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Çesme/Türkei | Ancona/Italien

Ancona Fährhafen Anleger

!! Achtung !! Diese Fährverbindung wurde leider mittlerweile gecancelt!

Wir warten zusammen mit Cem und Osman, die wir beim Motorradtreffen kennengelernt haben, am Hafeneingangstor und harren der Dinge, die da kommen werden. Zweihundert von hier haben wir im RECA-Büro eingecheckt und uns in einem kleinen Supermarkt mit Lebensmitteln für die 44stündige Fahrt eingedeckt.

Es gibt zwar an Bord alles was das Herz begehrt, aber es ist teuer. Das Tor wird geöffnet. Das erste Auto fährt hindurch. Nach einiger Zeit wird uns dreien bedeutet, dass wir uns im Reissverschlussverfahren in die Auto-Reihe einschmuggeln sollen.

Vor uns wird neugierig Gepäck aus dem Kofferraum von Autos ausgepackt und umgestapelt.Als wir endlich dran sind, winkt man uns ruckzuck hinein. Nur ein Drogentest wird bei Jochen auf die Schnelle noch durchgeführt: ein Gerät, das aussieht wie ein großer, mit Stoff bespannter Suppenlöffel wird ihm über die Hand gestreift. Die Auswertung des Tests dauert nur fünfzehn Sekunden: "Clean" schallt es aus dem Minilabor. Wir dürfen weiterfahren. Da stehen noch mehr Container im Hafengelände. Zoll.

Unter Deck beim Verzurren der Motorräder

Wir folgen dem menschlichen Herdentrieb und stellen uns ein paar Meter weiter am nächsten Container an. Zwei Beamte sitzen drin am PC und tippen aus den Papieren eifrig Nummern ein.

Vor dem Container steht ein Tisch, an dem ein vermutlich höhergestellter Beamter sitzt – der stempelt den Pass. Verantwortungsvolle Tätigkeit. Und ein vierter ist vermutlich der Pass-Bote zwischen ihm und den 2m entfernt sitzenden Beamten. Ein herrliches Durcheinander hier.

Andere Urlauber werden von einem Container zum anderen geschickt. Kaum sind sie drüben, werden sie von drüben wieder herübergeschickt. Passagier-Ping-Pong nennt man das. Gottseidank lachen sie sich einen Ast über die Bewegungstherapie! Wir hätten dieses Chaos so gern gefilmt, trauen uns jedoch nicht. Die Obrigkeit könnte ja humorlos reagieren.

Hurra: wir sind dran! Unsere zwei Beamten, nein, der eine dieser Beamten tippt eine Nummer aus Jochens Pass in den Computer - und beide bekommen große Augen, als eine Fehlermeldung mit einem feuerwehrrotem Kreuz und einem lauten "BLING!!" aufpoppt. Er tippt noch mal. BLING!! Nochmal. BLING!!! BLING!!! BLING!!!

Dutzende "blings" vor der Ausreise
An Deck der Autofähre mit Blick aufs offene Meer

Sie schauen sich ratlos an und sprechen miteinander. Osman ist die ganze Zeit bei uns und witzelt, was das Zeug hält. Gott sei Dank verstehen die beiden Beamten kein Deutsch! Osman meint, die beiden wären wohl heute das erste Mal an diesem Arbeitsplatz und sie würden die ganze Zeit fragen, was sie jetzt noch tun könnten ...

Ihr System meldet ständig, dass die BIG TURTLE gar nicht im Lande sei. Leibhaftig steht sie aber hier! 23:30 Uhr soll das Schiff ablegen – bis dahin werden Sie unsere BIG TURTLE hoffentlich vom gasförmigen in den festen Aggregatzustand befördert haben. Sie finden uns bzw. unsere BIG TURTLE ... es dauert halt nur Dutzende BLINGS!!!

Man dirigiert uns endlich in das Schiff mit zwei Ladeklappen und überreicht uns eine Papiertüte mit einer handgeschriebenen Nummer. Und ein winziges Papierschnipsel mit der gleichen Nummer. Was wir damit wohl sollen? Egal. Passt beides in's Kartenfach. Den Kabinenschlüssel erhalten wir auch noch auf dem Mopped sitzend im Autodeck - wie praktisch. So fällt die Ansteherei an der Rezeption flach.

Das rätsel des daumennagelgrossen Nummernzettels

Ach ja, die Papiertüte wollen Sie zurück? Gerne! Ach, da soll was drin sein? Aber was? Ach so, wir sollen die Pässe darin abgeben und das winzige Schnipsel ist der Abholbon. Aha.

Na super! Wir haben extra noch mal Türkische Lira vom Bankautomaten geholt! Jetzt soll man auf diesem türkischen Schiff mit Euro zahlen. Man kann Türkische Lira in der Schiffsbank tauschen. Wir sind erstaunt. Uns ist noch lebhaft in Erinnerung, dass man früher ein griechisches Schiff in Italien betrat und sofort die griechischen Drachmen als Schiffswährung hatte.

Çem ist stocksauer. Zwei Stunden vor Abfahrt hat er in Çesme nochmal fünfzig Euro in Türkische Lira getauscht. Am Schiffsbankschalter gibt man ihm nun dreißig Euro dafür zurück! Auch wir lassen uns die Hälfte der Türkischen Liras wieder über den Thresen zurückschieben, als wir den Wechselkurs hören und tauschen nur das Nötigste.

Um auf dem Schiff etwas käuflich erwerben zu können, benutzt man eine Magnetkarte, in die man sein teuer gewechseltes Bargeld investiert. Falls man nicht den ganzen Kartenwert verbraucht, kann man sich den Restwert erstatten lassen. In einem Forum wurden wir ausdrücklich gewarnt vor den stickigen Innenkabinen – wir sollten unbedingt eine Außenkabine buchen. Andere Reisende hätten die Tür die ganze Zeit offenlassen müssen, weil die Klimaanlage nicht funktionierte. Aber die Buchung war schon längst raus und so schlimm wird das schon nicht werden! Wurde es auch nicht, wir können nicht klagen!

Nach rund zehn Stunden Fahrt erreichen wir den Kanal von Korinth. Die Fähre fährt nur in der Hauptsaison durch den Kanal und verkürzt so die Fahrtzeit um zehn Stunden. Der Reeder muss für die Kanalpassage einen stattlichen Obulus abdrücken, die Angaben für den Obulus schwanken zwischen 6000,– und 15.000,– €.

Passage durch den Kanal von Korinth Blick durch den langen Kanal von Korinth Kapitän steht im Ausguck der Fähre und beobachtet den Abstand zu den Felsen

So erklärt sich, warum nur in der Hauptsaison durchgefahren wird. Wir haben die erste Rückfahrt nach Italien in der Hauptsaison erwischt. Wobei das Schiff mit etwa hundert Passagieren nur zu einem Bruchteil ausgelastet ist und die Kanalgebühren den Reeder bestimmt reuen! Wir freuen uns riesig, den Kanal nun auch von unten zu sehen, nachdem wir mit dem Motorrad schon oben standen!

Ein Lotsenschiff hat die Fähre ins Schlepptau genommen. Links und rechts ziehen 80m hohe Sandsteinwände zum Greifen nah an uns vorbei. Wir sind eins von dreißig Schiffen täglich, die den 6,3 Kilometer langen Kanal als Abkürzung benutzen. Den Peloponnes zu umfahren bedeutet einen 325 Kilometer langer Umweg.

Nach diesem Hochgenuss wär ein Kaffee das Richtige, den sie oben auf dem Sonnendeck ausschenken! *schüttel würg* Das Zeuxx trinkt man einmal und nie wieder! Es schmeckt, als nähmen sie einen schwarzen Tee und rührten Instantkaffee rein! Und das tun sie auch, wir sind uns sicher: vielleicht haben sie da oben nur heißen Tee, aber kein heißes Wasser! Uns schüttelt's immer noch.

Am zweiten Abend rückt die Ankunft näher. Man sagt uns, wir müssten uns alle nach Verlassen der Kabine in der Columbus Bar einfinden. Man würde der ital. Polizei unsere Pässe übergeben, die wir dann dort wieder in Empfang nehmen können. Wir warten. Und warten.

Aber irgendwann sind wir dran und gegen das kleine Nummer-Schnipselchen erhalten wir eine Tüte mit unseren zwei Pässen. Gut, dass auch unsere Pässe drin sind. Ein anderes Paar steht entnervt am Ausgang – dieses Glück hatten sie nicht, in Ihrer Tüte sind die falschen Pässe. Nach kurzen und schmerzlosen Passkontrollen sind wir draußen. Im Hafengelände suchen wir uns einen Platz zum Parken, um uns für die Heimfahrt zu rüsten, wobei wir lieber wieder umkehren und für die nächsten Monate dort unten in Anatolien touren würden!!!

Istanbul