Motorradtouren Erzgebirge Westerzgebirge Talsperre Eibenstock

Talsperre Eibenstock mit Bikertreff

Blick von der Talsperre Eibenstock aus auf den darunter liegenden Stausee.

Eibenstock – dieser Name steht für eine kleine Bergstadt am Fuss des Auerbergs. Den Auersberg nehmen wir uns später auch noch "zur Brust". Bekannt ist jedoch vor allem die große Talsperre Eibenstock. Rechts von uns tut sich plötzlich der Blick auf einen See auf. Mit viel Wasser. Sehr viel Wasser. Achtzig Millionen Kubikmeter. Aus der grössten Trinkwassertalsperre in Sachsen werden einige hunderttausend durstige Erzgebirger mit dem kostbarem Nass versorgt.

Zwei Motorradfahrer stehen mit ihren Motorrädern am Bikertreff der Talsperre Eibenstock.

Genau hier, an der Staumauer, hat sich ein Grund zum Anhalten positioniert. Der Bikertreff "Talsperrenblick" verlockt uns zu einer Runde Benzingespräche. Es ist angenehm warm und auch andere Motorradfahrer hat die Sonne aus der Stube gelockt, wie man hier das Wohnzimmer ganz offiziell nennt (und ganz nebenbei: das Schlafzimmer ist die Kammer). Nur ein paar, vielleicht zehn, zwölf Motorräder verteilen sich auf dem recht großen Parkplatz. Im Sommer bei bestem Motorradwetter ist das hier DER Motorradtreff im Erzgebirge. Dann treffen sich an guten Tagen bis zu 250 Motorradfahrer am Imbiss, der für 150 Personen Biertische und Bänke bereithält. Wer nicht an den Tischen seine Bratwurst futtert, der tanzt um die Motorräder herum und redet Benzin. Oder schaut den anderen Fahrern zu, die in der ausladenden Kurve ihre Motoren röhren lassen.

Blaues Motorrad MZ ETZ3 150 mit Satteltasche als alter Aktenkoffer

Zwei ältere Herren genießen die kleine Rast. Einer hat geschätzt ein paar Jährchen mehr als wir auf dem Buckel. Anfang bis Mitte sechzig vielleicht. Der andere jedoch hat locker zwei Jahrzehnte mehr als wir auf der Uhr. Respekt! Sehr fein, das macht Hoffnung auf ein langes Motorradfahrerleben. Das Thema "Motorradfahren im Rentenalter / mit 60+" rückt auch bei uns so langsam in den Fokus. Zwar liegen noch einige Jahre bis dahin vor uns (aber viele sind es nicht mehr), jedoch hoffen wir, dass wir mit über Sechzig immer noch so fit sind, ein Motorrad zu bewegen. Vor allem: so fit sind, um auch wie bisher längere Reisen damit zu unternehmen.

Einstieg in unser Gespräch sind einerseits die Motorräder, beides schon ältere Baujahre, aber im Besonderen die originelle Variante einer Satteltasche an der MZ. Der Hammer! Eigentlich war das Ding in seinem ersten Leben ja mal eine Aktentasche, uralt muss sie schon sein, aber sicher nicht besonders oft genutzt, denn das Leder glänzt wie neu. Nun ist es eine originelle Satteltasche an einer blauen MZ ETZ 150! Der Besitzer erzählt uns, dass die Tasche ein ganz frischer Scheunenfund ist und dass er sie heute morgen sofort an sein Mopped basteln musste. Sehr geil.

Zwei Männer im Imbissstand vom Bikertreff Talsperre Eibenstock

Die laute Musikbeschallung am Imbiss ist etwas gewöhnungsbedürftig. Was ist denn das? Volksmusik? Gepaart mit Marschmusik? So richtig deuten können wir dieses Musikgenre nicht, nur eine Vermutung keimt so langsam in uns auf. Dann dieses rote Schild mit weißer Fraktur-Schrift: "Volksgenossen, wahrt Verkehrsdisziplin". In welches Milieu sind wir denn hier geraten?

Drei Motorräder auf Straße zur Talsperre Sosa

Nur wenige Minuten, aber viele Kurven später, stehen wir an der kleinen Schwester der Talsperre Eibenstock, der Talsperre Sosa. Die 2000-Seelen-Gemeinde Sosa ist bekannt für die Kohlenmeilerei. Schon seit dem 14. Jahrhundert wird im Erzgebirge Holzkohle hergestellt, dieser Handwerkszweig ist eng mit Silbererzbergbau und den Hüttenwesen verbunden. Rund um Sosa standen Kohlemeiler, in denen die Köhler das in großen Mengen benötigte Brennmaterial für die Zinn- und Eisenhütten herstellten.

Während wir von Sosa aus die Schwarzenberger Straße (S 274) hinauf Richtung Jägerhaus und Schwarzenberg tuckern, erblicken wir nach der ersten 90°-Kurve linkerhand ein weitläufiges Gelände mit großen schwarzen Silobehältern. Sosa und Holzkohle wurden jahrzehntelang in einem Atemzug genannt. Nur so wie hier auf dem Gelände stellt man sich solche Kohlenmeiler nicht vor, schnöde Eisensilos, völlig unromantisch!

Schild vor der letzten Köhlerei im Erzgebirge von Silvio Gläser
Einige Meiler zur Herstellung von Holzkohle stehen auf dem Betriebsgelände der Köhlerei Gläser.

Hier arbeitet er, Silvio Gläser, der letzte Köhler des Erzgebirges. Auf dem Gelände ist leider niemand zu sehen, so können wir nur einen Blick von außen auf die großen schwarzen Behälter erhaschen.

Bis in die siebziger Jahre gab es in Sosa einen Schaumeiler, in dem die Kohle in einer Prozedur, die zwischen ein und drei Wochen dauerte, zu Holzkohle verschwelt wurde. Bis vor kurzer Zeit arbeiteten in Sosa noch zwei Köhlerbetriebe, jetzt ist nur noch einer übriggeblieben, der gegen die mächtige und billige Konkurenz aus Asien ankämpfen muss. Man darf sich die Köhlerei nicht mehr so althergebracht mit diesen Erdmeilern vorstellen. Schon lange werden keine Erdmeiler mehr aufgebaut, heutzutage wird das Holz in großen Stahlbehältern verkohlt, allerdings in wesentlich kürzerer Zeit.

In der letzten Juniwoche findet alljährlich ein Köhlerfest statt – wer also gerade zu dieser Zeit mit dem Motorrad durch's Erzgebirge surft, hat gute Chancen einen echten Meiler rauchen zu sehen! Das Restaurant "Meiler", wie ein runder Erdmeiler mit einem spitzen Dach gebaut, versorgte schon damals und heute immer noch in der Nähe der Talsperre hungrige Ausflügler mit erzgebirgischer Küche.

So, wenn wir jetzt noch eine kleine Umkleideorgie hinbrächten und die Motorradklamotten gegen Wanderkleidung eintauschen würden, könnten wir den zwölf Kilometer langen Köhlerweg entlang wandern, der hier an der Köhlerei seinen Anfang nimmt und zu zahlreichen alten Köhlerplätzen führt. Aber die Gashand juckt und der Auersberg ruft ...

Auersberg
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