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Motorradtouren Kroatien Insel Krk

Insel Krk

Blick die Plitvicer Seen mit Wasserfällen

Frühstück. So langsam haben wir das wabbelige Weißbrot zum Frühstück satt! Dessen Kruste man jedes Mal beim Versuch, der Weißbrotscheibe mit den Zähnen einen Bissen zu entreißen, aufs Doppelte ausdehnt bis sie nachgibt und den Butterbelag und die Marmelade in die Hand und auf's Tischtuch klatscht – nach drei Wochen schmachten wir der heimischen Vollkornsemmel entgegen. Wir satteln wieder mal unsere BIG TURTLE und turtlen erst mal zum Bankautomat am Hotel Bellevue am Nationalpark Plitvicer Seen. Mit Begleichung der Zimmerrechnung in der Unterkunft bei Familie Samardzic* und unserer Zeche sind wir bis auf die letzte Kuna abgebrannt. Wir mussten sogar noch fünf bosnische Mark mit dreingeben, damit hat's dann gepasst.

Die bosnische Grenze ist von Plitvice zwanzig Kilometer entfernt und die Familie fährt gelegentlich nach Bosnien rüber. Unsere Gastgeberin legt uns eine kleine Asphaltstraße in der Nähe wärmstens ans Herz. Wir finden die Straße, jedoch auch ein Verbotsschild und darunter "Nationalpark". Das ist uns dann doch zu heiß. Es wären einige Kilometer quer durch den Nationalpark, sie meinte, rundherum wäre einfach nur Natur. Aber die Strafe, falls uns jemand erwischt... nee, nee – dafür ist uns unser Urlaubsbudget zu schade. Also fahren wir weiter. Es gibt ja noch andere Straßenverbindungen zur Insel Krk. Da wir lieber auf kleinen Straßen cruisen als auf großen, gut ausgebauten, ist "gelb" wieder die Straße unserer Wahl. Sie zieht sich immer entlang oder durch den riesigen Nationalpark, vorbei an endlosen Wäldern und winzigen Weilern. Manchmal sind drei Häuser ein Dorf.

Zerbombtes Haus in einem Dorf

Die Asphaltstraße ist holprig und vielmals geflickt. Wir fahren Berge hoch und kilometerweit durch Wälder. Uns begegnet ein einziges Auto auf zehn Kilometer. In einem Wald auf einer Kuppe steht ein Andreaskreuz am Straßenrand. Wie? Hier? Mitten in der Pampa? Und wirklich – mitten in der Pampa eine Zugstrecke!

Wir biegen in eine andere "gelbe" Straße ab. Nach einigen Kilometern endet der Asphaltbelag und wir müssen wieder mit dem berühmtberüchtigten Makadam vorlieb nehmen. Der Schotter ist gut zu fahren. Zwar ist der Weg kurvig, so dass selten eine höhere Geschwindigkeit als 40 km/h möglich ist, aber trotzdem eine relativ einfache, wenn auch staubige Sache. Ab und zu tauchen Ruinen am Straßenrand auf. Kriegsschäden haben wir in den vergangenen zwei Wochen schon oft gesehen. Am Wegesrand wechseln sich zerstörte Häuser mit intakten Häusern ab, die jedoch immer noch Einschusslöcher im Putz haben.

Hinweisschild auf Minen

Hier, wo der Schotterweg beginnt, ist auch Schluss mit lustig: im Wald mal pinkeln gehen sollte man besser nicht ... Überall warnen Schilder, dass das Gelände vermint ist und man die Straße nicht verlassen darf. Erst als wir wieder die normale Asphaltddecke unter uns haben, sehen wir keine Schilder mehr. Es gibt noch viele verminte Gebiete in Kroatien.

Es wird warm. Sauwarm. Die Sonne heizt uns in unseren Klamotten mächtig ein. Und dummerweise ist die Küsten­straße mit vielen PKWs, LKW, Wohnmobilen und nicht zuletzt unsinnigen Geschwindigkeitslimits von teilweise nur 40 km/h bestückt. Die zwar keiner einhält, aber selbst 50 km/h sind immer noch schweißtreibend langsam, weil der Fahrtwind dabei nicht genug kühlt. Den einzigen Grund, den wir uns als Begründung für das unsinnig niedrige Geschwindigkeitslimit vorstellen können, ist die Bora, dieser Fallwind aus den Bergen, der hier im Frühjahr und Herbst ziemlich heftig weht und auch den vorbeifahrenden Autos und Motorrädern erhebliche Probleme bereiten kann.

Hundertsiebzig Kilometer haben wir seit Plitvice hinter uns. Vor Rijeka erreichen wir die 1310 Meter lange Brücke "Kricki Most", die die Insel Krk mit dem Festland über den Vinodolski Kanal verbindet. Unser Ziel ist die Inselhaupstadt Krk.

Eine rote Blume

Das Festland bei Rijeka ist von Krk aus gut zu sehen. Allerdings sieht man vor allem die Raffinerien und Industrieanlagen. Krk ist mit reichlich vierhundert Quadratkilometern die größste kroatische Insel, die Nachbarinsel Cres ist nur wenig kleiner, dafür aber viel länger. Auf Krk leben 16.500 Menschen. Man gelangt auf die Insel entweder über die Brücke oder über eine der beiden Autofährverbindungen (Taxiboote nicht eingeschlossen). Die Fährverbindungen bestehen mit der Insel Rab und die zweite geht nach Cres hinüber (gesprochen wie Zres, wie wir von Einheimischen lernen, und nicht Kres, wie man es eingedeutscht gern nennt).

Unser Schnabel-Thermometer spinnt nun total. Vermutlich verträgt es die Temperaturen oberhalb 30°C noch schlechter als wir in den Motorradklamotten. Es springt unmotiviert zwischen 20 und 48°C hin und her. Auf die Sucherei nach einem Quartier haben wir irgendwie keine Lust mehr. Es ist heiß und wir schmoren im eigenen Saft. Das erste Info-Büro (Travel-Agency) ist unseres. Die nette junge Dame zeigt uns auf dem Stadtplan, wo sie ein Zimmer frei hätte und da die Besitzerin gerade da wäre, sollten wir ihr einfach hinterherfahren. Wir sind uns nicht schlüssig: sollten wir eher selber suchen oder in das Privathaus folgen? Da wir wärmebedingt träge sind... wir folgen.

Außer einem Zimmer ist auch ein Studio bei Rooms Stolfa* mit Küche und Terrasse frei, also nehmen wir dieses. Zur Altstadt sind es maximal fünf Minuten, zum Badestrand vielleicht sieben Minuten. Wir waschen uns und noch diverse Funktionsklamotten durch, brausen auch die verschwitzten und verstaubten Motorrad-Klamotten ab und machen uns auf die Suche nach einem Supermarkt.

Um die Ecke gibts einen großen "Konzum". Aber irgendwas stimmt hier nicht: der Vorplatz ist zu leer. Wir entziffern die Öffnungszeiten, die besagen, dass der Markt trotz Sonntag eigentlich bis abends geöffnet sein sollte. Aber da hängt auch noch ein roter Zettel an die Tür. Das heutige Datum erspähen unsere müden Äuglein und dass der Markt an diesem besonderen Tag nur von acht bis dreizehn Uhr geöffnet hat. Dumm gelaufen. Der heutige Feiertag heißt irgendwas mit "Dan faschist...". Als wir im Fremdenverkehrsbüro fragen, welcher Feiertag begangen wird und ob irgendwo Lebensmittel zu ergattern wären, kommen wir mit der jungen Angestellten auf keinen grünen Zweig.

Irgendwie checkt sie nicht, dass es um heute geht, sie erzählt immer was vom 25. Juni, aber der ist erst in drei Tagen. Sie erzählt uns was von einem Staatsfeiertag. Wir deuten dies dann als Gründung der Republik oder ähnliches. Ihr Englisch reicht nicht aus, um den Feiertag zu beschreiben. Gut zu wissen, an dem Tag müssen wir uns also wieder rechtzeitig mit Lebensmitteln – und was man so braucht an Getränken – eindecken.

Andenkenladen mit einem Ständer mit Helmen

Als Nächstes finden wir einen Bäcker für ein verspätetes Mittagessen. Jeder ein Viertel Burek in die Hand und gut is’! Dieses (oder heißt es: dieser?) Burek ist ein mit salzigem Käse gefülltes Blätterteigteilchen. Das beste aßen wir in Dubrovnik. Ein ähnliches Gebäck, gebacken auf einem runden Blech und in Vierteln verkauft, ist bekannt aus Griechenland, nur dort ist der Käse süß. Auch in der Türkei gibt es das Gebäck, dort heißt es Börek. Alle Varianten sind ein Hochgenuss, noch dazu, da sie immer frisch gebacken und noch lauwarm verkauft werden.

Wir bummeln durch die schmalen Altstadtgassen. Schön und malerisch! Und hier beobachten wir das gleiche Phänomen wie schon in Makarska. Auf der Hafenpromenade flanieren Hunderte Menschen. Urlauber sitzen in den zahlreichen Cafés und draußen auf den Terrassen. Aber die schmalen, malerischen Altstadtgassen sind verwaist. Die krummen Gassen, die Jahrhunderte alten Steine, das Morbide, dass in manchen nicht so gut erhaltenen Häusern steckt – das birgt ein Flair und atmet Geschichte – wieso finden das andere Urlauber nicht auch? Wieso halten sie sich lieber in den Geschäften, Cafés und Verkaufsbuden auf, die ach so offensichtlich auf Touristenfang sind?

Wie auf dem Jahrmarkt ist das hier! Wir schlendern durch die Gassen mit den Souvenirbuden. Um festzustellen, dass als Souvernirs seit dreißig Jahren der immer gleiche Schrott verkauft wird: irgendwelche potthässliche Figuren in Farben, die Augenkrebs erzeugen; springende Delphine aus türkisfarbenen Material und von unbegreiflichem Nutzen, Magnetreliefs der Insel XY/des Ortes YZ (ist beliebig austauschbar), die man sich (wohin eigentlich?) pappen kann; zentnerschwere Halsketten mit riesigen Klunkern aus Holz, Muscheln, Korallen und natürlich Plastik (hergestellt in Thailand, aber natürlich Handarbeit), diverse Muscheln, natürlich Klamotten, vom T-Shirt angefangen über Bermuda-Shorts bis Badehosen und Handtüchern. Eine große Mode scheinen die "Braincaps" Marke Streetboy in den grellsten Farben mit passender Sturmbrille zu sein. Und egal ob in Makarska oder auf Krk – die Händler werden vermutlich vom selben Großhändler versorgt – alle Buden bieten identische, meist im Wert und in der Brauchbarkeit zweifelhaften Artikel.

Blick von oben auf eine vorgelagerte Insel auf Krk

Bei 34°C Tagestemperatur kostet es uns zunehmend Überwindung, in die Motorradklamotten zu steigen. Wir tragen zwar ganz leichte lange Funktionsunterhosen drunter, die es etwas erträglicher machen, aber eben nur etwas. Jeder, der uns am Meer sieht, wie wir uns aus unseren GoreTex schälen, wird wohl in uns zwei Verrückte sehen, die bei der Hitze auch noch lange Unterhosen tragen.

Blick von oben auf die Bucht auf Stara Baska

Wir fahren nach Baška und Stara Baška. Zuerst Stara Baška. In südliche Richtung führt eine gute Teerstraße. Gesäumt wird die Straße von hohen Hügeln, die aus Karst bestehen und nahezu kahl sind. Am Straßenrand hinunter parken schon die ersten Fahrzeuge, dessen Insassen zu Fuß zum Baden in die felsige Bucht gegangen sind. Viel ist hier nicht los, von Badegästen abgesehen sieht man niemanden auf der Straße. Es gibt ein paar Häuser direkt an der Straße und einen Fels und Kiesstrand.

Wir halten uns nicht groß auf, drehen um und fahren zurück ins Inselinnere, um nach Baška zu besuchen. Schon besser. Die Straße nach Baška windet sich in zahlreichen Kurven in einen Talkessel hinab. Die Berge sind von Bäumen beschattet und die Luft wirkt gleich frischer. Am Fahrbahnrand weiß Jochen eine Quelle. Wir steuern sie an und erfrischen uns. Herrlich. Schmeckt das gut! Man muss allerdings zur rechten Zeit kommen, um nicht in einer Warteschlange anstehen zu müssen, denn auch Einheimische kennen und schätzen die Quelle. Sie füllen Dutzende Flaschen mit erfrischendem Nass für den Heimbedarf.

Baška. Hier wird es doch wohl irgendwo einen Strand geben, wo man schnell mal in die Fluten springen kann?! Eine Sackgasse, die wir nur fahren, weil sie so malerisch am Wasser entlang führt, endet an einem kleinen Felsstrand. Es steht zwar ein Schild, dass ein Parkticket gezogen werden müsste, wir finden jedoch keinen Automaten, suchen jedoch auch nicht danach. Sie werden uns für die Viertelstunde Erfrischung schon nicht gleich abkassieren.

Blick auf Badestrand mit Felsen auf Krk
Steinplatte mit griechischen Schriftzeichen

Später fahren wir am Ortsanfang von Baška noch die kleine Stichstraße nach Alt-Baška hinauf. Die kleine Serpentinenstraße darf von Kfz nur zwischen sechs Uhr und einundzwanzig Uhr benutzt werden. Nachts ist sie gesperrt. Oben findet man die frühromanische Kirche Sv. Ivan vor. Den gelben Glockenturm sieht man schon von der Küste aus. Er birgt die älteste Glocke der Insel. Rundherum ein Friedhof. Im Friedhofsgelände ein Gedenkstein mit glagolitischer Schrift. Diese Schrift sieht für uns wie eine Mischung aus kyrillischen, griechischen, arabischen und altagyptischen Schriftzeichen aus. Ein sehr interessanter Mix und sehr schön anzuschauen nach dazu.

Diese Schrift sieht aus wie eine Mischung aus kyrillischen, griechischen, arabischen und alt-ägyptischen Schriftzeichen. Ein sehr interessanter, formvollendeter Mix. Die glagolitische Schrift entstand aus griechischen Kleinbuchstaben, denen orientalische Buchstaben beigemengt wurden. Vermutlich wurde sie im neunten Jahrhundert von dem „Slawenapostel“ Kyrillos aus Saloniki im Zuge einer Bibelübersetzung zum besseren Verständnis geschaffen. Heute ist die Schrift nur noch in zahlreichen Inschriften, Drucken und Handschriften zu finden. Verbreitet war sie in Istrien und im Norden der Adria mit Zentrum in Krk.

Von hier oben hat man einen herrlichen Blick auf den breiten Taleinschnitt und die Bucht, in der sich das 1500-Einwohner-Örtchen Baška befindet. Dort unten breitet sich ein breiter und langer Kiesstand aus, an dem sich Sonnenhungrige stapeln. Hundertausend Gäste sollen pro Jahr Baška besuchen. Eine Promenade unter Bäumen birgt zahlreiche Souvenirstände, Restaurants, Cafés und irgendwo fährt eine unmögliche, furchtbar kitschige Bimmelbahn einmal stündlich die Promenade entlang.

Panoramablick der Krk vorgelagerten kahlen Inseln

Ab Valbiska fährt mehrmals täglich eine Fähre nach Cres. Wir überlegen, noch nach Cres rüberzufahren. Gar nicht so einfach, in Krk den Abzweig zu finden. Einmal steht "Valbiska" angeschrieben, dann nicht mehr. Wir probieren mehrere Straßenabzweige aus und landen jedes Mal an einem anderen Campingplatzschlagbaum. Also zurück. Endlich finden wir den Abzweig. Es steht nur noch "Vrh" auf den Hinweisschildern und das muss man erst mal wissen!

Fazit unserer Erkundungsfahrt in den Fährhafen Valbiska und dem anschließenden Nachlesen in unserem kleinen Müllerchen*, um die Fährmöglichkeiten zu ergründen, die uns von der Insel Cres wieder auf's Festland bringen: Wir lassen es. Es wird zu hektisch. Wir würden nur über die Insel Cres und weiter zur Insel Male Losinj düsen, um dort nach einer Nacht die Fähre aufs Festland zu erwischen. Die Nächste fährt erst wieder viel später, zu spät für die verbleibenden Tage.

Vielleicht können wir dann, wenn das Wetter hält, doch noch bei der Heimfahrt den Großglockner einbauen, den wir das letzte Mal bei einem fürchterlichem Regenwetter mit Nebel und einer Sichtweite von zehn Metern überquerten.

Rovinj
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