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Motorradtouren Slowenien Bohinj-See

Zum Bohinj-See in der Mitte des Triglavgebirges

Bergsee, Bohinj-See, Gebirgszug des Triglavgebirges

Am nächsten Morgen brechen wir unsere Zelte in Drežnica ab und ziehen weiter zum Bohinj-See. Der Triglav-Gebirgszug legt sich wie ein Hufeisen schützend um ein Gebiet, in dessen Mitte sich der Bohinj-See / Bohinsky jezero befindet. Die Region wurde schon im Jahre 1924 zum Nationalpark erklärt. Um von Kobarid zu diesem See zu gelangen, müssen wir das Hufeisen respektive das Gebirge weiträumig umfahren. Nur aus einer Himmelsrichtung kann man ins Innere des Hufeisens vordringen. Über den Gebirgskamm führen keinerlei Straßen. Wobei weiträumig umfahren zugegeben eine der beliebtesten Tätigkeiten ist, wenn man mit dem genialsten aller Fortbewegungsmittel unterwegs ist. Und kilometermäßig ist es auch keine Herausforderung.

Ob wir uns an die ungewohnte Aussprache mancher Buchstaben in Slowenien noch gewöhnen werden? Da das „v“ wie ein „u“ gesprochen wird, ist das Triglav-Gebirge demzufolge nicht Triglav, sondern Triglau. Ein weiterer Funfact ist der Umstand, dass Triglav wortwörtlich übersetzt „Drei-Kopf“ heißt. Man kann sich jedoch auf eine lange Wanderschaft rund um den respektheischenden Berg begeben. Aus keiner Perspektive wird man mehr als zwei Gipfelspitzen entdecken.

Alter Bauernhof, Bank neben Haustür, Holzbalkon

Wir kurven also total entspannt und gemütlich durch die gebirgige Landschaft. Die malerisch dem Flüsschen Bača folgenden Straße mit der Nr. 403 führt uns in Richtung Petrovo-Brdo-Pass. Es ist Mittwoch Vormittag, wir sind Dutzende Kilometer ziemlich allein auf der Straße. In dem ein paar Kilometer vorgelagerten Ort Podbrdo füllen wir unseren Spritbehälter randvoll, denn Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Wer sich oft stundenlang auf kleinen Straßen im Hinter- und Oberland und abseits der größeren Ortschaften herumtreibt, dessen Suche nach Tankstellen ist manchmal etwas mühsamer.

Der im Mittelalter stark frequentierte, 803 Meter hohe Petrovo-Brdo-Pass verbindet das westliche Bačatal mit dem östlichen Selščicatal. Zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg lag Petrovo Brdo an der Grenze zwischen Italien und dem Königreich Jugoslawien. Die Italiener errichteten dort große Grenzkasernen, von denen wir jedoch keine zu Gesicht bekommen, da wir dazu auf Schuster Rappen unterwegs sein müssten.

Berghütte am Petrovo-Brdo-Pass
Hütte auf dem Petrovo-Brdo-Pass

Wir erreichen um die Mittagszeit eine Hütte mit dem schönen Namen „Koca Planinski Dom Petrovo Brdo“. An der Hütte lockt ein sonnenschirmbehüteter Freisitz. Zeit für eine Mahlzeit und ein kaltes Getränk. Doch leider ist die Hütte heute nicht geöffnet. Zahlreiche Google-Bewertungen zeugen von zahlreichen zufriedenen Gästen in diesem Haus, in dem man auch übernachten kann. Also vielleicht haben wir einfach nur den Betriebsurlaub erwischt. Die Terrasse ist frei zugänglich und ein Getränkeautomat spuckt gut gekühlte Köstlichkeiten aus. Währenddessen entert eine Gruppe junger Wanderer zwei weitere Tische. Sie packen ihre großen Wanderrucksäcke in die Ecke und kleine Gaskocher aus. Bald dampfen heiße Kaffees und Tees in ihren blechernen Tassen.

Bei der Hütte wenden wir uns schließlich wieder bergwärts und nehmen nicht die verlockend ins Tal hinunter kurvenden Serpentinen. Die Straße trägt nun die Nummer 909 und führt in die Mitte des bereits erwähnten Triglav-Hufeisens mit dem Bohinj-See. Doch vorher liegt noch ein weiterer Übergang bzw. Sattel. Über den Bohinjsko Sedlo (1277 m) führte im Mittelalter der alte Handelsweg von den Bergwerken rund um Bohinjsko Bistrica nach Tolmin und von dort aus bis nach Venedig. 1906 wurde ein 6,5 km langer Eisenbahntunnel gebaut, der in Podbrdo in den Berg eintaucht, um ihn in Bohinjska Bistrica wieder zu verlassen. Seit 1999 wird die Zugstrecke auch als Bahnverladung (slowenisch: Avtovlak) genutzt: wer mit dem Fahrzeug in Most na Soči, Podbrdo oder Bohinjsko Bistrica auf den Zug auffährt, wird in zehn bzw. fünfzig Minuten, je nach Zustiegsort, auf die andere Seite des Gebirges gebracht.

Eintauchen in das Hufeisens des Triglavs
Hütte auf dem Pass Bohinjsko Sedlo

Der Straßenbelag ist abwechslungsreich, von neuem, guten Asphalt bis rissig mit vielfarbigem Fleckenmuster ist alles dabei. Kurz nach der Passhöhe erreichen wir die Soriška Planina, einem großen Platz mit der neuen, dreistöckigen Berghütte „Gostisce Lajnar“ und dem Beginn eines Skigebiets. Der Parkplatz und die Restaurant-Terrasse erscheinen uns reichlich überdimensioniert. Dabei vergessen wir jedoch, dass dies hier im Winter ein vermutlich überquellender Parkplatz ist, auf dem während der Skisaison der Bär steppt. Aktuell ist es ein angenehm temperierter Ort, wenn man bei heißem Wetter eine Gastro-Pause machen möchte und nicht in den Motorradklamotten gekocht werden möchte.

Wir kurven wieder hinunter, erst nach Bohinjska Bistrica. Dies ist Verkehrsknotenpunkt und das Einkaufszentrum zugleich in dieser Region, für unseren Geschmack jedoch noch zu weit weg vom See und zu „städtisch“. Dann weiter nach Ribčev Laz, wo wir uns östlich des Sees halten und nach einem Kilometer weiterer Fahrt in Stara Fužina ankommen. Dieses kleine Bergdörfchen bietet alles, was man braucht: Unterkünfte, einen Supermarkt, den See in Laufweite und in entgegengesetzter Richtung Berge und Klammen, die ihresgleichen in den Alpen suchen.

Ganz am Ende von Stara Fužina kommen wir bei Apartmaji Mavrica* direkt am Beginn einer Schlucht unter. Der nahe Gebirgsbach rauscht unüberhörbar in einem recht tiefen Einschnitt hinter dem Gebäude. Zur Begrüßung versorgt uns unsere Gastgeberin Cvetla mit hilfreichen Tipps und verwöhnt uns erst einmal mit selbst angesetztem Likör. Wir schlürfen genüsslich, müssen sie jedoch bremsen, ein Gläschen reicht. Hätten wir alle probieren wollen – Cvetka setzt mindestens zehn verschiedene Sorten an – hätten wir den Abend wohl nicht mehr erlebt.

Bergsee mit angenehmer Temperatur
Bergsee, Bergkette, Wasser, Wellen

Baden! Das Seewasser ist an der Nordseite mit 22°C Wassertemperatur am wärmsten. Wir finden eine Bank direkt am Wasser. Das Seeufer ist überhaupt nicht überlaufen, das ist ungeheuer angenehm. Der komplette Uferbereich ist autofrei. Hier sind nur Fußgänger und Fahrradfahrer unterwegs. Einige Meter von uns entfernt baden einige junge Kerle. Huch, die sind ja nackig! Ach, später sehen wir das Schild unweit unserer Bank: ab hier beginnt der FKK-Bereich.

Bergsee, Bergkette, Wasser, Wellen

Die Bergkette jenseits des Sees hängt schon in tiefen, dunklen Wolken, wir jedoch sitzen noch bei angenehmen 26°C in der Sonne. Dieser See hat gleich nach unserer Ankunft unsere Herzen erobert. Auf unserem abendlichen Heimweg kommt uns ein junges Paar entgegen, mit großen Rucksäcken auf dem Buckel. Sie sprechen uns an: sie wären beim Wandern vom Weg abgekommen, wären wohl irgendwie auf der falschen Bergseite abgestiegen und jetzt kämen sie hier mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr weg. Ob wir sie irgendwie fahren könnten, in einen einige Kilometer entfernten Ort. Als wir sie aufklären, dass wir mit dem Motorrad hier wären, ziehen sie enttäuscht, aber verständnisvoll von dannen. Weiter unten, bei den Restaurants und dem Supermarkt werden sie dann sicher fündig und können einen Fahrer anheuern.

Partisanenkrankenhaus Franja
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