Motorradtouren Baltikum Tour 1 | Litauen & Lettland Litauen Trakai

Trakai – Urlaubsbeginn Nummero Zwei

Burg Trakai vom Ufer aus gesehen

Am nächsten Morgen sind wir fix und fertig. Vor allem von der Warterei, denn nachdem wir gestern Abend alles gepackt haben, ist nichts mehr zu tun. Um 10 Uhr kommt die Mitarbeiterin einer Vilniuser Leihwagen-Firma und bringt uns einen VW Jetta. Beim BMW-Händler schrauben wir die fast leeren Koffer ans Motorrad – verzichtbare Dinge wie Tankrucksack und Regenklamotten werden in die Koffer gestopft – übergeben die Schlüssel und machen uns schleunigst von dannen. Den Rest erledigt der ADAC. Beziehungsweise dessen litauischer Partner. Dass er natürlich auch einen unserer Koffer erledigt: Pech.

Helme, Pfeil und Bogen an Souvenirstand bei der Wasserburg

Endlich! Raus aus der Stadt und nichts wie weg! Nur 27 km südwestlich von Vilnius residierte eine Großfürstenfamilie inmitten einer malerischen Landschaft von Seen, Wäldern und Hügeln in einer Wasserburg. Bekanntester Vertreter dieser Großfürstenfamilie war Gediminas, der im 14. Jahrhundert die neue Hauptstadt Vilnius gründete. Nachdem Trakai im 17. Jahrhundert von Kosaken zerstört wurde, baute man die roten Backsteingemäuer ab 1952 wieder auf.

Trakai ist die meist fotografierteste Burg des Landes – und die einzige Wasserburg. Als noch die Währung Litas herrschte, zierte das leuchtend-rote Gemäuer den Zwei-Litas-Schein. Dass hier einiges an touristischem Trubel herrscht, kann man sich vorstellen. Wir parken am Straßenrand vor farbenfroh angemalten Holzhäusern. Karäische Holzhäuser. Die Karäer sind eine winzig kleine Volksgruppe mit ganz besonderer Geschichte. Sie entstammen ursprünglich einer im 8. Jahrhundert gegründeten jüdischen Sekte. Die asketisch lebenden Karäer wurden als Palastwachen nach Litauen geholt. Heute leben noch rund fünfzig Karäer in Trakai und 250 im ganzen Land. Sie sprechen eine eigene Sprache und sind die kleinste Volksgruppe in Litauen.

Als wir anhalten, schießt ein Mann auf die Straße und deutet auf sein Grundstück. Da könnten wir auch parken, meint er, für wenige Euros. Doch warum sollten wir den kostenlosen Parkplatz am Straßenrand tauschen?

Verschieden farbige Bernsteinketten

Bei der Brücke zur Burg haben sich viele Souvenirstände breitgemacht. Trakai befindet sich zwar nicht an der Ostsee, aber Bernstein ist an allen Ständen ein tausendfach wiederholtes Thema. Ob alle diese Ketten und andere Souvenirs wirklich aus natürlichem „echten” Bernstein bestehen?

Denn „Echt Bernstein” kann auch künstlich hergestellter Pressbernstein sein. Bei diesem werden kleinste Bruchsplitterchen, ja sogar Schleifstaub wieder zu einem neuen größeren Bernsteinstück zusammengefügt. Unter hohem Druck und Temperaturen entsteht so ein neuer „echter” Bernstein, oft auch „Ambroid” genannt, der von einem originalen Fundstück kaum zu unterscheiden ist. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja auch chinesischen Bernstein aus billigem Plastik?

An den Stegen schaukeln Boote auf dem Wasser und die angrenzenden Cafés bieten Erfrischungen an. Im Sommer fährt hier auch ein Dampfschiff ab, aber Anfang Juni zählt vielleicht noch nicht zum Sommer. Wir können jedenfalls keines entdecken.

An den Stegen schaukeln Boote auf dem Wasser.

Fast sieht es so aus, als rage die fünfstöckige Wasserburg direkt aus dem See heraus. Sie ist über zwei Holzbrücken erreichbar. Die zweite Holzbrücke endet unmittelbar vor einem mächtigen Torturm, durch den man das große Areal mit seinen bis zu sieben Meter hohen Mauern betritt. Hier endet dann unser Besuch. Auf ein Museum zur Geschichte der Burg und des litauischen Staates haben wir gerade keine Lust. Ein Blick in den Innenhof – und schon sind wir wieder weg.

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