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Offroad durch Westanatolien

Motorrad fährt auf langer unbefestigter Straße durch Westanatolien

(Red. Jochen) Wir kommen im Süden der Türkei öfters in die Verlegenheit, auf Naturstraßen unterwegs zu sein. Aber was heißt Verlegenheit, das sind herrliche Leckerbissen!

Nur die Türken, die uns den Weg zeigen wollen oder sollen, warnen uns und schicken uns generell in eine Richtung, wo es eine gut ausgebaute Straße gibt, die flotteres Fortbewegungstempo erlaubt.

Keiner kann es verstehen, wenn wir dann trotzdem in die Richtung fahren, von der sie behaupten, die Straße sei da zu Ende. Sie war nie zu Ende (zumindestens nicht dort, wo die Türken es uns weismachen wollten), sondern verlief als geschotterter Weg weiter durch die oft karge, aber meist wunderschöne Landschaft.

Kurz vor Antalya (diese große Stadt ersparen wir uns definitiv) biegen wir nach Norden ab – ab in die Berge. Schon nach relativ kurzer Zeit verspricht die Landschaft ein abwechslungsreiches Weiterkommen. Zwei nette kleine Stauseen (zwei mit dem gleichen Namen, die sich nur durch Nr. 1 und Nr. 2 voneinander unterscheiden) liegen direkt neben der Straße. "Steffi" meint, wir müssen in der Mitte dieses Sees nach links in die Berge abbiegen. Stimmt zwar nicht ganz, aber der Abzweig kommt nach weiteren zwei Kilometer Fahrzeit. Die Straße führt in gemütlich zu befahrenden Kurven hinauf. Der Untergrund ist zwar nicht mehr ganz so griffig wie auf der Hauptstraße (viel Splitt), lässt sich aber mit Ausbalancieren der gesamten Fuhre gut schaffen.

Mitten durch die Pampa
Motorradfahrer sitzt mit Einheimischen im Schatten im Gespräch Einheimische Frau steht vor Mopped ihres Mannes im Schatten Einheimischer sitzt an seinem Mopped auf dem Boden und trinkt Tee

(Red. Elke) Wir entschließen uns dazu, "Steffi" trotz ihrer groben Karten die Handlungsgewalt über unsere weitere Fahrtstrecke zu übergeben. Dies war die beste Entscheidung der gesamten Tour! Weg von den großen Straßen, durch kleine bis kleinste Dörfer, Landleben pur, teilweise kurze Schotterpassagen mitten durch den Ort.

Traktorentreffpunkte (so vermuten wir ;-) mitten auf dem Dorfplatz. Wir halten in einem namenlosen Dorf unter einer der Millionen Atatürk-Denkmale, die es in der Türkei gibt und verschaffen uns Orientierung mit der Karte.

Unweit von uns an einem Bauernhof winkt man uns zu sich. Wir werden auf die Sitzkissen an der Hauswand gebeten und mit Cola versorgt. Holla! Kein Tee? Ob das eine besondere Ehre ist, statt Tee Cola serviert zu bekommen? Auf jeden Fall schmeckt mir die Cola besser als der schwarze Tee. In Deutschland trinke ich beides nicht. Aber jede Einladung ablehnen will man ja auch nicht. Mit Händen und Füssen (und Karte) erklären wir unsere Reiseroute.

Auch hier stellen wir wieder ein Phänomen fest: Zeigt man einem Türken einen Kartenausschnitt von einem Gebiet, in dem man sich gerade bewegt, faltet er die Karte komplett auseinander, um dann mit den Augen und Fingern wieder zu dem Kartenausschnitt zurückzukehren. Er kann sich in dem großen Gebiet nicht orientieren. Er weiß vielleicht, wie er in den nächstgrößeren Ort gelangen kann, aber wohin es dann weiter geht, interessiert nicht. Man kommt ja aus dem Kaff nicht raus. Die ganze Familie versammelt sich. Ein junges Mädchen versucht sich in einigen englischen Mini-Fragen. Aber schon bei unserer Antwort muss sie meistens schulterzuckend zugeben, dass sie die Antwort nicht versteht.

Salda Gölü – see inmitten einsamer Berge
Panoramablick auf den Salzsee Salda Gölü

Die Strecke führt uns zwischendurch immer wieder durch herrlich untouristische, aber landschaftlich sehr sehenswerte Gegenden. So erreichen wir irgendwann im westanatolischen Binnenland das Seengebiet (Göller Bölgesi) bei Burdur und Isparta.

Der schönste See dort oben ist der Salda Gölü. Türkisblau vor einer anmutigen Bergkulisse! Und weißer Strand. Erst vermuten wir, an einem Salzsee zu stehen und das Weiss am Strand wäre Salz: aber so ganz stimmt Geruch und Geschmack nicht.

Das Wasser schmeckt eher kalkig (Frauen müssen alles in den Mund nehmen, gell? ;-)) und das Weisse sieht aus wie Kalkschlamm. Jetzt (dank Internet ;-)) wissen wir, es ist kein Salzsee. Mineralienhaltiger See ist wohl die bessere Bezeichnung. Er enthält vor allem Soda und Magnesium und die Ablagerungen am Ufer sind demzufolge Magnesiumsalze. Badende oder Urlauber sehen wir nicht. Wir parken an einem Hotel, um an den Strand hinunter zu laufen, aber auch dieses Hotel sieht verlassen aus.

Und irgendwann meint unsere liebe "Steffi": "Da müsst ihr abbiegen nach Mugla!" Die Straße verläuft schon nach relativ kurzer Zeit (jedenfalls vom Teerbelag her) im Sande. Oha, das wird ja wieder zur Piste! In den Ortschaften verstehen die Leute nicht mehr ganz, was da angerumpelt kommt und was die hier verloren haben. Aber egal, "Steffi" kennt sich hier aus – die war hier schon einmal. Schotter pur. Da es aber eine ausgeschilderte Verbindungsstraße ist, hält sich die Größe des Schotters in Grenzen. Es macht Spaß, die Landschaft so zu genießen. Es ist schon spät am Nachmittag. Die Zeit scheint uns etwas knapp zu werden, da es hier in den Breitengraden relativ schnell dunkel wird.

Handgemalte Mugla-Schilder
Motorrad auf unbefestigter Straße in Westanatolien Motorrad fährt offroad durch den Wald in Westanatolien Hinweisschild nach Mugla im Nirgendwo von Westanatolien

(Red. Jochen) | Die erste Flussdurchfahrt bahnt sich an. Äußerst unspektakulär, aber eben eine Wasserdurchfahrt. Ach, ist das herrlich! Das sind genau die Situationen, von denen man 340 Tage im Jahr träumt. Dann ist es soweit und nach wenigen Augenblicken, in denen man nasse Stiefel und glänzende Augen bekommt, kann man wieder 340 Tage lang träumen!

Die Straße führt geschottert (ach was!) erst durch hügeliges Gelände und dann durch ein ausgedehntes Waldgebiet mit zahlreichem Auf und ab. Das Highlight ist die Schlucht, die lange Zeit einem Flusslauf folgt und der auch wir folgen. Einfach schön hier. Es macht tierisch Freude, gemütlich (was eben die restliche Zeitspanne bis zum Verschwinden der Sonne zulässt) hindurch zu fahren. Diese Straße sieht relativ unbefahren aus. Dass hier dennoch ab und zu einer fährt, das beweist uns ein Auto, das uns einige Zeit später begegnet.

Beruhigenderweise hat ein netter Mensch einige Bäume an Abzweigungen mit handgemalten "Mugla"-Schildern versehen. Nicht jede Gabelung, aber doch so oft, dass wir uns mit einigem 50:50-Trefferglück nicht verzetteln.

Nach einer weiteren Kurve fällt unser Blick auf einen etwas tieferen Wasserlauf. Diesmal kein Bach, sondern ein für uns Flussdurchfahrtungeübte recht ordentliches Wässerchen, um eine Flussdurchfahrt hinzulegen. Hinzulegen ist das Stichwort. Das haben wir natürlich nicht vor. Elke darf schon einmal vorgehen und die Wasserdichtheit ihrer Stiefel testen. Ich erkunde die Wassertiefe und die Beschaffenheit des Flussbettes und wate mit den Koffern an das andere Ende des Ufers. Die volle Fuhre incl. Sozia scheint mir etwas zu schwer für dieses Vorhaben. Die Wassertiefe beträgt reichlich zwanzig Zentimeter und das Flussbett ist rund acht Meter breit. Für eingefleischte Enduristen sicherlich etwas Langweiliges. Für mich aber eine echte Herausforderung, da die Steine Kindskopfgröße haben und in der gegenüberliegenden Uferseite eine ziemlich hohe Stufe unter Wasser eingebaut ist. Doch an diesen Situationen wächst man nicht nur fahrtechnisch.

Wenn die Teerklumpen gegen den Motorschutz klimpern

Geschafft! Wir sind durch!!! Ein herrliches Gefühl. Nach der Biegung, direkt vor uns, sieht es so aus, als ob es nicht weiterginge. Die Straße wird immer felsiger und sieht nicht aus, als würde sie oft befahren. Elke meint, die letzte Abzweigung sei wohl falsch gewesen – was bedeuten würde: den Fluss in umgekehrter Richtung retour. Nach fünfundzwanzig Kilometer Schotterpiste umkehren? Mit der Aussicht, sich im spärlich ausgeschilderten Wald letztendlich doch noch zu verirren? Um dann hier auch zu übernachten? Es geht auf den Abend zu. Nach kurzem Beratschlagen sitzen wir wieder auf unserem Reisegefährt und hoppeln weiter.

Die Strecke führt recht malerisch mit leichtem Schotter weiter bergwärts. Als wir eine Ansammlung Häuser mitten im Wald passieren, stellt sich uns die Frage: Wer wohnt wohl hier in dieser schlecht angebundenen Ortschaft? Die Frage bekommen wir nicht beantwortet. Ist dieser Weiler vor geraumer Zeit aufgegeben worden? In den Fenstern sind teilweise keine Scheiben mehr vorhanden, andererseits steht noch Werkzeug und Landmaschinen in den Unterständen; von Menschen jedoch keine Spur. Keine Tiere, keinerlei Anzeichen von einer bewohnten Ortschaft. Eigenartig. Logischerweise gibt es auch kein Ortseingangs- und -ausgangsschild. Falls da aber eines gestanden wäre, hätten wir es a) auf unserer Karte oder unserem Navi eh' nicht gefunden (viel zu klein) und b) trifft uns ca. 300 m nach dem nichtvorhandenen Ortsausgangsschild der Schlag.

Absolut frisch asphaltierte Straße im Nirgendwo in Westanatolien

Teerpampe. Sieht aus wie Nougatcreme in Schwarz mit groben Rollsplitt vermischt. Shit! Rechts die Felswand – links fällt der Berg sanft, aber unweigerlich ab. Ausweichen? Unmöglich! Dreimal Shit!

Wir sind vorbereitet: schließlich lasen wir im Vorfeld mindestens zwei oder drei Reiseberichte, die von der türkischen Straßenbauweise warnten. Dass sie fast immer gleich die ganze Straßenbreite teeren und man dann mit dem Motorrad Mühe hat, ohne größere Schweinerei die Piste zu überqueren. Auf eine Dieselreinigung – so passiert einem Bekannten von uns – bei der dann die Bremsen drei Tage lang unbrauchbar werden, hatten wir keinen Bock. Aber natürlich hofften wir, ES ginge an uns vorbei! Pling. Pling. Pling. Pling. Ich höre die kleinen Steinchen des Rollsplitts, vermengt mit der teerähnlichen Pampe, an den Motorschutz und das Schutzblech klimpern. Langsamfahrt habe ich ja erst beim ADAC bis zur Vergasung geübt – jetzt weiß ich, wofür.

Uns bleibt aber auch nichts erspart! Es ist schon faszinierend, dass ein geschotterter Weg, welcher sich im Nachhinein als über dreißig Kilometer lang herausstellt, in der menschenlosen Einöde einfach mit dieser Teerpampe bestrichen wird. Dreizehn Kilometer vorher Schotter, dreizehn Kilometer nachher Schotter und dazwischen auf einer bewaldeten Bergkuppe Pampe! Keine Maschine, kein Werkzeug, kein Mensch weit und breit sichtbar. Irgendwann kommt wahrscheinlich die große böse Maschine und haut zentimeterdick den groben Rollsplitt auf die Puddingpampe. Wie herrlich wäre hier eine gescheite Ladung Rollsplitt. Welcher Motorradfahrer hat sich schon mal über Rollsplitt gefreut??? Ordentlich befahrbar ist das Teil jedenfalls nicht. Im Schritttempo kriechen wir in den Fahrspuren, welche durchfahrende Autos vor uns hinterlassen haben und damit die Pampe etwas trockener aussehen lassen. Dazwischen glänzt die Fahrbahnpampe wie frisch aufgekocht ...

Petrus, schick uns Kälte!
Metzgerei mit Lämmern in der Auslage

Wir müssen diese Strecke hinter uns bringen, bevor die Nacht hereinbricht. Nach drei Kilometern Schleichfahrt auf frischer Teerpampe haben wir diesen fiesen Abschnitt sicher überstanden. Aber trotzdem gehen die dreißig Kilometer Schotterpiste als schönstes Stück unserer bisher gefahrenen Touren in die Annalen ein.

Irgendwann verlassen wir das einsame Waldgebiet und treffen in der nächstgrößeren Stadt Mugla ein. Wir fahren noch bis zu einem Hotel in Datça, besuchen das Motorradtreffen im Ferienzentrum Aktur und vor allem die Halbinsel Resadiye (das an anderer Stelle). Nach vier Tagen verlassen wir Datça auf Resadiye wieder, um in die Berge, durch die Berge, nach Pamukkale zu flüchten.

Von resadiye nach Pamukkale

(Red. Jochen) | Die wärmsten Juni-Tage seit zwanzig Jahren in der Türkei. Heute verlassen wir Datça. Nicht weil es uns nicht gefällt, sondern weil es einfach zu warm ist. Nein, es ist nicht warm, sondern es ist heiß. Sauheiß! Aus diesem Grunde verlassen wir Datça schon gegen acht Uhr. In der Hoffnung: In den Bergen ist es wie bei unserer Ankunft kühler.

Doch um acht Uhr haben wir schon 37 Grad im Schatten. Es ist einfach unvorstellbar. Aber egal, wir entschlossen uns, Datça zu verlassen und wir werden das auch tun. Die Tour bis Marmaris kennen wir ja nun schon, da wir diesen Weg auch schon hergefahren sind. Vor Marmaris graut es uns ehrlich gesagt schon ein wenig. Dieser Stop-and-go-Verkehr, der uns da erwartet. Auch egal, wir müssen eben durch. Die ersten Ampeln gefallen uns – mit anderen Worten: sie sind grün. Eine weitere ist rot, und dann haben wir Marmaris auch schon geschafft. Ehe wir uns versehen, sind wir schon wieder aus Marmaris heraus. Wir halten, um eine unserer Wasserflaschen zu leeren. Die Temperatur steigt langsam aber stetig an. Wir sind schon anderthalbe Stunden unterwegs und haben Durst.

Panoramablick über die herrliche Landschaft auf der Halbinsel Resadiye

Kurz nachdem wir angehalten haben, werden wir von einer türkischen BMW überholt. Er hat trotz Überholvorgangs noch Zeit, ein kurzes Hupen von sich zu geben. Wir denken noch: der hat es aber eilig. Denkste! Kaum ist er vorbei, steht er auch schon wieder neben uns und fragt, ob wir ein Problem haben und ob wir Hilfe bräuchten.

Wir versichern ihm, dass alles paletti ist, er dreht wieder am Gas und lässt die Kupplung relativ schnell kommen. Die sportliche BMW verschwindet so schnell wie sie gekommen ist mit unverwechselbarem Boxerklang. Unschlagbar freundlich und hilfsbereit sind die Türken, wie wir uns wieder einmal live überzeugen können. Hier und da hupt einer, winkt oder grüßt einfach aus dem fahrenden Auto heraus.

Kurz nach Akcapinar verlassen wir die vierspurige Hauptstraße. Unser nächster Wegpunkt ist Gökova. Da hier leider keinerlei Straßenschilder vorhanden sind, gestaltet sich die Suche nach dem richtigen Abzweig schwierig. Da fackeln wir nicht lange und fragen bei der "Jandarma" nach. Der nahende Hauptmann winkt den Soldaten am Eingang unmissverständlich zur Seite und muss jedoch schnell feststellen, dass er es bei uns mit (der türkischen Sprache nicht mächtigen) Ausländern zu tun hat. Er befiehlt kurzerhand einen anderen Jandarmen herbei, der aber auch nicht wesentlich besser englisch spricht.

"Ja, ja" – wir fahren die Hauptstrasse (nicht)

Der "Herr Hauptmann" "befiehlt" uns in sein Büro. Aller guten Dinge sind drei. So steht bald schon ein weiterer "Jandarm" neben uns, der dann auch besser englisch spricht. Ähm. Wie macht man einem wahrscheinlich nicht ortsansässigen "Jandarmen" klar (denn eigentlich sind sie ja sowas wie Militär und sind womöglich aus einem ganz fernen Heimatort hierher beordert worden), dass man ja ein Individual-Tourist ist und auf keinen Fall die "Mainstreet" befahren will, da man von dieser Art von Straße die Nase gestrichen voll hat. Der nach wie vor freundliche "Jandarm" will uns aber immer wieder auf die Mainstreet befördern. Ich sage zu Elke (sie verstehen ja kein Deutsch): "Wir machen jetzt einen auf 'Ja, ja', verkrümeln uns hier und suchen die Straße auf eigene Faust weiter, da wir sonst morgen früh noch über den Sinn oder Unsinn der Vorstellungen von Individual-Touristen diskutieren."

Motorrad auf unbefestigter Straße in Westanatolien

Wir fahren nach Steffi, bzw. momentan unserer Nase nach. Da plötzlich taucht am Fahrbahnrand ein Schild auf: Yerkesik. Genau da wollen wir hin. Ab hier wissen wir ja eigentlich, dass es mit Teer wahrscheinlich bald Schluss ist. Wir befahren eine kleine Teerstraße. Ich bemerke noch zu Elke: "Mir scheint fast so, als ob das die Ruhe vor dem Sturm ist!" Ich behalte recht.

Langsam aber stetig schraubt sich die Schotterpiste genauso in die Höhe wie das Thermometer. Wir hatten eigentlich gedacht, weiter oben würde es kühler. Genau das Gegenteil tritt ein. Mittlerweile haben wir die 40 Grad wieder überschritten und diese verdammte Ding von Schnabelthermometer steigt immer noch. Die Strecke scheint sich zu einem richtigen Bergpass zu mausern, in Serpentinen schraubt sich die Straße den Berg hoch. Wir trinken motorwarmes Wasser aus unseren an beiden Seiten in Höhe der Soziafussrasten befestigten Wasserflaschen und sind alleine auf dieser Strecke. Nur vereinzelte sich im Sand abzeichnende Autoreifen-Spuren verraten uns, dass sich zumindest schon mal das eine oder andere Auto hierher verirrt haben muss.

Ziegenherden in der Türkei

Die BMW verrichtet unbeirrt aller größeren Geröllsteine ihre Dienste. Es ist erstaunlich, wie sie aus tiefsten Drehzahlen sauber und ruckelfrei herausbeschleunigt. dass dabei hier oder da mal das Hinterrad etwas durchdreht, ist nicht so tragisch und manchmal auch gewollt.

Wir schrauben uns bis zum Scheitelpunkt dieser zwar schönen aber auch unspektakulären Schotterpiste hinauf. Im letzten Drittel liegen überall auf dem Weg entrindete Baumstämme, aber immer so, dass wir locker daran vorbeikommen. Vermutlich treffen wir bald auf Waldarbeiter und deren Maschinen. Dem ist auch so. Gottseidank ist die Piste breit genug, um locker aneinander vorbeizukommen.

Offroad in Westanatolien

Eins wird jetzt langsam klar. Wenn wir unseren weiteren Weg zu dem angestrebten Pamukkale nach Plan absolvieren, kommen wir wahrscheinlich erst morgen früh dort an. Die Landschaft wechselt langsam ihr Aussehen. Duftende Kiefernwälder rings um uns herum. Obwohl wir kilometerweit keine Ansiedlung entdecken können, begegnen uns immer wieder Ziegenherden, die von Männern oder Frauen, teilweise auch von Kindern begleitet werden.

Diese Türken werden sich auch denken: die spinnen, die Touristen! Erst recht, wenn diese Verrückten nach zehn Minuten wieder zurückkommen ;-) Aber vorerst wähnen wir uns noch auf dem Right Way. Sanft sich in Kurven legende Straßenverläufe lassen eigentlich zügiges Fahren vermuten, denn hier oben ist abschnittsweise wieder der Straßenbau am Werke gewesen. Wenn nur nicht die flüssig davonlaufenden Asphalt-Bäche wären ... Lieber langsamer und die Fuhre nicht in den Dreck werfen. Apropos Dreck. Wir haben unsere Abzweigung gefunden.

Grober Schotter. Eine Reifenspur hier und da lässt vermuten, dass wir uns auf dem rechten Weg befinden. Die Strecke ist in der Garmin-World-Map eingezeichnet – das verheißt Gutes.

Also ist diese Straße, äähmmm Piste, eine wichtige Hauptverbindungsstraße dieser Welt ... oder ... nicht... ??? Sie wird immer heftiger. Für die BMW scheint es ein nicht wirklich großes Problem zu sein. Jedoch erkennt der Fahrer seine Grenzen, bzw. hier weiß ich, dass wir mindestens noch 25% Reserve bis zur Grenze bewahren sollten, um angemessen reagieren zu können.

Die Fahrspuren werden immer spärlicher und der Bewuchs des Weges kräftiger. Gras, niedriger Bewuchs. Jetzt wächst das Unkraut teilweise schon brusthoch mitten auf dem Weg – da stimmt was nicht! Wir beschließen, da vorne umzudrehen. Und genau – als wir "da vorne" ankommen, verliert sich der Weg einfach in der Pampa. Somit hat sich die Diskussion über Pro und Contra dieser Entscheidung sowieso erledigt. Also zurück zu den Anfängen.

Hund am Fahrbahnrand einer unbefestigten Straße in Westanatolien

Der Einstieg von vorhin ist erreicht und wir fahren wieder auf Teer, wenn auch mit viiiel Splitt (aber da wir schon einmal bei der frisch geteerten Straße den Splitt fürchterlich vermisst haben, stört uns dieser Umstand rein gar nicht!).

Diesmal entschließen wir uns eine andere Route zu wählen. Diese beinhaltet zwar noch mal eine Schotterstrecke, führt aber danach auf den "Mainstreets" zum Ziel. Wir haben 42 Grad. Die Fuhre rollt. Wir kommen zügig voran und der Fahrtwind hat zumindest den Anschein einer Kühlung.

Die letzte Schotterpassage für heute. Der Einstieg ist erreicht und die Piste zieht sich wieder einmal langsam aber stetig den Berg hinauf. Diesmal haben wir es mit wesentlich feinerem Schotter bis hin zu Sand zu tun. Für die Big-Turtle weiterhin kein Problem. Nachdem ich auf der letzten Passage gelernt habe, dass es besser ist, den Schwerpunkt der Maschine zum Kurveninneren zu legen, als den Fuß blöd rauszustrecken, meistere ich diese Strecke relativ gut. Elke hat sich mittlerweile auch an das ab und zu leicht rutschende und durchdrehende Hinterrad gewöhnt.

Der Hit ist ein handgemaltes, schon wieder abblätterndes Hinweisschild. Mitten im Kiefernwald an einer Gabelung. Ist ja nett, dass man uns auf dieses YataGan Is – oder wie auch immer dieser Ort heisst – hinweist. Nur dumm, dass wir den Ort gar nicht auf unseren Karten haben. Die Piste ist mal leuchtend kaminrot, mal leuchtend ockergelb. Auch schiefergrau zeigt sie sich kurze Strecken.

Hinter uns ziehen wir eine nicht unerhebliche Staubfahne her. Diese Fahne legt sich kurz, nachdem wir auf einen Holztransport, bestehend aus einem Laster und einem hebekranähnlichem Gefährt besteht, treffen. Dieser hält kurz mit seiner Arbeit inne und lässt uns passieren. Aus rein "humanitären" Gründen beschleunige ich nur langsam, um die "Holzfäller" nicht im Staub zu versenken. Die werden sich eh' denken: was machen denn diese gestörten Touris hier. Uns egal, außerdem muss ich meine ganze Konzentration weiter auf die Strecke und deren Beschaffenheit lenken, um nicht doch die ganze Kiste umzuwerfen.

Ich werfe sie nicht um und so erreichen wir wieder "festen" Boden. So, daswar für heute der letzte Schotterabschnitt. Nun geht es zügig voran. Sagen wir mal so, eigentlich darf man mit dem Mopped nur siebzig Kilometer außerorts fahren, außer man sieht keine Radarfalle. Ups, was war das? Gerade einen voll beladenen Bus mit der Aufschrift "Jandarma" überholt. Die Tachonadel steht bei 120 km/h. Na, wenn die mal keinen "heißen Draht" zur Polis haben und die irgendwo an der nächsten Ecke auf uns warten.

Unser Thermometer mit der unbestechlich gefühlten Schnabeltemperatur leistet Höchstarbeit. Kurz vor Denizli bekommt es von uns einen Orden verliehen. Die Temperatur hat die 45° C erreicht. Rekord! Heiße Luftströme wabern überall herum. Schließt man das Kinnteil des Klapphelms, droht man zu ersticken, öffnet man es, zerfallen augenblicklich sämtliche Barthaare zu pulverisiertem Staub.

An unserem Ziel Pamukkale angekommen, fahren wir schnurstracks ins Allgau Hotel*, wo wir nach einem Zimmer fragen. An der Stelle müsste unsere BIG TURTLE eigentlich einen neuen Nicknamen bekommen: Erdferkel. Oder Sandfloh? Der Staub ist in jede Ritze gekrochen. Mensch, Klamotten und Koffer erhalten dann die dringend benötigte Dusche in der Unterkunft.

Ephesus