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Tour-Highlights Italien Lombardei Rocca d'Anfo | Idrosee

Rocca d'Anfo | Festung in luftiger Höhe über dem Idrosee

Rocca d'Anfo vom See aus fotografiert

Die Rocca d'Anfo zieht sich über die Felsen oberhalb von Anfo und ist dessen Wahrzeichen. Leider ist die Bedeutung kaum einem Touristen bekannt, der die Gegend besucht. Darum: Wer auf der Uferstraße fährt – Augen nach oben!

Jahrelang konnte man den umfangreichen Gebäudekomplex entweder nur aus der Ferne bewundern. Oder sich über Schleichwege von der Seite her auf's Gelände schummeln. Nicht ganz legal, aber interessant.Es gibt Wege, besser gesagt Trampelpfade. Man muss nur wissen wo. Unsere Erkundung auf Schleichwegen liegt schon einige Jahre zurück. Mittlerweile steht an dem Abzweig des Weges vom Passo del Mare ein Schild, das den Durchgang verwehrt. Ein Fußpfad führt seitlich vom Passo del Maré an die Anlage heran und unter anderem quert man ein Kar. Für eine Begehung sollte man Zeit mitbringen. Selbst die Führungen, die an wenigen Sommerwochenende stattfinden, dauern drei Stunden. Besucher sollten etwas Kondition mitbringen. Ich sag nur: 300 Höhenmeter.

Die serpentinenreiche Kopfsteinpflasterstraße, die die Gebäude in dem äußerst steilen Gelände früher verbunden hat, ist noch vorhanden, gleichwohl sie von vereinzelten Kiefern bewachsen wird. Es ist ein eigenartiges Gefühl, wenn man auf einer Straße entlangläuft, ständig Kiefern ausweichen muss und mit Müh und Not die steinernen Begrenzungspoller am Straßenrand findet.

Kriegsdenkmal Rocca d'Anfo im Wald

Die ersten Konstruktionspläne zeigen eine Absperrung mit Granitstufen, die vom Seeufer bis zu den emporragenden Felsen reichte und von einer hohen Doppelmauer umgeben war. In Korrespondenz zu der Straße, die Richtung Tirol führte, waren Truppenunterkünfte die wichtigste Bastionen, um den Pass gegen eventuelle bewaffnete Angriffe zu sperren und um im Transitverkehr Steuern auf Menschen, Tiere und Waren einzuziehen.

Die Fundamente der Festung wurden von der Republik von Venezia errichtet, die das Gebiet Val-Sabbino von 1426 bis 1797 regierte. 1450 wurde Conte Gian Francesco Martinengo mit der Aufgabe betraut, so sicher die Pläne einer Grenzbefestigung entlang des Flusses Caffaro oder der Ausweitung einer Festung auf dem Rücken von San Antonio di Caster zu übertreffen.

Von dieser Befestigung, die bis zum Anfang dieses Jahrhunderts intakt geblieben ist, kann man noch sehr gut das doppelte Mauerwerk erkennen. Bis zum Beginn des napoleonischen Zeitalters diente dieser Komplex als Grenzfestung, dann erforderte die veränderte Kriegstechnik eine Strukturveränderung der Gebietsverteidigungssysteme. Die napoleonischen Ingenieure gaben somit die venetianischen Strukturen auf und begannen mit einem grandiosen Projekt der Vergrößerung. Dieses Projekt wurde zuerst an François Nicolas Benoit Haxo übergeben und anschließend von François Joseph Didier Liedot weitergeführt. Diese erstellten zunächst eine detaillierte Gebietskarte und passten die Strukturen gemäß der neuen Theorien der berühmten "Ecole Polytechnique" an die abschüssige Natur der Gegend an.

Aussichtsturm der Rocca d'Anfo am Idrosee

Man wollte eine Festung mit einem kleinen Hafen realisieren, der etliche Schiffe aufnehmen konnte mit der Bestimmung, die Schifffahrt zu überwachen, und der Fähigkeit, die berühmte Straße Richtung Österreich zu dominieren. In den vielen bebilderten napoleonischen Tafeln besetzt und schließt diese Festung die große Straße Tirols: Es sind zwei gerade Linien, die eine auf der Seeseite und die andere auf der Seite der Böschungen, die die mittlere Region des Censo von der niedrigeren Region trennt. Zwischen diesen zwei Linien befindet sich eine Bucht, die Boote vor Wind schützte. Der Platz zwischen den zwei Linien, der sehr steil ist, wurde in zwei horizontale Terrassen geteilt, um Waffen für die Verteidigung zu installieren.

Blick auf Festungsanlage Rocca d'Anfo

Die Terrassen werden durch Mauern von zehn Meter Höhe gehalten und sind durch Treppen miteinander verbunden. Die letzte dieser Terrassen dient als Abschottung gegen den See und hat eine Brüstung hinter der man Kanonenteile aufstellen konnte. Die Terrassenbauweise setzte sich in allen Teilen fort, so auch unter der Erde, wo sich Konstruktionen befinden, die für die Lagerung von Lebensmittelvorräten und Kriegmaterial bestimmt sind. Oberer Teil der venezischen Absperrung mit den charakteristischen durch hohe Mauern abgeschirmten Granittreppen.

Die gesamte Anlage ist gleichzeitig traditionell und innovativ: traditionell vor allem aufgrund der Halbmondform und weil der Graben in der gewohnten Weise angebracht ist – innovativ, weil die Anlage so mit einer Folge von Terrassen errichtet ist, dass alle Straßen, die hindurchführen, überwacht werden können. Haxo und Liedot haben mit ihrer Arbeit eine Neuerung hervorgebracht, nämlich bei der baulichen Erweiterung und Verstärkung der Festungsanlage Kasematten mit Kanonen auszustatten wie auch 1811 in Modlin (bei Warschau) und Danzig geschehen.

Ganze Ansicht der Rocca d'Anfo

Um die Begegnung zweier feindlicher Truppen zu erschweren, schlugen die Ingenieure vor, den Berghang mit zwei Laufgräben auszustatten, einen zum Gipfel des Cuchetto, den anderen zum Gipfel des Censo, beide verbunden durch eine verstärkte Verteidigungsmauer.

Die von den beiden Ingenieuren ausgearbeiteten Entwürfe stellen eine grundlegende Etappe in der Geschichte der Kartographie dar und die Gebäude, die innerhalb von nur zehn Jahren (1802 bis 1812) mit 2,5 Millionen Francs realisiert wurden bezeugen die Anstrengung, aus Rocca d'Anfo eine der grandiosesten und mächtigsten Festungen Europas zu gestalten. Der Fall des napoleonischen Reiches verhinderte die Vervollständigung des mittleren und unteren Teils.

Die weiteren baulichen Maßnahmen bis zum heutigen Zustand wurden von den Österreichern und dann vor allem vom italienischen Reich zwischen 1860 und 1910 durchgeführt. Panoramaansicht der Rocca vom Süden 1813, als die österreichische Armee sich nach Italien bewegte, um das napoleonische Imperium zu stürzen, bestand die Rocca aus einem verstärkten Schützengraben in Richtung des Dorfes Anfo, verteidigt von einer Kaserne mit dem Namen Rocca Vecchia, die ihrerseits die venezianischen Geschützstellungen überragte.

200 m über dem See befanden sich Wachposten, die durch eine Mauer mit Schießscharten und Treppenstufen mit der Anlage verbunden waren. Gegen Trentino entstand eine Serie von Anlagen und Kasernen, im Norden befand sich der steile Abgrund.

Diese Verteidigungssysteme hießen: Batteria Tirole, einhundert Meter über dem See – Batteria Rolando, 150 Meter – Belvedere Superiore, 250 Meter über dem See. Ein Gang bestand aus einer Lünette, genannt "Rocca Alta", die die beiden zuvorgenannten Fronten auf 200 Metern Höhe verband.

Blick auf Teile der Befestigungsanlage Rocca d'Anfo

Sie beinhaltete eine Kaserne und eine mit Kanonen ausgestattete Kasematte. 50 m unter der Lünette befand sich die "Batteria Bonaparte" (später in "Batteria Anfo" umbenannt), die zur Verteidigung der Straße zwischen Rocca Vecchia und der Batteria Tirolo diente. Über allem, auf 300 m Höhe, befand sich ein runder Turm mit zwei Stockwerken. Schützengräben, kleine Plätze, Rampen, überdachte Straßen und Brunnen vervollständigten die Festung.

Die Staatsstraße von Caffaro unterbricht heute das damalige Gebiet. Richtung See verbleiben die Ruinen der "Batteria Statuto" mit ihrer Grenzmauer, während die Zone, die sich zur Straße hin ersteckt zweigeteilt werden kann: der hohe Teil mit Bauwerken, die Verteidigungscharakter haben, bestehend aus Unterführungen, Munitionslager, Beobachtungsposten, der niedrigere Teil mit Gebäuden, die Wohncharakter haben, militärischen Unterkünften, Lager und Eselsställen.

Rocca d'Anfo wurde 1914 zusammen mit den Festungen Val-Ledrane und Cima Ora erneut befestigt. Fast alle Stellungen wurden nie benutzt. Während des Krieges dienten sie vor allem als Waffen- und Munitionslager. Die Einwohner von Anfo lebten somit in ständiger Besorgnis. Die militärische Anlage, die heute noch sichtbar ist, bildet eine Dreiecksform mit einer ungefähren Seitenlänge von einem Kilometer entlang des Idroseeufers. Der Rest erstreckt sich Richtung Osten zum Berg Censo hin (371 Meter – 1050 Meter).

Rocca d'Anfo am Ufer des Idrosees bei Anfo

In der Nacht des 13. Juni 1917 verursachte ein Brand eine Explosion einer Reihe von Baracken, die alle mit Munition gefüllt waren. die Explosionsgefahr bestand auch nach dem ersten Weltkrieg weiter. Ein Brand am 12. August 1924 zerstörte die wunderschöne "Rocca Vecchia".

Am 26. April 1945 dagegen ließen die Deutschen, die sich auf dem Rückzug befanden, die Munition in der "Batteria Statuto" verschwinden. Nach dem Krieg (1915 bis 1918) verlor die Rocca d'Anfo jegliche strategische Bedeutung und wurde langsam aber stetig nur noch als Munitionslager genutzt. Seit 1975 hat die Rocca d'Anfo keinerlei militärischen Nutzen mehr. Bis heute ist sie unbewohnt geblieben und wird nur noch von einem Wächter gepflegt. Im Jahre 1981 hat eine Steinlawine die interne Straße, die zu den Gebäuden der "Rocca Alta" aus napoleonischer Zeit führt, unterbrochen.

Man muss nicht mehr auf Schleichwegen hineinschlüpfen. Mittlerweile finden in der Rocca offizielle Führungen statt. Zwischendurch war das Gelände zwar wegen Steinschlag erneut geschlossen, aber nach Sicherungsarbeiten finden an vier bis fünf Sommerwochenenden Führungen statt. Das ist wenig, aber besser als nichts.

Ab 15. August bis 20. September | Jeden Samstag und Sonntag
Start: 8:30 + 15:00 Uhr
Erwachsene 10,- Euro | Kinder bis 12 Jahre 5,- Euro

Alle Angaben ohne Gewähr. Für aktuelle Infos bitte die Website besuchen:

Fremdenverkehrsverein Valle Sabbia
Tel.: + Fax: 83 224 0365 CELL. 3663381511
www.roccadanfo.eu

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