Sloup v Čechách | eine wahrhaft herausragende Felsenburg

Der Morgen fängt mit einem deftigen Frühstück in der Gaststube an.
Dieses Gasthaus in Mařenice ist die preiswerteste Unterkunft bisher. Vermutlich hat das Gasthaus auch nur das eine Fremdenzimmer. Es scheint zwar in den Gemeinden Mařenice, Horni Svetla, Dolni Svetla und Krompach einige Ferienhäuser zu geben, die man wochenweise mieten kann - vor allem, wenn man sich in den Buchungsplattformen wie booking.com und Co umschaut. Jedoch für Durchreisende - so mal schnell für eine Nacht - ist das Angebot nicht überragend.
"Ihr habt euch wohl verfahren?"

Wir lassen den Boxer ruhig durch die schönen Dörfer tuckern. Idyllischer und verträumter geht es nicht. Ruhig, malerische Landschaft, traditionelle Häuser, ohne Trubel. Touristen …. hier? Wir haben keine gesehen.
Am Straßenrand entdecken wir ein Bächlein, das aus einem Rohr plätschert. Darüber eine Stange mit vier bunten Henkeltassen. Fast wie bei Oma. Da stand auch immer ein große Kanne Tee in der Küche und davor eine Familientasse, die jeder benutzte, der Durst hatte. Hier sind es eben eher "Dorftassen" ...
Als wir die malerischen Umgebindehäuser fotografieren, spaziert eine Oma vorbei und fragt uns spitzbübisch in akzentfreiem Deutsch und mit einem breiten Grinsen im Gesicht: "Ihr habt euch wohl verfahren?"

Kurze Zeit später erreichen wir Sloup, eine kleine 700-Einwohner-Gemeinde. Hier finden wir die Sloup v Čechách (Burg Bürgstein oder auch Einsiedlerstein) auf einem schmalen, 30 Meter hohen und 100 Meter langen Sandsteinfelsen, der wie ein Fremdkörper aus einem kleinen Ort herausragt.

Wir erklimmen die Felsenburg über Dutzende Stufen. Der Felsen ist schon seit dem Mittelalter besiedelt, ab dem 14. Jahrhundert wurden er immer mehr befestigt, zeitweise als Einsiedelei genutzt. Ab dem 17. Jahrhundert wurden hoch in den Lüften Gebäude im Sinne des Barock und später der Romantik gebaut. Lange Zeit machte sich die Adelsfamilie Kinsky um den Besitz verdient. Keine Ahnung, ob die mit dem abgedrehten Schauspieler Kinsky verwandt sind. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Besitz verstaatlicht und zum Kulturdenkmal benannt.

Wir erkunden die verwinkelten Räumlichkeiten auf dem Felsen. Erst als wir wieder gehen wollen, treffen weitere Besucher ein. Eine lebensgroße Statue des letzten hier oben ansässigen Einsiedlers steht auf einer Aussichtsplattform und hält mit einem großen Fernrohr Ausschau nach neuen Gästen.
Plötzlich hören wir Musik. Sie scheint aus der kleinen Kirche zu kommen. Bestimmt wird immer, wenn genügend Leute die Burg besuchen, die Musikbeschallung eingeschaltet? Beim Herabsteigen dringen aus der Felsenkirche himmlische Klänge an unser Ohr.
Ein Musiker in Schlabber-T-Shirt, Bermudahose und alten Schlappen spielt Geige und ein zweiter bedient ein Keyboard. Die zwei kennen wir doch? Die lümmelten vorhin auf einem Bänkchen beim Kartenverkäufer herum, aber wir hätten sie nie und nimmer für Musiker gehalten, die ihre Instrumente so beeindruckend beherrschen. Soeben beginnen sie "Halleluja" von Leonhard Cohen zu spielen. Ruckzuck - aber sowas von Ruckzuck! - sitzen wir auf den kleinen Bänken in dem rund 30 Quadratmeter großen Raum und lauschen. Halleluja! Welch wundervolles Musikstück! Und noch eins und noch eins. Wenn es uns in unseren verschwitztem Zustand nicht zu ungemütlich in dem kühlen Gemäuer geworden wäre, hätten wir noch wesentlich mehr Sitzfleisch bewiesen.

Zurück am Parkplatz erkunden wir die Örtlichkeiten. Hier gibt es einige Souvenirstände, einen kleinen Imbiss und ein Toilettenhäuschen. Eigentlich hätte ich es ja wissen müssen. Wir haben im "Pansky dum" übernachtet, auf deutsch: Herrenhaus. Wir werden später noch beim "Pansky skala" vorbeifahren, auf deutsch: Herrenhausfelsen. Und was hab ich in der Toilette zu suchen, die mit "Pani" beschriftet ist? Shame on me. Gottseidank kam mir kein Pan entgegen, nur die Klofrau hat's gesehen ...
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