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Augustusburg ... wo sich die Elefanten treffen

Motorrad fährt auf Straße. Im Hintergrund die Augustusburg.

Eine Tour ins Erzgebirge ohne die Augustusburg mit seinem Motorradmuseum besucht zu haben ist kaum vorstellbar. Und eine Tour, ohne längere Zeit auf Sichtweite zur Augustusburg immer drumherum zu fahren, auch nicht. Es ist einfach eine nette Gegend zum gemütlichen Dahincruisen.

Jaja, wir geben es zu. Unsere Warmduscher-Mentalität hat uns bisher von einem Besuch des Elefantentreffens auf der Augustusburg abgehalten. Ein Besuch zu einer wärmeren Jahreszeit ist nicht minder lohnend – vor allem benötigt man nicht diese Unmengen an Grog oder Glühwein, um bei winterlichen Temperaturen im Zelt (brrr!) zu überleben. Wir parken unten in der Stadt (es gibt auch weiter oben einen gebührenpflichtigen Parkplatz direkt vor der Burg) und steigen per pedes wieder mal einen Berg hinauf. Das Schicksal jedes Erzgebirgsbesuchers. Das Schicksal eines jedes Erzgebirgsbesuchers: Muskeltraining. Und Muskelkater.

Blick auf die entfernt liegende Augustusburg

Da ist sie wieder: die dunkle Seite unserer Seele. Wir kaufen Eintrittskarten für das Motorradmuseum – und für den Kerker.

In den Gebäuden der Augustusburg befinden sich außer des erwähnten Museums noch ein Kutschenmuseum, ein Museum für Jagdtier- und Vogelkunde des Erzgebirges, eine Ausstellung zur Baugeschichte der Burg, eine Schlossgaststätte und ein Weinkeller. Seit 1989 ist auch der Turm des Lindenhauses wieder zugängig. Bei schönem Wetter hat man von hier einen sagenhaften Rundblick, angefangen vom Völkerschlachtdenkmal in Leipzig bis zum Fichtelberg mit der höchstgelegenen deutschen Stadt Oberwiesenthal. Im ehemaligen Bärengraben der Burg werden heute 45minütige Falkner-Vorführungen veranstaltet.

Bis 1547 stand auf dem 516 m hohen Berg die Schellenburg. Die Besiedelungsgeschichte des Erzgebirges lässt es am wahrscheinlichsten erscheinen, dass diese "Urburg" im 11. bis 12. Jahrhundert als Straßenburg erbaut wurde. 1547 brannte ein großer Teil der Schellenburg nach einen Blitzschlag ab.

Kurfürst August I. (1526 bis 1586) wollte sich mit dem Bau dieses mächtigen Schlosses ein Denkmal setzen. Im Herbst 1567 begann man, die alte Brandruine der Schellenburg abzureißen, die nur einen Bruchteil der Größe der späteren Augustusburg hatte. Der Bau zog sich hin: Mal konnte das Baumaterial nicht schnell genug herangeschafft werden, so dass Handwerker entlassen werden mussten. Dann stoppte der hereinbrechende Winter 1568 wiederum die Bauarbeiten. In der Zwischenzeit wusste man kaum noch wohin mit den Mengen an Baumaterial, die Lotter während des Winters heranschaffen ließ. Im Jahr 1570 war der Bau immer noch nicht fertiggestellt, Kurfürst August wurde immer ungeduldiger. Er verpflichtete Lotter mit einem Vertrag, Teile des Schlosses zu einem Festtermin und mit begrenzten Geldmitteln fertig zu stellen.

Goldenes Wappen über dem Tor der Augustusburg
Detailaufnahme vom goldenen Wappen über dem Eingang der Augustusburg
Blick in den Innenhof der Augustusburg

Die größte Schwierigkeit bereitete die Bereitstellung von Wasser auf dem Berg. Ein Versuch, Wasser in Röhren von Waldkirchen auf den Berg zu leiten, misslang ebenso wie das Wasser aus dem Fluß Zschopau in Kupferröhren hinauf zu pumpen. Da befahl der Kurfürst, einen Brunnen direkt auf der Burg zu bauen. Sieben Jahre vergingen, bevor man 130 Meter unter dem Schloss auf Wasser stieß.

Der Kurfürst hatte befohlen, dass alle Wilddiebe des sächsischen Landes "andern wildbreth dieben zv abschey" mit der Arbeit am Schlossbau bestraft werden sollten. Abends wurden sie wie Vieh in Ställe eingesperrt. Nachdem drei von ihnen die Flucht gelungen war, befahl Kurfürst August I., dass sie: "...fur vnd fur im Bronnen bleiben, darinnen liegen vnnd Inen Ire notturft am haspel aus vnd einziehen lassen bisz Sie wasser ersincken."

Um 1568 erließ der Kurfürst einen Befehl, nach dem Handwerksmeister und Gesellen ihre Arbeitskraft erst Lotter anbieten mussten, bevor sie sich anderen Aufträgen zuwenden konnten. 1572 wurde das Bauwerk endlich fertiggestellt. Die Fertigstellung des Schlosses erlebte Lotter nicht mehr. Er hatte den Bau mit privaten Geldmitteln vorangetrieben, nachdem der Kurfürst den finanziellen Rahmen immer enger gesteckt hatte. Am Ende hatte er 15.000 Gulden investiert, die er von August I. nicht zurück erhielt. Hieronymus Lotter starb total verarmt in Geyer.

Blei wird nach hundert jahren zu silber ...

Die Augustusburg in ihrer jetzigen Gestalt ist nicht die Burg, wie sie vor mehr als 400 Jahren erbaut wurde. Bereits 1575 mussten die ersten Renovierungen vorgenommen werden. Im 17. Jahrhundert entfernte man die Bleiabdeckungen der umlaufenden Ballustrade, weil man damals der Meinung war, dass Blei nach hundert Jahren zu Silber wird. Welche abstrusen Vorstellungen unsere Ahnen hatten! Durch die nun eindringende Feuchtigkeit war man Ende des 18. Jahrhunderts gezwungen, die Ballustrade und die Erker der Eckhäuser abzutragen.

1813 wurde die Burg zum Flüchtlingslazarett für verwundete und kranke Soldaten der Armee Napoleons. In dieser Zeit brach der Hungertyphus aus, auch die Stadt wurde nicht verschont. Der städtische Friedhof reichte für die vielen Toten nicht aus – noch heute ist der im Wald gelegene "Franzosenfriedhof" bekannt.

Blick auf einen Torbogen der Augustusburg

Eine düstere Zeit begann mit der Machtübernahme Hitlers, als zeitweise bis zu 120 Häftlinge – meist Kommunisten – in einem "Schutzhaftlager" eingekerkert waren und umfangreiche Umbauarbeiten ausführen mussten.

Ab in den Kerker!

Ohne einen Kerker ist eine Burg keine richtige Burg. So besitzt auch die Augustusburg ausgedehnte Kerkergemäuer. In diesen düsteren Räumen finden wir eine reiche Auswahl an Folter- und Hinrichtungswerkzeugen. Illustrationen und Anleitungen für Inquisatoren des Mittelalters jagen uns einen Schauer nach dem anderen über den Rücken.

Viele Werkzeuge wie Daumenschrauben und Fußpressen sind bekannt. Auch verschiedene Mittel, mit dessen Hilfe streitsüchtige Weiber an den Pranger gestellt und Bäcker zu Schau gestellt wurden, die zu kleine Brötchen buken. Die ausgestellte "Hexenwaage" ist ziemlich perfide: Mit dieser wurde festgestellt, wie schwer die als Hexe beschuldigte Frau war. Da Hexen ja bekanntlich durch die Lüfte fliegen können, nahm man an, dass sie sehr leicht sein müssten.

Wog eine Beschuldigte deshalb unter vierzig Kilogramm, so war erwiesen, dass sie die Hexenkunst beherrschte! Bei einer im Mittelalter durchschnittlichen Frauengröße von 1,50 Meter dürfte es nicht schwer gewesen sein, unter vierzig Kilogramm zu wiegen ...

Das Hinrichten von Straftätern artete damals zum Volksspektakel aus. Ähnlich wie heute tausende Besucher zu Volksfesten strömen, so zog es die Bürger im finsteren Mittelalter zu diesen jahrmarktähnlichen Grusel-Veranstaltungen. Das ging so weit, dass eine Stadt, die in einem Jahr keinen Delinquenten zum Hinrichten hatte, sich einen aus einer Nachbarstadt beschaffte, um den Bürgern das Ereignis präsentieren zu können. Ganz schön makaber, die Sitten anno dazumal.

Von der Draisine bis zur Rennmaschine

Es ist schon beeindruckend vor soviel geballter Vergangenheit zu stehen. Von den Anfängen des Motorrades (im Bild die Draisine) bis hin zu modernen Maschinen der Gegenwart ist im Museum der Augustusburg so ziemlich alles vertreten, was Rang und Namen hat.

Man sieht das definitiv erste, wirklich erwähnenswerte Gerät, das wirklich die Bezeichnung "Motorrad" verdient. Es ist eine Daimler aus dem Jahre 1885, mit 261 cm³, 6,5 PS, brachte stolze neunzig Kilogramm auf die Waage und erreichte seine Höchstgeschwindigkeit bei 12 km/h. Aufpoliert bis zum Anschlag. Alle Modelle in einem besseren Zustand als manches neue, wenig gefahrene Motorrad. Selbst eine alte Tankstelle von 1926 ist ausgestellt. Ausstaffiert mit Puppen, lässt sich der Tankalltag vor fast hundert Jahren gut nachvollziehen.

Oldtimer Motorrad in der Ausstellung in der Augustusburg

Natürlich kennen wir die erste Laufmaschine des Herrn Drais: die Draisine. Die abenteuerlichsten Konstruktionen sind hier zu bestaunen. So auch ein Sternnaben-Motor, der sich komplett mit dem Rad dreht und somit dem Motorrad den nötigen Vortrieb verleiht.

DKW, Horch, Wanderer und was sonst noch das Oldtimer-Herz begeistern kann ist vertreten. Die Wiege des Automobilbaus ist zu einem großen Teil in Zschopau zu finden. DKW zum Beispiel durfte sich 1928 als größte Motorradfabrik der Welt bezeichnen.

Die Rennmaschine MZ RZ 250/3 aus dem Jahre 1977 brachte mit ihren 250 cm³ bei 62 PS satte 240 km/h auf die Strecke. Formschön waren die Alltags-DDR-Motorräder nicht. Sie wurden oft aus der Not heraus entwickelt, einen fahrbaren Untersatz für jeden Tag zu schaffen. Dafür konnte man sie als ziemlich unkaputtbar bezeichnen. Und ganz unter uns: ich wusste zwar, dass da unten in dem Gummibalg eine Kette lief, hingegen: Kette fetten oder sogar austauschen – was ist das? So eine MZ, die lief und lief und lief ...

Exponate der Motorradausstellung
Exponate der Motorradausstellung
Exponate der Motorradausstellung
Exponate der Motorradausstellung
Exponate der Motorradausstellung
Exponate der Motorradausstellung
Exponate der Motorradausstellung
Exponate der Motorradausstellung

Wer in einem besonderen Rahmen heiraten möchte: im Schloss befindet sich im Wirtschaftsgebäude ein schöner Trausaal & eine "Glücksschmiede" im Hasenhaus! Angegliedert ist auch eine Jugendherberge mit hundert Betten.

Nur wenige Kilometer entfernt führen zwei alte gedeckte Holzbrücken über die Flüsse Flöha und Zschopau, in Hennersdorf und Hohenfichte. Beide haben wir in unsere Tour auch eingebunden. Dazu an einer anderen Stelle mehr.

Augustusburg
Besucherbüro
Tel.: 03 72 91 | 3 80 18
www.die-sehenswerten-drei.de

Schloss Augustusburg, Schloss Lichtenstein, Burg Scharfenstein

Wegbeschreibung
Vom Bahnhof Erdmannsdorf fährt eine Drahtseilbahn hinauf
nach Augustusburg (Länge 1247 m, Fahrtzeit ca. 8 min.)

Hetzdorf-Viadukt
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