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Motorradtouren Kroatien Plitvicer Seen

Plitvicer Seen

Plitvicer See mit Wasserfall

Um uns die üblichen Umkleideorgien zu ersparen, wollen wir zum Eingang des Naturparks "Plitvicer Seen" nicht mit dem Motorrad fahren und lassen uns von unseren Gastgebern, der Familie Samardzic* erklären, wie wir zu Fuß hinkommen. Sie meint, bis zum oberen Eingang läge ungefähr zwei Kilometer Wegstrecke. Wir müssten einfach in den Wald hineinlaufen und dem Weg folgen. Nicht zu empfehlen sei die stark befahrene Fernverkehrsstraße, auf der wir gekommen seien.

Im Ort Mukinje, der sich nur zweihundert Meter von unserer Unterkunft entfernt befindet, zweigt ein Weg zum Park ab. Es führt eine einspurige Asphaltstraße durch den Wald. Wir sind scheinbar die Einzigen, die versuchen, den Park zu Fuß zu erreichen. An einer großen Halle mitten im Wald meinen wir dann aber doch auf dem falschen Weg zu sein, denn der Weg endet hier. Wir fragen nach – in der Halle sind Arbeiter am Werkeln. Hier werden vermutlich die reichlich verglasten Panorama-Busse des Parks gewartet. Man sagt uns, wir sollten uns auf dem fünfzig Zentimeter breiten Betonsteg an der Halle vorbeiquetschen, dahinter ginge die Straße weiter. Wir sind noch nicht weit von der Halle entfernt, als ein Panoramabus anhält, der gerade noch in der Halle stand und uns mitnimmt. Perfekte Sonderfahrt! Und anderthalb Kilometer Fußweg gespart.

Ein parkender Touristenbus mit einsteigenden Touristen an den Plitvicer Seen

Die Busse sind gewöhnungsbedürftig. Ein kleiner Bus vorn, aber dahinter zwei größere Anhänger, quasi ein kleiner Zug. Und das auf einer einspurigen Straße, bei der der Hang neben der Straße steil abfällt. Auf dem Motorrad würden wir uns auf dieser Straße eindeutig wohler fühlen!

Diese Busse verkehren in regelmäßigen Abständen zwischen verschiedenen Punkten des Parks. Es wäre eine ziemlich lange Tagestour (zehn Stunden?), wollte man von ganz unten nach ganz oben laufen und müsste dann wieder nach unten zurück, wo das Auto parkt. Überhaupt kann man nur jedem raten, einen ganzen Tag für dieses Naturschauspiel einzuplanen. So mal schnell in zwei Stunden durchrasen – das funktioniert einfach nicht. Und auch in Motorradklamotten würde wir den Rundgang nicht empfehlen oder wenn, dann nur in der kälteren Jahreszeit. Denn da ist einiges an Höhenmetern und Treppenstufen zu überwinden!

Ein steil abfallender Wasserfall an den Plitvicer Seen

Das einzigartige Naturschauspiel der Plitvicer Seen entsteht durch ein typisches Karstphänomen. Es entstanden sechzehn Seen, deren Wasser sich über Stufen und Barrieren in großen Wasserfällen und Kaskaden von einem See in den nächsten ergießt. Die Barrieren werden durch Kalk geformt, der sich durch chemische Prozesse im Wasser ablagert.

Zusammen mit Pflanzen und Moosen bilden sich immer höhere Stufen, das sogenannte Travertin. Im Wasser bewegen sich ruhig Fischschwärme (Forellen?) und stehen oft fast bewegungslos direkt neben den Holzstegen. Vermutlich werden sie oft mit Futter belohnt. Das Wasser ist glasklar und in einem leuchtenden Türkis.

Wanderweg aus Holz entlang eines kleinen Flusses an den Plitvicer Seen

Jährlich wachsen die natürlichen Hindernisse um 1 bis 3 cm, so dass sich mit der Zeit neue Wasserläufe und Abflüsse bilden. Der Naturpark, der sich schon 1949 gründete, ist von der UNESCO in das Weltnaturerbe aufgenommen worden.

Der höchste See liegt 636 Meter, der niedrigste 136 Meter über dem Meeresspiegel. Sie nehmen ihren Anfang in zwei kleinen Flüssen – der Crna und dem Bely (Schwarzer und Weißer Fluss). Von den Bergabhängen fließen sie dann im Fluss Matic zusammen und bilden den ersten Wasserfall.

Ein Fischschwarm im glasklaren Wasser der Plitvicer Seen

Der Park ist knapp 30.000 ha groß. Nur zwei Prozent der Fläche sind Besuchern zugänglich. Es leben in den urwaldähnlichen Wäldern Rehe, Wildschweine, Wildkatzen, Braunbären und Wölfe.

Das beste Route ist unserer Meinung nach die von den unteren Seen zu den oberen. Dann hat man den großen Wasserfall an den unteren Seen von der Sonne beschienen vor sich. Nachteil ist für Lauffaule und Fußkranke – aber nicht für uns – dass man oft bergauf steigt. Trotzdem sind die Panoramen bei dieser Abfolge die schöneren.

Über den "großen See", dem Kozjak-See, fahren leise und umweltschonende Elektroboote, die einen Teil der Strecke per pedes ersparen. Dort gibt es große Picknickplätze, ein Selfservice-Restaurant und Souvenir-Buden. Und Toiletten. Es ist eine Erholung, schließlich einfach mal ganz in Ruhe mit dem Schiff dahinzugleiten. In Ruhe – vorausgesetzt, dass die hundert Gäste auf dem Schiff keine Italiener sind.

Es bleibt trotzdem noch genug Wegstrecke, wenn man bis ganz nach oben gehen will und auch noch Panoramapunkte dazwischen anläuft. Oft läuft man auf holprigen Holzbohlen oder auch auf naturbelassenen felsigen Stiegen. Gutes, bequemes Schuhwerk ist zu empfehlen. Einen Tag sollte man für die Besichtigung einplanen. In zwei Stunden und vielleicht noch "ganz nebenbei" in Motorradklamotten ist das nicht zu empfehlen und auch nicht zu schaffen.

Ab der Mitte der Seen, beim Eingang 2, lichtet sich die Zahl der Besucher. Die meisten wollen zunächst den großen Wasserfall am Eingang 1 sehen. Der Elan reicht oft nur bis zur Mitte der Seen.

Zwei aus dem Wasser ragende Baumstümpfe in den Plitvicer Seen

Als wir ganz oben am letzten Punkt ankommen, fünf Stunden, nachdem wir unten losliefen, fahren wir zwei Stationen mit dem Panoramabus zurück, um von da aus wieder zu unserem Dorf Jezerce zurückzulaufen. Zwei Kilometer bergauf und kein Bus nimmt uns mit, Scheibenkleister! Das kroatische Fitnessprogramm.

Wir unterhalten uns viel mit Familie Samardzic* über die Zeit während des Balkankriegs. Frau Samardzic ist immer gut drauf. Sie erzählt uns von den Zeiten während des Krieges. Dass sie ihr Mann und sie erst als Letzte gingen, als schon an drei Seiten vor Plitvice die Front lag und sie nur noch ins zwanzig Kilometer entfernte Bosnien ausweichen konnten. Dort wohnten sie dann vier Jahre. Ihr Sohn wurde in Bosnien geboren.

Als sie nach vier Jahren zurückkamen, fanden sie ein leeres, geplündertes Haus mit kaputtem Dach und ohne Fenster vor. Sie renovierten das Haus komplett – was ihnen sehr gut gelungen ist. Sie beschrieb die Ursache der Schäden: "Egal, ob Wasser, Feuer oder Militär – die Schäden sind die gleichen!"

Insel Krk
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