Motorradtouren Türkei Rundtour Mittelmeerküste Motorradtreffen Marmok

Motorradtreffen Marmok auf Resadiye

Motorradtreffen Marmok auf Resadiye

Ein halbes Jahr vor unserer Tour lesen wir in einem Motorrad-Forum, an der Mittelmeerküste fände ein großes Motorradtreffen statt. Irgendwo bei Marmaris. Zeitpunkt sei das Wochenende bevor wir wieder mit der Fähre heimfahren. Das wird knapp – werden wir eine Woche vor Abfahrt der Fähre schon in der Nähe sein? Vermutlich nicht!

Doch während der Tour kommt es anders. "Jawa-Ali" aus dem türkischen Teil Zyperns, den wir unterwegs kennenlernen, bekniet uns... Wir sind leicht unschlüssig, aber letzten Endes hatten wir keine große Diskussion: Diese Gelegenheit wollen wir uns dann doch nicht entgehen lassen.

im schlepptau einer Istanbuler motorradgruppe

Bei einer Tankrast beratschlagen wir, welches unser heutiges Tourendziel sein soll. Eigentlich wollen wir die Strecke von Side bis Datça – auf der Halbinsel Resadiye, wo irgendwo das Motorradtreffen sein soll – in zwei Tagen fahren. Und eigentlich ist es nicht vorteilhaft, wenn wir uns in der nächsten Ortschaft eine Unterkunft suchen, da es bis Datça dann nur noch 120 Kilometer sind. Aber gut, wir haben ja auch schon ein paar Kilometer hinter uns und am frühen Abend dieses sagenhafte Schotterstück mit Teerpampeneinlage (dazu mehr unter OFFROAD). Wir befinden uns auf der Straße nach Marmaris, das als bekannter Urlaubsort bestimmt genug freie Betten anzubieten hat. Es ist mittlerweile 19:00 Uhr.

Motorradgruppe steht an der Straßenseite

In einer Tankstelle steht eine Gruppe Motorradfahrer aus Istanbul, wie wir an dem Kennzeichen, beginnend mit 34, erkennen. Wir quatschen sie an – zwei Mädels schaun' uns an, als kämen wir vom Mond. Eigenartig, sie verziehen keine Miene. Haben wir eine Tarnkappe auf? Nehmen wir mal zu ihren Gunsten an, dass sie kein Englisch verstehen!

Gottseidank spricht einer der Männer englisch. Mit diesem können wir uns verständigen und wir fragen nach dem Motorradtreffen. Im Internet hatten wir im Vorfeld keinerlei Infos gefunden, allerdings auch nicht besonders eindringlich danach gesucht. Es gibt zwar eine Website, aber nur auf Türkisch, wie wir später sehen. Und da nützen uns unsere deutschen Suchbegriffe recht wenig.

Wir machen ihm begreiflich, dass wir auch gern zu dem Treffen wollen, dass wir aber erstens gar nichts drüber wissen, geschweige denn, wo es stattfindet und zweitens ob er uns ein Hotel empfehlen kann. Sofort hat einer der anderen ein Handy am Ohr und telefoniert. Drei Minuten später haben wir im gleichen Hotel wie die Gruppe, im Apart Hotel Fora*, ein Hotelzimmer.

Der Zimmerpreis ist gewiss ein Verhörhammer
Mehrere Motorradfahrer fahren auf eine rote Ampel zu

Grandios. Das ist wieder absolute Spitzeklasse! Wir lieben die Türken und ihre unglaubliche Hilfsbereitschaft. Sie wollen uns ins Schlepptau nehmen, wir sollen ihnen einfach folgen.

Der Preis des Zimmers im Apart Hotel Fora* kommt uns etwas spanisch vor: Man nennt uns einen Preis pro Person von zwölf Euro. Ham' wer uns verhört? Wer weiß, was das für eine Bruchbude sein wird? Auf der anderen Seite: wenn's uns nicht zusagt, können wir ja am nächsten Morgen wieder ausziehen. Wo es genau hingehen soll, können wir immer noch nicht sagen. Wir nehmen mal stark an: Marmaris, denn da ist unseren Wissens das Treffen. Was sich später in zweifacher Hinsicht als Irrtum herausstellt.

Strand von Resadiye

Wir fahren nach Marmaris ... Wir fahren durch Marmaris ... Und fahren aus Marmaris raus. Der größte Ort von Resadiye, der ja sowieso unser Ziel für morgen wäre, nähert sich erstaunlicherweise immer mehr. Wir landen nach hundert Kilometern Fahrt zusammen mit den Istanbulern in Datça, dem Hauptort der Landzunge in einem netten Hotel. Es ist 21:30 Uhr. Das war eine Mammuttour von Side hierher, aber auch eine der abwechslungsreichsten! Die letzten Kilometer war schlichtweg DIE Traum-Motorradstrecke mit dem Meer mal linker Hand, mal rechter Hand.

Marmok – Testosteron, Männerbäuche & türkisches Brauchtum

Das ist unser Hotel? Für zwölf Euro pro Nase? "Hier bleiben wir länger!" – unser erster, laut geraunter Gedanke in unserer Sprechanlage. Wir haben einen Pool und zum Meer sind's nur ein paar Stufen. Wenn jetzt das Zimmer noch okay ist ... Der Preis ist es. Vermutlich genießen wir einen Bonus durch die Protektion des türkischen Mitfahrers. Bei unserer Abreise stellt sich dann heraus, dass wir haargenau den gleichen Bonus-Preis wie die Gruppe Motorradfahrer zahlen. Obwohl wir durchaus mitgekriegt haben, dass es Diskussionen mit dem Hotelpersonal wegen uns gab, denn wie wir auch später erfuhren, hätte das Appartement für Ausländer 100 YTL kosten sollen – wir zahlen aber den türkischen Preis von 45 YTL. Aber das Zimmer ist sehr schön und die Hitzewelle wird uns wohl hier ein paar Tage bleiben lassen ...

Am nächsten Morgen stellt sich die Bekleidungsfrage. Wir haben 38 Grad im Schatten. Selbst die Türken sagen, dass diese Hitzewelle mindestens drei Wochen zu früh kommt. Und die Zeitungen vermelden die heißesten Juni-Tage seit zwanzig Jahren. Es kostet eine Heidenüberwindung, in die Motorradklamotten zu steigen. Wir werden unserem Vorsatz untreu und ziehen nur Helme und Stiefel an. Der Rest besteht aus fahrlässigem T-Shirt und lange Zip-Hose.

Musiker auf dem Motorradtreffen Marmok Mehrere Personen aufgestellt zum Gruppenfoto Zweim Männer unterhalten sich auf dem Motorradtreffen in Resadiye Verkaufsstände auf dem Motorradtreffen in Resadiye

Das Treffen war letztes Jahr in Marmaris, aber dieses Jahr findet es rund fünfzig Kilometer meerwärts auf der langen Halbinsel Resadiye statt. Am Eingang werden wir in Englisch herzlich begrüsst und müssen 10 YTL abdrücken. Als Gegenleistung bekommt jeder eine Tüte mit einem T-Shirt und bißchen Schnickschnack. Wir suchen Jawa-Ali und finden auch sehr schnell seinen kleinen Stand. Später auch Jawa-Ali selber. Es gibt einige türkische Verkaufsstände im Gelände. Selbst BMW ist hier und Hein Gericke. Harley Davidson ist da und andere kleinere Ausrüster in Sachen Leder und Zubehör.

Wir wandeln zwischen den Ständen und machen Augen und Ohren auf, ob wir Deutsche sehen oder deutsche Wortfetzen wahrnehmen. Aber lange Zeit haben wir Fehlanzeige. Überall türkische Fahrer, meist in Grüppchen unterwegs, sodass ein Anschluß sehr schwierig erscheint. Es soll zwar laut Jawa-Ali einige in Deutschland lebende Türken hier geben, aber wie sollen wir die erkennen? Die sprechen untereinander garantiert türkisch.

Wenn wir etwas kaufen wollen, müssen wir sowieso meist englisch benutzen. Wir sprechen eindeutig mehr englisch als deutsch. Das Meer ist in dieser Bucht wesentlich wärmer, aus welchem Grund auch immer. Wir ziehen uns am Motorrad um und stürzen uns in die Fluten. Irgendwann spricht uns einer an: "Ihr sprecht die Muttersprache meiner Tochter!". Er wohnt seit 35 Jahren in Dortmund und heißt Osman. Herrlich, ein Türke mit Ruhrpott-Dialekt.

Kurze Zeit später steht neben uns ein Paar, dass so überhaupt nicht türkisch aussieht. Bingo. Ein Hanseate und seine Frau, die in der Türkei leben und mit ihrem Schiff Charter betreiben. Durch das Gespräch mit ihnen kommen ruckzuck noch einige andere dazu. Ein türkischer Badener – noch lustiger zu hören: ein Schwäbele, namens Hayati von den freebikers.tr.

Gelbes Motorrad steht an Baum und ist verbunden mit einem Gummispanner

Zwei weitere gesellen sich zur Runde. Schweizer mit türkischem Pass. Ha! Na, das klingt erst: Türkisch mit Schweizer Dialekt. ("Oder?") Es werden jetzt stündlich mehr. Es kommen auch immer wieder neue Leute an. Wir hätten besser am Samstag herkommen sollen.

Als wir uns jeder ein Kokoreci genehmigen, fragt mich Jawa-Ali mit großen Augen, ob ich denn wüßte, wie die gemacht würden. Ich sage: "Ja, weiß ich, aber mir schmeckt es trotzdem gut." Bewundernde Blicke rundherum ;-) Kokoreci wird aus Innereien gemacht und gegrillt, ein umstrittenes (vor allem in der EU), aber bei den Türken heißgeliebtes Gericht.

Ganz zuletzt gesellt sich beim Abschiednehmen von Jawa-Ali noch ein Türke zu uns, der uns gern überredet hätte, noch eine Runde mit ihm über den Platz zu gehen. Aber es ist abends um zwanzig Uhr und bei Dunkelheit möchten wir in unserer fahrlässigen Bekleidung nicht zurück zum Hotel fahren. Die Türken sind fast alle vorschriftsmäßig mit Motorradkleidung ausstaffiert. Ab und zu sieht man auch Jeansfahrer, aber die sind in der Minderheit. Die Türken haben außerdem Knieschützer zum Obendrüberschnallen, die auf den ersten Blick den unsrigen Inliner-Knieprotektoren entsprechen. Wir lassen uns solche Schützer vorführen: diese haben ein Gelenk, sodass das Knie voll beweglich ist. Ein Istanbuler meint, das wäre zwar was für kurze Fahrten, aber der optimale Schutz einer Motorradhose wäre damit nicht gegeben.

Die Oberfläche der türkischen Straßen entspricht in etwa einer überdimensionalen Raspel. Ein Sturz dürfte sehr schmerzhaft sein. Man könnte zwar glauben, rau wäre gleichzusetzen mit sehr griffig. Aber das ist ein fataler Fehlschluss. Zwischen den groben Splitsteinchen quillt flüssig der Asphalt hervor.

Resadiye