparkt. Aber keiner regt sich auf, dass wir ihnen den Platz wegnehmen, auch wenn der letzte schon mit dem Hintern auf der Fahrbahn parken muss. Greece, we like you.

Wir lassen uns von einem Taxifahrer den Weg zur Ausfallstraße nach Amfilohia beschreiben. Irgendwas mit Kiosk und Supermarkt. An dem vermeintlichen Kiosk biegen wir rechts ab, aber irgendwie... Macht nichts, kurze Zeit später haben wir uns wieder durchgefummelt. Der Rest ist nicht mehr großartig erzählenswert. Die Landschaft ist hier nurmehr hügelig, und so langsam kommen wieder so was wie Heimatgefühle auf. Lefkada, wir kommen!

Route zum Nachfahren:

Horefto/Pilion – Volos (nur 48 km = 90 min.!) – E92 Mikrothives Autobahnauffahrt – BAB 1 – Lamia – E952 – Timfristos (Pass!?) – Karpenissi – Limni Kremaston – Agrinio – E55 Amfilohia – B42 Vonitsa – Agios Nikolaos – Lefkada-Stadt – Poros Mikros Gialos Beach (genau 500,4 km!)

Peloponnes
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