Motorradtouren Marokko Atlantikküste Casablanca

Zwischenziel Casablanca

Motorrad fährt entlang der marokkanischen Atlantikküste
Motorradfahrer hat soeben Pferdefuhrwerk überholt an der Atlantikküste

Es ist paradox! Marokko ist so klein. In Nordafrika finden ein paar deutsche Motorradfahrer ohne jegliche Absprache über Zeit, Ort und Ziel nach Tagen wieder zusammen! Als wir gestern vom abendlichen Calamari-Essen in das Hotel Miramar* zurückkommen, finden wir Charles, Judith und Josef breit grinsend in unserer Hotellobby vor. Dabei konnten sie nicht mal sehen, dass wir hier wohnen, denn die GS steht in der Tiefgarage.

Nichtsdestotrotz machen wir uns nach einem gemeinsamen Frühstück wieder einzeln auf den Weg. Josef und Judith fahren zwanzig Minuten vor uns los, Charles irgendwann nach uns. Wir irren durch die Neustadt von Essaouira und hoffen auf einen Wegweiser, der aus der Stadt hinausführt. Die Gegend und die Gebäude werden immer vergammelter. „Steffi“??? Steffi sagt zwar an, führt uns jedoch schließlich in eine Straße aus matschigem, tiefen Sand. Lenker gerade und Gas! Herrgott! Plötzlich haben wir Charles im Nacken. Dem geht’s genauso! Josef und Judith sind ihm auch schon mit fragenden Blicken entgegengekommen. „Steffi“ lotst uns in eine Baustelle, aber hinter der Baustelle verläuft eine breite Straße! Ein Lichtblick. Noch ein bißchen sandige Baustellenpiste. Geschafft.

Die Küstenstraße gen Norden führt teilweise sehr nah am Meer entlang. Der Atlantik brandet auf hohe Steilküsten auf, verläuft sich aber auch stellenweise in Sanddünen. Gelegentlich reichen die Felder fast bis ans Meer. Immer wieder ziehen sich entlang der Küste traumhafte Dünenstrände hin. Aber uns interessieren die Bademöglichkeiten nicht – wir wollen fahren, fahren, fahren! Vor allem wieder in die Berge! Doch die sind leider noch eine Tagestour entfernt!

Blick auf die Küstenlinie der marokkanischen Atlantikküste bei Marabut Jorfal-Youdi

Die Straße führt immer wieder weg vom Meer und durch kleine Felder, an dessen Rändern die Steine zu Mäuerchen aufgeschichtet wurden. Wir biegen zum Marabut Jorfal-Youdi ab, der auf einem malerischen Felsen unweit der Straße thront. Nur 100 m weit führt eine felsige Hoppelpiste bis auf einen geschotterten Platz, wo wir die „BigTurtle“ parken. Eine herrliche Kulisse für Fotos. Wie sagte der nette Berber bei unserer Fotosession in Midelt? „Klick. Klack. Kodak macht.“ Als wir wieder losfahren wollen, macht Jochen eine Entdeckung. Der geschotterte Platz, auf dem wir parken, ist mit Glasscherben übersät! So schiebt Jochen die GS vorsichtshalber bis auf den Schotterweg ...

Bei Safi führt die Straße vorbei an kilometerlangen Industrieanlagen, Hafenanlagen und Sardinenfabriken. Es stinkt. Nach Fisch. Aber vor allem nach Chemie. Die Luft ist diesig. Ein Schild an einem riesigen Industrietor verkündet, dass hier die Phosphatindustrie ansässig ist. Phosphat, das man braucht, um Düngemittel herzustellen und das in alle Herren Länder exportiert wird. Die Chemieindustrie hängt uns während unserer Fahrt noch eine Zeitlang in der Nase.

Zwei Esel steht auf einer kargen Landschaft direkt an der marokkanischen Atlantikküste

Nachdem die 400.000-Einwohner-Stadt Safi, die vor allem wegen seiner Keramiken bekannt ist, durchquert ist, geht es endlich wieder gemächlicher dahin. Immer wieder bieten sich schöne Ausblicke auf Felsbuchten mit hoher Gischt. Wir kämpfen ständig mit einem sehr böigen Wind, der uns von der Straße treiben will und uns mit Sand und Salz einnebelt.

In Qualidia kaufen wir uns für einen Dirham einen kleinen, leckeren Brotfladen, der wenig später mit Käse verzehrt werden soll. Wir werden von einem jungen Mann angequatscht, ob wir ein Appartement suchen. Nein, danke, wir wollen noch ein Stück weiter, trinken nur in einem kleinen Cafe am Ortsrand noch einen Kaffee.

Nach Qualidia beginnt das fruchtbarste Gebiet Marokkos, die Doukkala. Zwischen Meer und Straße zieht sich eine riesige Lagune, wo man Salzgewinnungsanlagen und Austernzuchtbecken sieht. Es riecht verdammt brackig. Bei einer Rast treten wir an den Rand der Lagune. Pfft, stinkt das!! Auf einem angrenzenden Feld sind zwei Männer dabei, Netze mit einem braunen Inhalt auf die Wiese zu leeren und zum Trocknen zu verteilen. Vermutlich ein Seegras, das man getrocknet dann als Brennstoff verwendet? Männer am Straßenrand laden Kisten mit irgendwelchem Grünzeug von LKWs ab und schichten es in betonierte Silos. Auch hier haben wir null Ahnung, was die tun.

Wir erreichen Casablanca und haben seit Essaouira vierhundert Kilometer mehr auf dem Tacho. An einer Kreuzung mit Ampel deutet ein Autofahrer neben uns auf unseren rechten Seitenkoffer. Die Schlösser sind offen! In deutsch-marokkanischer Zusammenarbeit wird der Koffer gesichert: der Autofahrer drückt aus dem Fenster heraus auf den Deckel, ich raste die Schlösser ein. Danke!

Die Stadt Casablanca stinkt nach Abgasen und eine braune Smogglocke hängt am Morgen über der Stadt. Außerdem ist sie die erste marokkanische Stadt, in der permanent gehupt wird! Der Verkehr in den größeren, marokkanischen Städten ist zwar vergleichbar mit dem in anderen europäischen oder asiatischen Großstädten wie Istanbul oder Palermo, aber es wird nicht oder kaum gehupt. Nur an Bergstrecken hören wir Fahrzeuge, die vor uneinsehbaren Kurven ihre Anwesenheit lautstark kundtun. Aber sonst? War es Zufall oder ist das immer so? In Casablanca ist es heiß. Oder andersherum: vor allem uns ist heiß. Also haben wir Nullbock auf großartige Zimmersuche und landen deshalb nach kurzer Zeit im Hotel IBIS*, das uns ein sauberes Zimmer offeriert. Nur für eine Nacht, morgen tun wir das, was viele marokkanische Moslems tun: wir pilgern nach Mulay Idriss.

Mulay Idriss | Besuch in der heiligen Stadt
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