Motorradtouren Kroatien Insel

Die "grüne Insel" Korčula

Blick auf ein Boot und im Hintergrund liegt Korčula

Korčula – die Hafen- und Hauptstadt der gleichnamigen Insel ist erreicht. Es war eine ziemlich unruhige Nacht. Die Klimaanlage kühlte die Luft vor allem im oberen Stockbett der Kabine doch nicht so herunter, wie wir es uns gewünscht hätten. Die restliche Zeit auf dem Schiff wird bis zur Ankunft mit dem üblichen Dösen und Leute-Gucken verbracht. Noch einen Kaffee und ein Eis ...

Wir schlendern zum Ausgang der Fähre. Dort sitzen wir nun. Erste Geräusche tönen aus dem Autodeck. Als wir zum Motorrad kommen, amüsieren wir uns über den Kälberstrick, mit dem die BIG TURTLE zur Wand hin festgezurrt wurde. Scheibenkleister! Egal! Hauptsache, der hat gehalten! Scheinbar hatten wir gestern Abend keinen Bock mehr – denn wir unsere eigenen Spanngurte sind immer dabei! Und normalerweise überwachen wir auch das Festzurren. Welcher Leichtsinnswahn hat uns denn da überfallen?

Im Hafen von Korčula liegt eine Autofähre beim be- und entladen vor Anker

Korčula ist eine 279 Quadratkilometer große Insel und besonders die gleichnamige, mittelalterliche Inselhauptstadt ist bei Urlaubern sehr beliebt. Kreuzfahrtschiffe laufen auf der althergebrachten Route von Italien nach Griechenland immer noch den Hafen von Korčula an, was einen nicht unbeträchtlichen Urlauberstrom an Land spuckt.

Kroatien hat sage und schreibe 1185 Inseln, von denen allerdings nur 67 bewohnt sind. Die zweitgrößste bewohnte Insel Kroatiens mit 17.000 Einwohnern und mit einer Länge von 47 Kilometern ist Korčula. Der höchste Berg befindet sich bei Pupnat, heißt Klupca und misst 568 Meter. Wir werden ihn uns noch näher anschauen. Wir machen uns auf den Weg Richtung Prizba, wo wir eine Appartment-Anlage als potentielle Inselstation ansteuern wollen, aber noch nichts gebucht haben.

Anzeige von einem Navigationsgerät mit unglaublichen Werten

Schließlich erreichen wir die Appartement-Anlage Priscapac Apart Hotel*. Kurz vorher – Steffi möge es uns verzeihen – verabschiedet sich die Gute in hohem Bogen aus ihrem Halter. Kurze Erklärung: unser Navigationsgerät, egal welcher Generation es angehört, wird von uns immer liebevoll Steffi genannt. Jeder kennt wohl die berühmte Szene aus „Werner Beinhart“, wo sich eine Schraube an Werners Töff löst und in Zeitlupe an ihm vorbeisegelt? Kurz noch Elkes Bein gestreift und schon knallt sie mit dem Gesicht auf den fremdländischen Asphalt. Anhalten, umkehren, beatmen – oh Gott, lebt sie noch? Eins, zwei, drei und Druckmassage ...

Plötzlich, wie aus dem Nichts, erscheint auf dem Display: "Navigationsbereit". Sie hat es überlebt!!! Etliche Schrammen und Kratzer an dem Gehäuse behält sie über. Und sie hat eine unglaubliche Höchstgeschwindigkeit ihres Abflugs gemessen: 822 km/h! Später, in unserem Appartement, bekommt "Steffi" eine ausführliche Maniküre mit Nagelfeile und Polierfeile – es bleiben Narben. Mein Gott, welch brave STEFFI, bei einem solchen Absprung aus 60 km/h Geschwindigkeit nicht das Zeitliche zu segnen. Das verschafft ihr einen Platz in der Garmin-Hall of Fame!

Ein Vier-Personen Appartement in der Anlage Priscapac Apart Hotel* – da kein Zwei-Personen Appartement frei ist – wird unsere Bleibe für die nächsten Tage. Wir erkunden erst einmal die Umgegend. Eine kleine Halbinsel liegt malerisch vor der Appartementanlage. Hier gibt es sogar einen kleinen Bereich, der als FKK-Teil ausgeschildert ist.

Der nächste Supermarkt ist zwei Kilometer entfernt, erfahren wir, und macht um sechs auf. Wir meinen erst, uns in der Uhrzeit verhört zu haben. Nein, haben wir nicht: der kleine Laden öffnet zwischen sieben und zwölf Uhr sowie zwischen achtzehn und zwanzig Uhr.

Stadtmauer von Korčula

Wegen einer offensichtlichen Blasenentzündung benötige ich Medikamente. Somit führt der Weg wiederum nach Blato, durch welches wir während unseres Einkaufsbummels schon durchgefahren sind, um nach einer Apotheke zu fahnden. In der Apotheke verfügt man über ein Buch mit Übersetzungen vom deutschen ins (ehemals) jugoslawische. Scheint wohl schon älteren Datums zu sein. Dummerweise stehen meine Beschwerden nicht drin. Mit englischen Wortfetzen und lustig anmutenden pantomimischen Einlagen schaffe ich es, mich verständlich zu machen. Ich bekomme rezeptfreie Medikamente. Falls diese nicht helfen, gäbe es ja noch den Weg zum hiesigen Doctore. Der spräche zwar kein deutsch, kenne sich aber in seinem Fach bestens aus, meint die nette Apothekerin. Aber vorher probiere ich es einfach mal „alternativ“. Mit Tee und sonstigen Heilmittelchen. Mal sehen, vielleicht hilft ja Dr. Placebo auch ein wenig.

Korčula liegt auf einer langgestreckten Halbinsel und gibt mit seiner Stadtmauer und dem Turm ein sehr wehrhaftes Bild ab. Wir parken die BIG TURTLE am Hafen und begeben uns zu einer Erkundungstour. Die schmalen Gassen sind fächerförmig angeordnet und bieten maximal eine schmale Tischreihe Platz für zahlreiche Konobas und Läden. Die Hauptachse der Altstadt teilt diese in zwei Hälften. Die Straßen nach Osten sind ein wenig gekrümmt, um dem winterlichen Bora-Wind Einhalt zu gebieten und die Straßen zur Westseite sind gerade und lassen den erfrischenden Maestralwind durch die Gassen wehen. Die wohl einfachste Klimaanlage vereinfacht noch heute das Leben der Stadtbewohner.

Enge hohe Gasse in der Altstadt von Korčula

Auch schon in der Vorsaison wird die Stadt von vielen Touristen besucht und die Zahl der Schmuckläden steigt offensichtlich proportional zur Anzahl der Besucher. Die Läden bieten Korallen-, Türkis- und Bernsteinschmuck an. Manche Schmuckstücke aus feinziselierten Silber (oder sogenanntem Altsilber?) wirken ziemlich antiquiert und würden mit ihren verschnörkelten Ornamenten eher in die arabische Welt passen.

Marco Polo wurde 1254 in Korčula geboren. So sagen die Stadtväter Korčulas. Dazu macht Marco Polo jedoch in einem Buch andere Angaben. Beweise für diese Tatsache liegen nicht vor. Mit siebzehn begab er sich mit seinem Vater Nicolo und seinem Onkel Mato über die Seidenstraße auf den Weg nach Asien. Nach einer Zeit von vierundzwanzig Jahren kam er zurück. 1298 war er als Kommandeur einer alten Kriegsgaleere aus Venedig am größten Seekrieg zwischen Venedig und Genua beteiligt. Er geriet in Genua in Gefangenschaft und wurde nur gegen eine hohe Ablöse freigelassen. In dieser Gefangenschaft diktierte er einem Mitgefangenen seine Reiseberichte über Asien, die im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert als Grundlage für Landkarten von Asien dienten. Das Geburtshaus in Korčula ist die noch einzig verbliebene Erinnerung an Marco Polo, da der Familiensitz in Venedig einem Theaterneubau weichen musste.

Zum Greifen nah erscheinen uns die hohen Berge der gegenüberliegenden Halbinsel Pelješac, die sich weit ins Meer erstreckt und über die wir in zwei Tagen wieder das Festland erreichen wollen. Da wir die geschätzten drei Kilometer da rüber nicht schwimmen können, suchen wir den Hafen, von dem die Küstenfähren zum Festland ablegen.

Stausee
Foto: Anto,[CC-BY-SA-3.0] via Wikimedia Commons

Die Eilfähre Rijeka – Dubrovnik – Bari legt direkt vor Korčulas Altstadt an, andere Fähren nutzen dagegen den Hafen im Nachbarort Domince, von dem auch die Fähre nach Pelješac abgeht. Sie fährt achtzehn Mal am Tag, das sollte uns reichen. Mit dieser Info verlassen wir den Hafen und erkunden einmal die nördlichen Straßen der Insel bis Racisce. Nicht schlecht, Herr Specht. Nette kurvige Sträßchen mit griffigem Asphaltband, und direkt am Meer entlang. Dazwischen verschlafene Örtchen, denen man ansieht, dass sie auf die kurze Sommersaison warten. Jetzt, Anfang Juni, ist hier noch absolut tote Hose. Nur die zahlreichen SOBE und APARTMAN-Schilder zeigen uns, dass man sich auf die Urlauber einstellt. Hier zeigt sich, warum die Insel auch die grüne Insel genannt wird. Fahrradfahrer sollen sie ja lieben. Bei den vielen Hügeln und Bergen haben sie was zu strampeln.

In Račišće will Jochen nicht glauben, dass die Straße hier zu Ende sein soll. Unsere Straßenkarte sagt uns das jedoch. Das Asphaltband wird immer schmaler, die Häuschen zunehmend einfacher und Dächer häufiger aus Naturstein gedeckt. Die Straße führt in zahlreichen Kurven den Hang hinauf – und drüber in einer Schleife zum Ausgangspunkt wieder hinunter. Wir finden direkt an der Straße eine kleine Badestelle mit einem betonierten Bootsanleger und einem zehn Meter breiten, gekiesten Meereszugang. Korčula in Motorradhosen war doch eine schweißtreibende Angelegenheit.

Während wir in der Sonne sitzen und das Salz auf der Haut trocknen lassen, kommt eine ältere Frau mit einem Beutel voller Fische und setzt sich an den Rand des Bootsanlegers. Mit einem Messer schuppt sie ihre Fische, die nicht größer als fünfzehn Zentimeter sind. Wahrscheinlich wollte sie sich die Schweinerei zu Hause ersparen. Wir erwarten, dass sie die Fischlein jetzt auch noch ausnimmt, was ja nur logisch gewesen wäre, aber das tut sie nicht. Sie wäscht ihre Utensilien im Meer und verschwindet mit einem "Ciao" (wo ich mir doch schon extra in Gedanken das kroatische "Auf Wiedersehen – Do vicenia" zurecht gelegt und still geübt hatte.

Küste
Foto: Japus [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

Also wieder zurück. Nach einigen Kilometern biegen wir ins Inselinnere ab. Ein einspuriges Asphaltband windet sich in zahlreichen Kurven über die fünfhundert Meter hohen, dicht mit Macchia bewachsenen Hügel. Hier befindet sich auch der höchste Inselberg Klupca, der 568 Meter misst.

Wir fahren noch einmal an der Südküste entlang. Diesmal nehmen wir auch den Abzweig zur Bucht "Pupnatska Luka". Die auf vielen Postkarten von oben fotografierte Bucht ist nur über schlechte Zufahrtsstraßen erreichbar. Über eine teilweise in Serpentinen gelegte Schotterstrecke hoppeln wir nach unten. Zwischendurch werden wir mit nagelneuer Asphaltdecke verwöhnt, aber da hat wohl irgendwann der Geldgeber den Geldhahn zugedreht und so hoppeln wir den Rest der Strecke wieder ... Aber unsere BIG TURTLE schlägt sich wacker, ja sensationell, wie nicht anders zu erwarten (schließlich musste sie in der Türkei ganz andere Strecken meistern ...)

Da unten in der Bucht Macchia die Hoppelzufahrt vom Wasser trennt, das man letztendlich nur per pedes erreichen kann, wir zum Verlassen des Moppeds aber keinen Bock mehr haben, drehen wir um. Vermutlich hätten wir die Hoppelstrecke auf der anderen Seite der Bucht wieder hinauffahren können, aber da wir jetzt die andere Seite jetzt schon kennen, nehmen wir die bekannte Hoppelstrecke.

Wir fahren nach Blato – wieder einmal – und suchen einen Lebensmittelladen. Wir bilden uns ein, einen KONZUM in Blato gesehen zu haben. KONZUM – hat das was mit der Ladenkette zu DDR-Zeiten zu tun? Blato im Inselinneren hat viertausend Einwohner und ist von Touristen kaum berührt. Die Stadt zieht sich durch ein Tal und mehrere Hügel hinauf. Von Prizba kommend sieht man die Stadt malerisch vor sich, wenn man über die Hügel auf sie zu fährt. Auf den Hügeln thronen Kapellen. Die Hauptstraße ist gesäumt von Akazien und Linden, unter denen Cafes, Bars und diverse kleine Läden einen Platz finden. Die Luft ist schwer vom Duft der blühenden Bäume. Zwischen dem I. und II. Weltkrieg sollen in Blato zehntausend Menschen gelebt haben. Aber die Reblaus vernichtete ihre Haupterwerbsquelle, so dass viele nach Amerika und Australien auswanderten. Den Kellner eines Cafés, der auch Motorradfahrer ist, veranlassen wir, uns einen kurzen Sprachkurs in kroatisch zu geben, und wir üben mit ihm noch einmal das Zählen: ena, dwa, tri ...

Der nächste Morgen. Der Himmel ist dicht bedeckt. Als wir frühstücken, beginnt es wie aus Kannen zu gießen. Stundenlang gewittert es und die Himmelsschleusen sind voll geöffnet. Eigentlich wollten wir heute die westliche Inselspitze erkunden. In unserer Karte ist dort zumindest mal ein (Wander?)Weg eingezeichnet, den man mit der BIG TURTLE vielleicht – bestimmt – fahren könnte. Aber bei dem Regen ... Auch als es aufhört zu regnen, ist an ein Fahren nicht zu denken. Alles schwimmt da draußen, und jeder Naturweg ist zur Schlammkuhle mutiert, das müssen wir uns dann doch nicht antun!

Die Temperaturen sind merklich gesunken. Als wir abends zum Essen gehen, sehen wir blaue Himmelsfetzen zwischen den Wolken hervorblitzen. Sieht so aus, als ob der morgige Tag besser werden könnte. Wir planen die nächsten Tourtage und schauen im Internet die Wetterprognose an. Das hätten wir lieber mal lassen sollen! Überall anhaltende Schauer, Gewitter und max. 22°C. Temperaturen unter der 20°C-Marke sind kein Problem, aber trocken! Wenn es ginge. Scheibenkleister. Erst in einer Woche ist langfristige Besserung in Sicht. Nun – hoffen wir darauf, dass wir viele Wolkenlöcher erwischen! Oder dass die Meteorologen, oh logen, oh logen...

Dummerweise habe wir beide erst bei dieser Tour feststellen können, dass Regenhose und auch noch das herausnehmbare Gore-Tex-Inlay der Sommerhose undicht sind. Bei vorherigen Fahrten wurden die Hosen nie einer solchen intensiven Wasser-Prüfung unterzogen. Nasser Hintern und warme Temperaturen mögen ja mal noch gehen, aber nasser und kalter Hintern ... brrr!

Frau steht am bepackten Motorrad kurz vor der Weiterfahrt

Der Regen und wir. Natürlich hoffen wir, dass uns der Wetterbericht nicht das bringt, was er verspricht. Jochen hat mir heldenhaft angeboten, dass ich seine Regenhose tragen kann. (Muss ich nur schauen, wie ich diese dazu bringe, auf den Hüften zu bleiben.) Okay, dafür kann er meine haben. Hihi.

Also dann. Unsere neuen Motorradjacken werden dem Ernstfall einer Regenprüfung unterzogen. Die Appartementanlage Priscapac Apart Hotel* verlassen wir bei einem angedeuteten Tröpfeln. Nach nur einem Kilometer mutiert das Tröpfeln zur Sintflut. Ich ducke mich reglos hinter Jochen und hoffe, dass mich die Sintfluten nicht finden ... Irgendjemand gießt Badewannen über Korčula aus. Ein zwölf Meter langer Baum liegt über der Straße. Gut, dass wir Mopped fahren. Wir kommen gerade noch so vorbei. Der Autofahrer hinter uns schafft die Fähre wohl nicht mehr.

Bis zur Fähre sind es vierzig Kilometer. Es gießt immer noch wie aus Kannen, als wir uns am Fährhafen in eine überdachte Imbissbude retten. Wie jetzt ans Geld und an die Kamera kommen? Wenn wir jetzt den Topcase öffnen, schwimmt im Nu unsere Kamera wie in einem Ententeich! Wir öffnen den Koffer nur einen Spalt und tasten vorsichtig nach der Geldbörse. Bei einem Espresso lassen wir uns vom Trommeln des Regens auf dem Markisendach fast einschläfern. Unter uns bilden sich Seen und so langsam verliere ich Jochens Regenhose, die nur einigermaßen oben hält, wenn ich sie eng unter dem Nierengurt eingeklemme.

Die Fähre läuft ein. Der Regen wird schwächer. Während der zwanzigminütigen Fahrt zur Halbinsel Pelješac bleiben wir einfach auf dem Autodeck. Auf Pelješac tröpfelt es nur noch. Gottseidank. Ganz nebenbei bemerken wir, dass unsere Jacken diese Regengüsse ohne Wassereinbruch überstanden haben.

Dubrovnik
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