Motorradtouren Kroatien Klagenfurt-Revival-Tour

2PS-Klagenfurt-Revival-Tour

Bepacktes Motorrad vor der Abfahrt nach Kroatien

(Red. Jochen:) Wir fummeln uns in die Regenklamotten, denn die Wetterprognose und die ausgestreckte Hand verheißen nichts Gutes. Dicke Wolken und viel Regen. Und das bis Montag. Nur dumm, es ist erst Samstag!

Die grobe Planung sieht vor, über Klagenfurt/Kärnten nach Rijeka/Kroatien zu fahren, um dort die Fähre nach Dubrovnik zu nehmen. Die Wetterprognose für Dubrovnik ist um einiges freundlicher als für Nordkroatien. Wir hoffen auch ohne Buchung ein Ticket für eine Kabine zu bekommen, obwohl unser kleines Müllerchen* schreibt, dass man in der Saison die Fähre schon monatelang vorbuchen soll. Nur – was ist Saison? Wir hoffen, dass der Juni noch nicht zur Saison zählt.

Es regnet und regnet und langsam entwickelt sich ein feuchtwarmes Biotop in unseren Kombis. Erst in Kitzbühel können wir für eine Stunde aufatmen, als der Regen aufhört. In Böckstein erreichen wir den Bahnhof der Bahnverladung wieder bei Regen. Gerade fährt ein Zug ab. Aber der Nächste ist unserer. Diesmal fahren wir nicht über die Tauern, sondern durch sie hindurch.

Pause am Pass Thurn

Wir haben ein besonderes Motto für diese Touretappe von Augsburg nach Klagenfurt: es ist die 2PS-Klagenfurt-Revival-Tour. Mit Siebzehn bin ich in einer 24Std-Gewalttour mit einem 2PS-Mockick zusammen mit einem ebenso schwach motorisierten Freund von Augsburg nach Klagenfurt gefahren. Pass Thurn mit zwei PS – das war eine weitaus größere Herausforderung als heutzutage für unsere BIG TURTLE. Auf dem Gepäckträger ein selbstgezimmertes Sperrholztopcase mit einem batteriebetriebenen Kassettenrekorder. Queen mit "Bicycle Race" zu mitternächtlicher Stunde – welch ein Feeling!

Schwer bepacktes Motorrad steht parkend vor der Bahnverladung Böckstein/Malnitz

Die Autoschleuse Tauernbahn verbindet durch den Tauerntunnel das Gasteinertal in Salzburg mit dem Mölltal in Kärnten und ist die staufreie Alternative zur Tauernautobahn. Die Bahnhöfe befinden sich in Böckstein sowie in Mallnitz-Obervellach. Stündlich fährt mindestens ein Zug, aber in den Sommermonaten werden zusätzliche Züge eingesetzt, so dass spätestens alle halbe Stunde ein leerer Zug am Gleis steht.

Es hat sich alles verändert. Die Waggons sind nicht dieselben wie damals, auch stellt sich nicht wie vor dreißig Jahren die Gewissheit ein, etwas Besonderes zu tun. Lediglich das alte Fahrkartenbüro steht noch. Alles ist ausgebaut, technisiert und Komfort pur. Die Personenwagen des Zuges sind vollklimatisiert, wir fläzen in bequem gepolsterten Sitzen und hören kaum verständliche Durchsagen.

Bei der ersten Durchquerung 1979 wurde die Honda CB50 und der Vespa-Roller noch in geschlossenen Holzwaggons transportiert. Damals, eisenhart wie wir uns fühlten, durften wir sogar bei unseren Moppeds im stockdunklen Waggon bleiben. Mann, waren wir Helden!

Einweiser auf der Bahnverladung mit schwer bepacktem Motorrad

Die Autos werden hintereinander in offene Waggons gefahren und die BIG TURTLE darf als letzte rein. "Bitte das Mopped auf den Seitenständer stellen und den ersten Gang einlegen!" so lautet die Anweisung des Gelbbejackten. Schnell noch bisserl verzurrt, dann dürfen wir uns für die nächsten zehn Minuten in die bequemen Sessel des Personenwagens lümmeln.

Bei Ankunft in Mallnitz fragt der Bahnbedienstete: "Und ... steht sie noch?" "Wieso? Gibt's da irgendwelche Bedenken?" "Nun, wenn eine umfällt, dann is' es die GS von BMW... wegen des hohen Schwerpunkts." ??? ... ??? Puuuh! Glück gehabt.

Einweiser der Bahnverladung kontrolliert die Befestigung eines schwer bepackten Motorrades

Auf der südlichen Seite der Tauernschleuse: schönster Sonnenschein, 25°C – wir schälen uns aus den Regen-Klamotten und hängen sie zum Trocknen über ein Absperrgitter. Es sieht aus wie in einem Zigeunerlager. Die Wolken bleiben (hoffentlich) alle drüben an den Tauern hängen.

Die Hoffnung ist vergebens. Kurz nach dem Millstädter See beschließen wir angesichts der blickdichten Wolke im Tal vor uns, unsere Regenkombis wieder anzuziehen. Als wir fertig sind, dehnen wir unsere Rast unter einem Vordach eines Supermarktes noch etwas aus. Petrus leert Badewannen über uns aus. Unser lieber Freund Martin staunt nicht schlecht, als wir pünktlich zwei Minuten vor neunzehn Uhr bei ihm auftauchen. Perfekt getimt – Augsburg – Klagenfurt – auf die Minute genau. Von ehemals vierundzwanzig Stunden Nonstop mit zwei PS haben wir die Anfahrtszeit auf knapp elf Stunden reduziert.

Klagenfurt | Postojna | Slowenien
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