Nymphengrotte | Kloster Katharà
Wir entschließen uns spontan am Ende unserer dreiwöchigen Griechenlandtour, die vorwiegend Nord- und Mittelgriechenland gewidmet ist, die Insel Ithaka zu besuchen. In dem Reigen der Ionischen Inseln fehlt uns dieses Inselchen noch. Nachdem wir im Haus Captain's Apartments* in Kioni untergekommen sind, fahren wir am frühen Nachmittag des Ankunftstages nach Vathi, vorerst "unten" an der Westküste entlang.
Die Bergstrecke mit ihren Serpentinen sparen wir uns für den nächsten Tag auf. Aber auch die Fahrt "unten herum" ist atemberaubend. Hundert Meter über dem Meer, die Nachbarinsel Kefalonia in Sichtweite, schlängelt sich die Straße durch das felsige Gelände. Ab und zu ohne jegliche Randsicherung. Ein mulmiges Gefühl im Bauch ist das, auch wenn der Verstand sagt, dass die Leitplanke auch nur einen psychologischen Schutzeffekt hätte.
Von Lefki zweigt eine Straße ab, die noch tiefer am Meer entlang führt. Sie ist asphaltiert, aber nach einigen Kilometern geht die Straße in Schotter über. An einer Stelle ist der Straßenbelag zur Hälfte den Hang hinuntergerutscht, zwei Pylonen und ein Geröllhaufen kennzeichnen das große Loch.
Bergdorf Anoghi |
ruhepol auf der odysseusinsel
Besonders gut, weil völlig touristenfrei, gefällt uns das halbverlassene Bergdorf Anoghi. Wenn man die Bergstrecke fährt, muss man dort hindurch. Anoghi ist eine der ältesten Siedlungen Ithakas. Heute leben hier nicht mal mehr hundert Einwohner.
Ein Kafenion gleich an der Kirche dient zugleich als kleiner Krämerladen, die Regale an der Wand hinter dem Thresen sind mit einigen wichtigen Dingen gefüllt, die man zum Leben braucht. Wir lassen uns von den zwei Tischen vor dem Kafenion einladen und bestellen zwei Frappé. Abgesehen vom Wirt sind wir ganz allein. Nur ein Hund leistet uns Gesellschaft. Das Leben scheint nach griechischen Maßstäben noch mal einen Deut langsamer zu laufen. Auch beim Frappè-Preis, der dem griechischen Durchschnitt hinterherhinkt.
Richtung Stavros entdecken wir noch ein Hinweisschild auf eine Kirche, wie immer irgendein "Agios". Wir folgen dem Schotterweg durch eine felsige Landschaft, werden aber nach ein paar hundert Metern von einer Herde Ziegen und einem kleinen Transporter, der mitten auf dem Weg steht, ausgebremst. Alles retour. Im Nordteil der Insel erkunden wir in gemächlicher Fahrt die Dörfer Kalamos, Exogi und wie sie alle heißen. Nette Dörfchen mit einsamen, meist einspurigen Sträßchen.
Nymphengrotte |
der blitz leuchtet uns den weg
In jedem Reiseführer oder touristischem Prospekt findet man die Nymphengrotte erwähnt, in der Odysseus seine Schätze versteckt haben soll. Unweit des kleinen Dörfchens Dexia befindet sich in Richtung Vathi ein Abzweig zu der Höhle. Noch zwei Kilometer auf einer teilweise asphaltierten Straße. An einem schattigem Platz (das einzig breitere Stück der Strasse lässt sich unschwer als Parkplatz erkennen) parken wir unsere "Turtle". Auf dem dreißig Meter langen Trampelpfad von der Höhle treffen wir ein varaderofahrendes Paar aus Wien, die gerade wieder unverrichteterdinge herunterstiefeln wollen. Sie berichten, dass die Höhle – eigentlich – geschlossen ist. Die Betonung liegt auf "eigentlich".
Zusammen sehen wir uns noch einmal die Örtlichkeit an. Ein Maschendrahtzaun soll ungebetene oder nichtzahlende Gäste abhalten und ein Eisentor verschließt den engen Höhleneingang. In der Hauptsaison, schreibt unser Reiseführer, sei der Besuch der Höhle kostenpflichtig. Davon ist jedoch nichts zu sehen. Der Drahtzaun davor ist schon halb niedergetrampelt und das grüne Eisentor lehnt nur unschlüssig am Fels.
So ist es für uns vier keine große Hürde, die Hindernisse zu überwinden. Die beiden Wiener haben gottseidank eine Taschenlampe im Gepäck. Wir zwar auch, aber die liegt wie immer in unserem Zimmer. Wie Aale schlängeln wir uns durch den handtuchbreiten Eingang. Nach zwei Metern "verlässt" uns das Tageslicht. Über ein paar rutschige Felsabbrüche tasten wir uns nach unten, immer bemüht, dass Kopf und restliche Körperteile heil bleiben. Nur der Strahl der Taschenlampe erhellt uns ein paar Einzelheiten der Höhle.
Am besten sehen wir die Höhle, wenn wir mit der Digitalkamera ein Bild "blitzen" und es uns dann auf dem Display anschauen. Aha, so sieht's hier aus... Vor uns geht es viele Meter steil in die Tiefe. Zehn Meter? Zwölf Meter? Wir können nicht bis zum Boden sehen. Eine eiserne Stellage führt in die Tiefe, vielleicht das Gerüst einer Treppe, bei der die Stufen abgebaut sind?
Die Höhle scheint in der Hauptsaison elektrisch beleuchtet zu sein. Die vorhandenen Lampen amüsieren uns: In Reihe geschaltete, nackte Glühbirnen. Darüber Fastfood-Aluschalen als Reflektoren. Griechische Elektriker sind offensichtlich Geizhälse und beschränken sich auf das Wesentliche!
Tour zum kloster kathará
Es gibt zwei verschiedene Routen, um vom Südteil der Insel in den Nordteil zu gelangen. Die erste Route führt hundert Meter über dem Meer an der Westseite entlang. Nur ein anderthalber Kilometer Wasser trennen uns von der Nachbarinsel Kefalonia.
Die zweite Route, für Motorradfahrer die interessantere, führt von der sechshundert Meter breiten Landenge, die den Süd- vom Nordteil trennt, in Serpentinen hinauf zum Bergrücken des "Niriton Oros" (in anderen Quellen auch "Neritos" genannt). Von Serpentine zu Serpentine wird der Blick auf die Bucht von Dexia und Vathi schöner.
Nur den Müll, u.a. die verrosteten Reste eines Lastwagens, den man ohne Rücksicht auf die Schönheit der Landschaft den Abhang hinuntergekippt hat, muss man geflissentlich übersehen. So sind sie, die Abfallbeseitigungspraktiken der Griechen. Da heißt es: Augen zu und Kameraobjektiv drüber weg... Der Bergrücken ist karg und felsig. Macchia ist das einzige Gewächs, das sich tapfer dem im Frühjahr und Sommer wehenden, feuchten "Shirocco" aussetzt.
Nach ein paar Kilometern Fahrt zweigt ein gut asphaltiertes Sträßchen zum Kloster Kathara ab, das in einer Höhe von 550 Metern über dem Meer liegt. Zwei Hunde begrüßen uns am Klostertor. Der jüngere von beiden, ein schwarzer Labrador-Verschnitt, mit freundlichem Pfötchen- und "Küsschengeben", der zweite, eine undefinierbare ältere Hundemama, mit skeptischen Blicken und tiefem Grummeln.
Im Klostervorhof pferchartige Umzäunungen, die darauf schließen lassen, dass hier gelegentlich Ziegen oder Schafe gehütet werden.
In einem Torraum, der mit zwei großen Eingangstüren das eigentliche Kloster abgrenzt, stehen die Türen weit offen. Wir treten ein. Links neben der Tür sitzen zwei alte Leutchen. Schüchtern fragen wir, ob wir uns ein bißchen umschauen dürfen. An der Kirche klärt uns ein Schild auf, dass diese Kirche ein "holy place" ist und Besucher sie doch bitte in angemessener Kleidung betreten sollen. Das kennt man schon von den Meteora-Klöstern: keine Shorts, keine nackten Schultern. dass Frauen Röcke tragen MÜSSEN, davon ist hier allerdings keine Rede. Es ist auch keiner da, der eine eventuelle Sittenwidrigkeit überwachen könnte und wir sind die einzigen Besucher auf dem Gelände. Eine sehr prunkvolle Kirche, über und über mit Fresken geschmückt, sehr viel Gold und Glanz. An der Decke eine Schnur, die quer durch die Kirche gespannt wurde, und daran hängen Dutzende von Weihrauchgefäßen. Irgendein Mönch scheint eine Sammlernatur zu sein.
Als wir wieder vor der Kirche stehen, huscht ein wohlgenährter Mönch über den Klosterhof. Hier soll eine Familie leben, das werden wohl die zwei alten Leutchen am Eingang sein. Ob die Fernsehantenne auf dem Dach des Klosters den weltlichen oder den klerikalen Bewohnern des Klosters zuzurechnen ist?
Vathi | Kioni | Burg des Odysseus