Motorradtouren Türkei Rundtour Zentralanatolien Von Inebolu nach Kappadokien

Motorradtour vom Schwarzen Meer nach Kappadokien

Straße mit Kühen am Rand in Zentralanatolien

Unsere sieben Sachen haben wir in unserer Unterkunft in Inebolu (Schwarzmeerregion) wieder einmal schnell zusammen. Gezahlt haben wir schon am Abend zuvor, so dass wir morgens ohne Zahlungsverpflichtungen aufbrechen können. Es eilt auch, denn heute sind 540 Kilometer zu bewältigen, wenn unsere Karten stimmen. Wobei letzteres bei türkischen Karten eher die Ausnahme ist – wir wissen von Karten, in denen die Straßen ganzer Landstriche vollkommen falsch eingezeichnet sind!

Zentralanatolien, genauer gesagt Kappadokien, ist unser Ziel. Von Meereshöhe geht es relativ schnell auf über tausend Meter hinauf. Die breit ausgebaute und fast autoleere Straße läßt ein schnelles Fortkommen zu. Einzig und allein die Schlaglöcher und die Kilometerbeschränkung in der Türkei für Motorräder außerhalb geschlossener Ortschaften (90 km/h) beschränken den Gesamtschnitt auf diesen Kilometern. Der Asphalt ist rau und griffig, wenn auch trotzdem mit Vorsicht zu geniessen: an den Rändern bröselt er schon wieder davon.

Straße zwischen bewaldeten Hügeln in Zentralanatolien

Die Streckenführung ist nicht besonders anspruchsvoll, wir hatten uns weit mehr versprochen. Schließlich überqueren wir die Bergrücken des weitläufigen pontischen Gebirges.

Aber von den Bergen kriegen wir nicht so viel mit, wie man vermuten würde, wenn man liest, dass wir durch die Berglandschaft des Nationalparks "Ilgaz Dagi Milli Parki" mit Gipfeln von über 2.500 Meter und in Skigebieten fahren.

Wir überqueren sogar einen Pass in 1625 Metern Höhe über dieses Gebirge – aber auch der geht irgendwie ohne größere Eindrücke zu hinterlassen an uns vorüber.

Auf micky-maus-strassen durch Anatolien
Motorrad steht bei Pause am Straßenrand in der Hochebene Zentralanatoliens

Wir haben uns von den 540 Kilometern bis zum nächsten Tagesziel beeindrucken lassen und fahren meist rote und gelbe Straßen. In den kommenden Tagen stellen wir fest, dass es einen tierischen Spaß macht, die Tagestouren auf kleinsten Straßen und Pisten zurückzulegen. Aber immer müssen wir dann, meist um die Mittagszeit, schließlich doch wieder auf etwas größere Straßen ausweichen, weil wir wieder mal längere Zeit in die richtige Richtung fahren wollen.

Das Thermometer steigt langsam – aber stetig. Überall grüßende Erwachsene und winkende Kinder. Die Türken sind freundliche und nette Menschen, hilfsbereit und nur in den Touristenzentren am Kommerz orientiert. Ständig werden wir während unserer Pausen gefragt, ob alles okay ist und ob wir Hilfe bräuchten.

Auf unserer über dreiwöchigen Tour ist es uns gerade zweimal passiert, dass Kinder oder Jugendliche die winkende Hand erhoben und sofort zum "Geldzeichen" überwechselten. Alle anderen Hunderte Grüße aus Autos, LKWs, von Anwohnern und Kindern waren unschuldige und freudige Grüße. Oft riefen Kinder auch einfach "Hello" – zumindest dieses eine englische Wort hatten sie gelernt – und sie waren hocherfreut, wenn man ihren Gruß erwiderte.

Es tauchen erste Verkrampfungserscheinungen in der Gashand auf. Obwohl der Boxer treu und zuverlässig seine Dienste leistet (kein Wunder nach gerade mal 10.000 km auf dem Tacho), wird das Fahren mit 90 km/h schnell zur ermüdenden Angelegenheit. Bekannte simsten uns vorgestern, dass sie bei der Polizei wegen Geschwindigkeitsüberschreitung 150,– Euro abdrücken sollten und die Polizei dann mit 75,– Euronen einen saftigen Nebenverdienst verschafft haben. Es ist ja auch bekannt, dass die da nicht lange fackeln, aber auch "verhandlungsbereit" seien.

Mit viel Stiefelleckerei und Demut vor der Obrigkeit sei ein Nachlass auszuhandeln. Wenn man Glück hat. Heisst es. So überschreitet die Tachonadel unserer BIG TURTLE die 90 km/h Marke nur selten und nur bei dem einen oder anderen Überholmanöver. Aber ein guter Tip sind die Nebenstraßen Zentralanatoliens: Wir sind nie schneller, und ohne auf eventuelle Radarautos achten zu müssen, vorangekommen!

jede 10-grad-kurve braucht 1000 meter strasse

Mittlerweile haben wir wieder unsere 32 °C im Schatten. Die Temperatur des Wassers aus unseren vor den Koffern angebrachten Trinkflaschen taugt noch für einen mittelmäßig warmen Cappuccino. Aber was erduldet man nicht alles für ein bißchen Gepäckvolumenersparnis. Dabei hätten wir genug Platz, denn die Lebensmittel der Zugfahrt sind aufgefuttert und somit ist genug Volumen im Tankrucksack.

Mehrspurige gerade Straße im Zentralanatolisches Hochland

Bis Cankiri ist die Strecke noch einigermaßen abwechslungsreich. Ab Cankiri kommen wir ins nahezu baumlose Zentralanatolien und hier ist die Fahrt dann schon eine Schlaftablette, denn jede 10-Grad-Kurve braucht tausend Meter Straße.

Und das baumlose Gelände hat noch einen weiteren Nachteil: mal schnell hinter den Busch is' nich' !! Gottseidank schwitzen wir genug. Es gibt massenweise landebahnbreite Straßen, welche noch nicht einmal als Autobahn deklariert sind. Alle fünf Kilometer begegnen wir einem Auto.

Kappadokien – Traumland für Erich däniken
Panoramablick über die Ebene von Kappadokien Spitz zulaufender Fels mit Eingang zu einer Felsenwohnung in Kappadokien Motorrad steht vor am Boden liegenden Kamel bei einem Verkaufsstand in Kappadokien

Sicherlich erwarten die türkischen Straßenplaner einen explosiven Bevölkerungszuwachs? Oder haben zu viel Geld und / oder zu viel Platz? Sollte sich Erich Däniken hier mal umschauen, ob dies nicht doch in Wirklichkeit Landebahnen sind? Normal ist das jedenfalls nicht. Die LKWs, die die Straßen bevölkern, sind um ein Vielfaches der zugelassenen Höchstlast überladene Monster.

Wenn sie nicht während der Pausen an uns vorüberdonnern, wir sie (nach Polizei spähend) in unerlaubter Geschwindigkeit überholen und von ihnen freundlich gegrüßt und angehupt werden, liegen sie auch schon mal halb umgekippt im Straßengraben. Halb umgekippt deswegen, weil die Ladung seitlich so weit überhängt, dass das Gefährt eigentlich nur in den 45Grad-Winkel kippen kann ;-)

In Nevseheir verlassen wir endlich die wenig glückselig-machende vierspurige Splittsteinwüste. Was uns allerdings in den nächsten Kilometern bis zu unserem Tagesziel erwartet, verschlägt uns den Atem. Eine bühnenreife Filmkulisse! Und der Clou des Regisseurs: Alles echt!!!!

Kappadokien. Jou! Des isses! Genau deswegen sind wir hierher gekommen. Damit fing alles an: mit einem Fernsehbericht über Kappadokien. Andere Berichte von Motorradreisenden, die die Türkei durchquerten, brachten den Ball endgültig ins Rollen.

Wer es nicht gesehen hat, hat ganz elementare Eindrücke verpasst. Tourismus pur. Logisch. Aber eher Individualtourismus – also noch nicht ganz so extrem wie an anderen Gebieten dieser Erde. Und bei weitem nicht zu vergleichen mit dem Pauschaltourismus der Mittelmeerküste!

Vielleicht sind wir aber auch nur zur falschen Zeit hier und in der Hauptsaison ist auch die Hölle los? Egal, uns gefällts. Nicht jeder Ort ist gleich touristisch geprägt, es gibt andere, wo nur wenige Unterkünfte angeboten werden, die dadurch wesentlich ursprünglicher geblieben sind als Göreme. Jetzt noch zwei Wochen mehr Zeit, ein paar Wanderschuhe im Gepäck und ein paar °C weniger ...

Und weil's so einzigartig ist, haben wir Kappadokien einen eigenen Menüpunkt gegönnt... gönnen müssen.

Sultanhani