Motorradtouren Tschechien Südmähren Lednice

Gigantomanie der Liechtensteiner

In Lednice hat sich die Liechtenstein-Familie in den letzten Jahrhunderten mit prachtvollen und teils dekadenten Bauwerken verewigt.

Der Region Lednice – Valtice (Eisgrub – Feldsberg) statten wir schließlich lediglich einen Kurzbesuch ab. Für ein ausgiebiges Erkunden bräuchten wir einen ganzen Tag oder sogar besser zwei. Tempel mit Götterstatuen, nachempfundene Bauwerke der Welt, asiatische Pavillons und zwei riesige Schlösser: hier haben sich Mitglieder der Liechtenstein-Familie in den letzten Jahrhunderten mit prachtvollen und dekadenten Bauwerken verewigt. Warum die Besichtigung so zeitaufwändig ist? Ganz einfach: das Ganze befindet sich auf einer Fläche von sage und schreibe 180 km². Weiterhin stehen auf dieser Fläche ein Triumphbogen, ein Minarett, ein Tempel mit Jagdszenen und und und ... Das ist dann schon mehr als eine ausgewachsene Tageswanderung.

Neogotische Sommerresidenz der Liechtensteins: Schloss Lednice

Wir besichtigen einen winzig kleinen Teil des Parks und die neogotische Sommerresidenz der Liechtensteins: das Schloss Lednice. Und richtig geschlussfolgert: die Liechtensteins sind genau die adelige Familie, die im 18. Jahrhundert die Grafschaft Schellenberg sowie auch Vaduz erwarben. Beide zusammen bilden seither das Fürstentum Liechtenstein. 1945 wurde der Besitz der Liechtensteins von der tschechischen Regierung konfisziert – dies ist bis zum heutigen Tag ein Streitpunkt, der die Gerichte beschäftigt. Die tschechische Regierung sieht die Liechtensteins als Deutsche und nicht als Liechtensteiner, denn dann sind sie fein aus dem Schneider und müssen den Besitz nicht wieder zurückgeben. Der Ausgang dieser Streitsache ist immer noch offen, die Gerichte sind nach wie vor damit beschäftigt.

Für die Österreicher ist ja der Ausflug in südmährische Gebiete nur ein Katzensprung. Bis zur Grenze sind es nur wenige Kilometer. Auf dem Parkplatz von Lednice verrät die Gestik und Mimik vierer Österreicher am Parkticket-Automaten leichte Resignation. Ich spreche eine der Frauen an. Ja, der Automat nehme nur Kreditkarte oder Coins. Hä? Sagt man in Österreich Coins zu Münzen? Sie korrigiert sich gleich angesichts meines ratlosen Gesichtsausdrucks. Ich wechsele ihren 100-Kronen-Schein in tschechische Münzen. Gutes Karma.

Zwei Gutankommer-Gläschen Palava
Ein kurzer Rundgang durch die verblüffenden Tiefen des Kellers offenbart ein riesiges Angebot aus den Weinbergen der hiesigen Winzer.

Gegenüber unserer Unterkunft in Pavlov stehen drei einfache Picknickbänke vor einem unscheinbaren Weinkeller. Ein kurzer Rundgang durch die verblüffenden Tiefen des Kellers offenbart ein riesiges Angebot aus den Weinbergen der hiesigen Winzer.

Wir genehmigen uns ein Gutankommer-Gläschen vom Palava, einer hiesigen Reben-Neuzüchtung. Dafür wurden roter Traminer und Müller-Thurgau gekreuzt – das Ergebnis ist ein fruchtiger Weißwein. Bestimmt rümpft jetzt der eine oder andere die Nase. Müller-Thurgau? Dieses Allerweltsgesöff? Mein Tipp: mal einen Rivaner probieren. Schmeckt wesentlich besser? Mit der richtigen Temperatur ein Genuss? Achtung, jetzt kommt es ganz dicke. Denn: der Rivaner ist ein Müller-Thurgau im neuen Gewand. Den wurde umbenannt, um dem Ruf des Allerweltsgesöffs zu entfliehen und den Absatz wieder anzukurbeln. Also den Wein Palava – unbedingt merken!

Auch für die Rotweintrinker ist einiges geboten. Modrý Portugal – der blaue Portugieser aus Mähren hat sich in unsere Zungen eingebrannt, seit wir ihn vor Jahrzehnten in Český Krumlov zum ersten Mal in einer Vinothek kauften. Er färbt die Zungen in einen kräftigen Ton. Vermutlich füllen die tschechischen ABC-Schützen damit ihre Tintenpatronen, um die frisch erlernten Buchstaben zu schreiben – denn die Farbe dieses Weins ist außerirdisch blau.

Mährischer Karst | Macocha Schlucht
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