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Motorradtouren Slowenien Kobarid | Drežnica

Bergdorf Drežnica – eine gute Wahl

Wir fahren weiter in Richtung Süden. Ein kleines Bergdorf oberhalb Kobarids nennt sich Drežnica und zählt nur einige hundert Einwohner. Der Berg Krn mit seinem einer schiefen, liegenden Nase ähnelnden Felsgipfel ragt markant hinter dem Dorf auf. Hier haben wir uns ein Appartement reserviert.

Im Guesthouse Rooms Pri Lovrižu* werden wir von Monika überaus freundlich empfangen und bemerken glücklich, dass das alte Haus sehr dicke Mauern hat. So ist es angenehm kühl im Haus. Ist es Einbildung, dass die Luft hier oben einen Tick kühler, irgendwie luftiger und frischer ist als unten in Kobarid? Vielleicht staut sich die heiße Luft im Tal?

Motorradfahrer vor Bergkette mit Dorf im Hintergrund

Der kleine beschauliche Ort ist über eine schmale Serpentinenstraße zu erreichen, die sich über fünf Kilometer den Fels hinauf schlängelt. Sobald sich vor uns eine weitläufige Grasfläche auftut, haben wir es für heute geschafft: die kleine Hochebene ist erreicht. Linkerhand leuchtet weithin sichtbar die Herz-Jesu-Kirche mit seinem spitzen Kirchturm vor dem grauen Felsmassiv. Den Kirchturm der Kirche ziert eine große Uhr, die die Zeit alle Viertelstunde laut schlägt. In der ganzen Stunde dauert das Schlagen dann unter Umständen etwas länger. In der Heimatstadt meiner Kindheit war der Kirchturm auch nur 200 Meter entfernt. Bei offenem Fenster im Bett zu liegen und mitzuzählen, wie spät es ist – ich mag es.

Abendliche Stimmung mit slowenischen Bergen

Das Dörfchen soll besonders bei Paraglidern sehr beliebt sein, von denen wir jedoch keinen einzigen zu Gesicht bekommen. Während unseres Aufenthalts in dem Bergdorf treffen wir mal den einen oder anderen Motorradfahrer und vor allem Wanderer, die sich auf einer Long-Distance-Wanderung befinden, auf dem Alpe Adria Trail. Dieser Wanderweg ist insgesamt 750 Kilometer lang und beginnt am Gletscher des Großglockners und erreicht nach 43 Etappen das adriatische Meer. Der Streckenabschnitt an der Soča entlang soll dabei einer der schönsten sein.

Drežnica ist umgeben von hügeligen Wiesen, die am Bergmassiv des Krn enden. In der Nachbarschaft finden sich Schluchten, in die man in kurzen Wanderungen hinabsteigen kann. Oder geschichtsträchtige Schlachtfelder der Isonzo-Front, für die sind dann etwas längere Fußmärsche nötig. In vier Stunden Gehzeit könne man auch den Berg Krn erklimmen, lesen wir in unserem Michael-Müller-Reiseführer, jedoch bemerkt die Autorin auch, dass diese Zeit sehr sportlich wäre. Aber egal, derartige Höchstleistungen stehen eh nicht auf unserer Tagesordnung. Eigentlich sind wir ja zum Motorrad fahren da.

Köstlich. Köstlich!
Dorfkulisse mit Kirche und Friedhofsmauer von Drežnica

Für unseren Einkauf müssen wir noch einmal nach Kobarid hinunterfahren. Der kleine Tante-Emma-Laden um die Ecke scheint vor gar nicht allzu langer Zeit erst aufgegeben zu haben, wie uns ein Blick in den Laden vermuten lässt. Außer dem Gostišče „Jelkin hram“ sind im Ort keine weitere Restaurants ansässig. „Gostišče“ bedeutet soviel wie Gasthaus mit Zimmern, eine Gostilna hingegen ist ein reines Restaurant ohne Übernachtungsmöglichkeit. Das „Jelkin Hram“ bereitet für seine Hausgäste jeden Abend ein Drei-Gänge-Menü zu. Jeder fremde Gast, der um 19 Uhr dort aufschlägt und einen freien Tisch ergattert, kann an dem grandiosen Menü teilhaben. Pünktlich laufen wir hinüber zum Gasthaus und bekommen einen der begehrten Tische. Uns wird als erster Gang eine Nudelsuppe in einer großen Schüssel serviert. Puuuh, als Vorspeise schon mal eine sehr reichliche Portion! Langsam, da kommt ja noch mehr. Und richtig, danach kredenzt man uns noch Gulasch mit Nudeln und abschließend einen Nachtisch. Wir sind pappsatt. Die Wahl des Lokals war erste Sahne – wobei man eigentlich wenig Wahl hat: es heißt sich bekochen lassen oder selbst kochen, denn das „Jelkin hram“ ist ja der Platzhirsch ohne Konkurrenz.

Dreschflegel in Nizza
Motorrad und Auto parken vor Unterkunft in Drežnica

Verflixt, ich kann mir ums Verrecken – sorry fürs Fluchen! – den Ortsnamen nicht merken. Drežnica, gesprochen Dreschnitza. Drežnica! Drežnica! Drežnica! Wieso will mir das nicht ins Hirn? Erst eine Eselsbrücke verhilft dem temporären Wohnsitz zu einem bleibenden Eindruck: Dreschflegel in Nizza. Geht doch! Auch andere Zeitgenossen hätten sich mal lieber eine Eselsbrücke basteln sollen. Eine illustre Reihe ausländischer Politiker blamierten sich in den letzten Jahrzehnten während ihrer Besuche im kleinen Land und sprachen von der Slowakei. Natürlich ist in beiden Ländern die slawische Sprache gebräuchlich, die sich auch nicht unähnlich ist, man trinkt gerne Bier, spielt Eishockey und hat ziemlich ähnliche Landesflaggen... trotzdem: peinlich, peinlich! Wer sich derart vertat, war zum Beispiel George Bush, dem könnte man es angesichts seiner fernen Herkunft ja fast noch verzeihen. Aber auch Sarcozy und Berlusconi aus der Fast-Nachbarschaft reihten sich ein in die Riege der Fettnäpfchen-Treter. Drum Slowenien-Reisende, seid auf der Hut!

Kobarid | Museum
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