Motorradtouren Rumänien Iza-Tal

Iza-Tal

Blick an einem Holzdachpfosten vorbei auf das Panorama der Landschaft

Dunkle Wolken stehen am Himmel. Wir schnallen die Regenklamotten ans Motorrad und fahren von Vișeu de Sus nach Sighetu Marmației, kurz Sighet. Wer in Sacel nach Süden abbiegt, schraubt sich kurvenreich auf den Setref-Pass hinauf. Dieser Pass ist nur 817 Meter hoch, befindet sich jedoch zwischen dem über zweitausend Meter hohen Rodna- (Muntii Rodnei) und dem Tibles-Gebirge (Muntii Tiblesului). Wir vollführen an der Passhöhe einen kleinen Schlenker, da der Pass eigentlich nicht in unserer geplanten Tour-Richtung liegt. In Sacel biegen wir ins Iza-Tal ab.

Fast wie mit einer Zeitmaschine
Motorradfahrer fährt an typischen Hoftoren in einem Dorf in den Waldkarpaten vorbei
Nahaufnahme mit Motorrad eines typischen Hoftores in den Waldkarpaten

Die anschließende Fahrt durch die alten Straßendörfer im Iza-Tal und die Maramureș beamt uns in eine andere Welt. Pferdefuhrwerke, die Heu, Holz oder einfach nur Menschen transportieren. Als hätten wir uns mittels einer Zeitmaschine in die Vergangenheit zurückversetzt. Nur die alten Dacias und die Roller, mit denen Harken, Sensen und Rasentrimmer kutschiert werden, holen uns in die Jetztzeit zurück. Allerorten werden wir mit neugierigen Blicken beäugt.

In den Ortschaften stehen vor den Häusern viele der alten, typischen Hoftore der Maramureş. Wobei alt immer relativ ist. Sie scheinen oft viel älter als sie sind. Man legt auch bei neueren Toren Wert auf die traditionellen Schnitzereien und althergebrachten Formen, so dass oft nur die Jahreszahl am Tor das Erbauungsjahr offenbart. Die Holztore bestehen meist aus einem großen Hoftor und einem kleineren Türchen. Beides wird von einem schmalen Dächlein beschützt.

Pferdefuhrwerk im Gegenverkehr zum Motorrad in einem Dorf in der Maramures

Die Pfosten und Querbalken sind reich mit Schnitzereien verziert. Das Tor gilt als Grenze zwischen Innen- und Außenwelt und so wird dem Tor magische Kraft zugesprochen, die mit der geschnitzten Symbolik unterstrichen werden soll. Verzweigte Taue stellen den Lebensbaum, das Unendliche dar. Die Schlange schützt das Haus und besitzt heilende Kräfte (Äskulapstab). Witzigerweise hat man in vielen Toren das Bänkchen gleich mit integriert, natürlich auch mit Regendächlein für bequeme und kommunikative Stunden vor dem Anwesen.

In Bogdan Vodă kommt uns eine BMW entgegen, als wir vor einem typischen Maramureş-Tor eine Fotosession veranstalten. Christoph hat Business und Urlaub verbunden und ist mit dem Motorrad unterwegs zu einem Termin im Osten Rumäniens. Wir sind bezüglich des genialen Reiseziels Rumänien einer Meinung. Wir sollten geschlossen Urlaubsverlängerung beantragen, frotzeln wir. Nach einer halben Stunde fährt jeder in eine andere Richtung davon, wir in Richtung Bârsana, Christoph in Richtung Bukovina. Uns wird der Zufall jedoch wieder zusammentreiben.

Klosterkomplex aus Holz in Bârsana

In Bârsana liegt ein Klosterkomplex mit Holzkirchen und -gebäuden direkt an der Straße. Das Kloster wurde 1390 das erste Mal urkundlich erwähnt, jedoch um 1800 verlassen und geschleift. Die heute auf dem Gelände befindlichen Gebäude wurden seit 1993 in der herkömmlichen Holzbauweise (z.B. ohne Metallnägel) errichtet. Heute werden sie als rumänisch-orthodoxes Nonnenkloster genutzt. Lange können wir die Besichtigung nicht genießen, denn es beginnt zu schütten. Auf dem Parkplatz sitzen wir den Platzregen unter dem zum Regenschirm mutierten Sonnenschirm eines Kiosks bei Eis und Kaffee aus.

Pasul Bocicoel. Man könnte glatt ein paar Mal wenden ...
Blick auf die durch hügelige Wiesenlandschaft führende Straße am Pasul Bocicoel

Bei der Heimfahrt entdecken wir noch eine Strecke von Bogdan Vodă nach Vișeu de Sus, die einfach nur traumhaft ist. Der Pasul Bocicoel. Man könnte glatt ein paar Mal wenden und rauf und runter fahren. Und dann aus verschiedenen Perspektiven Richtung Bogdan Vodă fotografieren. Der Abend in der Pension Nagy* wird lustig. Vom Nachbartisch werden wir durchgefüttert und mit Spirituosen versorgt. Der rumänischstämmige Besuch aus Deutschland ist mit den transsilvanischen Verwandten zu einem Ausflug nach Vișeu de Sus gekommen und verkostet die heimischen Spezialitäten. Und solidarisch wie Rumänen sind, lassen sie uns an allen Gängen teilhaben. Als erstes prosten wir unseren Spendern mit Țuică zu (gesprochen Zuika), dessen Prozente wir nur erahnen können. Sonst zwar keine Schnapstrinker, müssen wir alles probieren. Wir lächeln standhaft, der deutsche, weinverwöhnte Gaumen jammert jedoch: "That kills the cat". Rumänen ohne Țuică sind vergleichbar mit Bayern ohne Bier. Hierzulande verkauft man nicht nur Bier in Zweiliter-Flaschen, auch den Țuică bringt man in derartig großen Behältnissen auf den Tisch. Und manchmal trinkt man den Țuică auch so schnell wie Bier.

Sighetu Marmației
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