Motorradtouren Kroatien Heimreise Großglockner

Wir fahren heim |
durch's Soča-Tal und über den Großglockner

Hängebrücke im Soča-Tal

Unsere Tour neigt sich dem Ende zu. Ein sehr interessanter Streckenabschnitt liegt im äußersten Nordwesten Sloweniens und ist das Soča-Tal. Bei Motorradfahrern in aller Munde. Herrlich türkisfarbenes Wasser inmitten schneeweißer Felsen, einige sehenswerte Klammen und eine Kurvenschaukel ohne Ende unter sehenswertem Gebirgspanorama. Die Soča ist der beliebteste Wildwasserfluss in den Alpen. Auffallend sind die vielen Hängebrücken, mit denen die Einheimischen ihre abgelegenen Bauernhöfe über die Soča erreichen können. Sogar Hängebrücken für Autos gibt es.

Die Soča ist im deutschsprachigen Raum weit mehr unter seinem italienischen Namen Isonzo bekannt. Im ersten Weltkrieg, zwischen 1915 und 1917, lagen sich hier zwölfmal die Italiener sowie die österreichisch-ungarischen Heere gegenüber und kämpften bis aufs Letzte. 1917 fand am Isonzo die entscheidende Schlacht (die zwölfte Isonzo-Schlacht) statt. Manche der heutigen Klettersteige, Wanderwege oder Straßen wurden damals während der Kriegszeit u.a. auch von russischen Kriegsgefangenen erbaut.

Motorradklamotten beim Trocknen auf dem Balkon unserer Unterkunft

Die letzten zwei Stunden unterziehen wir unseren Motorradklamotten wieder einer eindringlichen Wasserprüfung. Wiiiiiirklich eindringlich. Unweit der Großglockner-Straße suchen wir uns schließlich eine Übernachtungsmöglichkeit, während Badewannen über uns ausgekippt werden. Wir landen in einem abgelegenen, urigen Bergbauernhof, dem Moserhof in Iselsberg, in dem wir herzlich aufgenommen und bewirtet werden. Das Haus hat schon einige Jahre auf dem Buckel, vermutlich Jahrhunderte. Wir hängen unsere triefenden Jacken, Handschuhe und Hosen auf den Balkon. Sie hielten zwar dicht, aber trocken werden sie bis zum nächsten Morgen wohl nicht sein.

Talblick

Nächster Morgen. Gottseidank sagt der Wetterbericht einen sonnigen Tag voraus. So können unsere noch klammen Jacken in der Sonne und im Fahrtwind trocknen. Die Helme riechen auch mufflig. Wir hatten zwar das Kinnteil zum Trocknen geöffnet, aber wir hätten die Helme auch auf die Seite legen sollen, so müffelt das Nackenfutter jetzt leicht. Als wir frühstücken, hängen die Wolken zwar noch zwischen den Bergen, aber sie verzeihen sich langsam aber sicher und geben den Blick auf die Talebene frei. Gegen halb elf erreichen wir die Kaiser-Franz-Josef-Höhe.

Voll bepacktes Motorrad auf dem Parkplatz der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe

Auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe in 2360 Metern Höhe parken wir gegenüber dem Besucherzentrum, indem die Ausstellung "Großglockner" alles Interessante rund um den höchsten Berg Österreichs auf tausend Quadratmetern Ausstellungsfläche zeigt. Hier gibt es zahlreiche Schließfächer, in denen man sein "Motorrad-Geraffel" unterbringen kann, um den Gletscher oder vielleicht sogar den Gamsgrubenweg hoch über der beeindruckenden Gletscherlandschaft der Pasterze mit Eisabbruch, Moräne und Gletscherzunge in dreißig Minuten zu erwandern. Ein großes, mehrstöckiges Parkhaus steht den Besuchern ebenso zur Verfügung.

An einem Email-Automaten kann man vom Automaten geschossene Fotos mit einem Grußtext an liebe Menschen verschicken. Wir testen das Gerät ausgiebig. Die Sonne steht im Zenit, als wir das Besucherzentrum verlassen. Der Parkplatz für Motorräder füllt sich zusehends. Wir haben satten Gegenverkehr, als wir die Kaiser-Franz-Josefs-Höhe verlassen. Wir sind die Einzigen hier, die mit Isomatten auf dem Topcase herumfahren. Wir hätten zum Gaudi noch eine Taucherbrille draufbinden sollen.

Rundes Steingebäude mit außenliegender Wendeltreppe als shop auf der Edelweißspitze

Im Bereich des Fuscher Törls führt eine Stichstraße auf die Edelweißspitze, den höchsten Punkt der Großglockner Hochalpenstraße mit herrlichem Rundblick. Hier befindet sich auch der Rundbau "Bikers Point" für die Motorradfahrer. Die kurze, gepflasterte Stichstraße ist wegen der geringen Breite mit dem Reisebus nicht befahrbar – ach, wie schlimm für uns Motorradfahrer ;-)))) Oben auf der Edelweißspitze befinden wir uns in den Wolken. Die Sicht ist gleich Null und es ist ungemütlich. Schade. Aber man kann ja nicht alles haben.

Wir folgen mit dieser modernen Straßenverbindung einem alten Handelsweg, der seit 3500 Jahren besteht. Keltische und römische Funde, Gegenstände aus mittelalterlicher Zeit und aus dem siebzehnten Jahrhundert belegen die Geschichte. Der Handelsweg über das Hochtor nahm im 17. Jahrhundert den dritten Rang in den Alpen ein. Am 3. August 1935 wurde die Großglockner-Hochalpenstraße feierlich eröffnet. In 26 Monaten wurden 870.000 Kubikmeter Erde und Fels bewegt, 115.750 Kubikmeter Mauerwerk geschaffen, 67 Brücken gebaut und ein Straßentelefon mit 24 Sprechstellen installiert.

Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 versiegte der bis dahin auf knapp 375.000 Besucher jährlich gestiegene Strom der Touristen. Nur 27.000 Personen besuchten von 1940-1944 die Glocknerstraße. Durch Panzerfahrzeuge, unsachgemäße Schneeräumung durch die Besatzungsmächte, durch in den Kriegswirren versprengte Flüchtlinge und schwere Unwetter erlitt die Straße arge Schäden. Man beschloß, die Straße von sechs Meter auf bis zu acht Metern zu verbreitern, den Radius in den Kehren von zehn auf fünfzehn Meter zu erweitern, die Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 km/h auf 70 km/h zu erhöhen, Parkflächen für viertausend statt achthundert Fahrzeugen zu errichten und somit die Kapazität der Straße auf 350.000 Fahrzeuge zu erhöhen.

Blick auf den Gletscher Pasterze am Großglockner

Was ist denn jetzt los? Erst läuft uns in einer Kehre ein Wanderer aus einer Gruppe direkt vor das Vorderrad. Perfekter Zeitpunkt. Wir kippen. Aber Jochen hält die Fuhre gottseidank gerade noch. Augen auf, verflixt nochmal!

Wenig später. Was ist denn das jetzt? Wieso kommen uns sooooo viele Wanderer entgegen? Hunderte! Ganze Heerscharen! Und wieso werden sie von Sankras und Feuerwehrfahrzeugen begleitet? Zusätzlich versuchen die Fahrzeuge, die uns entgegenkommen, diese Menschenströme zu überholen. Auf unserer Spur. Wo sonst. Gut, dass wir so früh da waren und dieses ganze Spektakel erst bei der Abfahrt erleben. Nix gegen Wanderer (wir sind selbst welche), aber diese Hundertschaften schon beim Hinauffahren – welch grauenhafte Vorstellung! Später recherchieren wir und erfahren, dass wir uns kein Wanderer vor's Rad gelaufen ist, sondern ein Pilger. Wir waren ungeschickterweise während der legendären Großglocknerwallfahrt unterwegs. Also wer auf den Großglockner will: schau vorher, an welchem Tag die Wallfahrt stattfindet!

Frau freundet sich mit einer am Straßenrand stehenden Kuh an

Auf der Gerlosstraße finden wir einige Zeit später auf einer Wiese ein trockenes Plätzchen für unseren verspäteten Mittagsimbiss. Als wir uns auf der Wiese breit machen und im Wald über der Straße Kuhglockengebimmel vernehmen, ahnen wir schon, dass wir unter Umständen nicht ewig hier herumlümmeln können. Als wir unsere Fressbeutel gerade wieder zusammenpacken, kommen die Urheber des Gebimmels den Hang heraufgetrottet und bemächtigen sich der Wiese. Und sind sehr neugierig, welche Leckereien die Kuhtreiber denn so im Gepäck haben könnten. Wir teilen doch gern unseren Nachtisch als letzte gute Tat vor dem Urlaubsende mit den Namensvettern unseres zweirädrigen Untersatzes ...

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