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Mitgenommenes Schloss im Wiederaufbau: Grusbach

Verfallenes Schloss in Namen Hrušovany nad Jevišovkou / deutsch Grusbach

In der südmährischen Thaya-Schwarza-Talsenke bewegen wir uns nun auf ein unspektakuläres Städtchen mit dem zungenbrecherischen Namen Hrušovany nad Jevišovkou zu. Wie in ganz Tschechien kämpft man auch in Mähren mit unaussprechlichen Ortsnamen. Böhmische Dörfer, die sprichwörtlichen, wer kennt sie nicht? „Das sind alles böhmische Dörfer für mich“, bedeutet schlichtweg, dass die böhmischen Ortsnamen nicht auszusprechen sind. Für mährische Orte gilt das natürlich ebenso.

In der Ortsmitte von Grusbach - den tschechischen Namen Hrušovany nad Jevišovkou kann doch keiner aussprechen - taucht ein mächtiges Schloss vor uns auf, das jedoch mächtig mitgenommen aussieht-

Der deutsche Name Grusbach geht uns natürlich wie bei so vielen tschechischen Namen wesentlich flüssiger von den Lippen. In der Ortsmitte taucht ein mächtiges Schloss vor uns auf, das jedoch mächtig mitgenommen aussieht. Derartige verlassene, verfallene Gebäude rufen uns in der Regel lautlos zu sich heran. Sie möchten eine Geschichte erzählen. Nur können wir nicht immer verstehen, was uns das Haus sagen will. Als wir uns gerade anschicken, durch das einladend-offene Tor ins Gelände hinein zu schleichen, schickt uns der Lost Place eine gute Seele vorbei, die uns Einiges über die Geschichte erzählt. Noch dazu in unserer Sprache. Es radelt nämlich gerade ein älterer Mann vorbei. Er trägt eine neon-orange Warnweste und als er uns gewahr wird, stellt er sein Fahrrad an den Zaun.

František, wie er sich uns vorstellt, spricht etwas Deutsch, was er damit erklärt, dass er früher in Österreich als Drechsler gearbeitet hat. Mittlerweile ist er jedoch im wohlverdienten Ruhestand. Vermutlich denkt er, dass wir Nachkommen der etwa 2200 deutschen Einwohner seien, die nach Kriegsende das Land verlassen mussten und sich in Österreich und Deutschland mit Nichts außer einer hölzernen Kiste, in dem sie ihr Eigentum transportierten, eine neue Existenz aufbauen mussten.

Ein Blick ins Innere des Schlosses lässt uns erschauern, unvorstellbar, dass diese Ruine wieder hergerichtet werden kann.

Das vor uns liegende Schloss Hrušovany (Schloss Grusbach) ist ein 1669 erbautes Bauwerk, das in den letzten Jahrzehnten zu einer Ruine verkam. Genaueres erzählt uns František. Während des Kommunismus wurde das Schloss von Soldaten als Kaserne genutzt, zeitweise auch als Arbeitslager – die nahe Grenze zu Österreich lässt grüßen. Natürlich musste der antifaschistische Schutzwall vor feindlichen Durchbrüchen, Übertretungen und Angriffen geschützt werden. Seit bald vierzig Jahren steht das Gebäude nun schon leer und verfällt. In einem Nebengebäude, das aussieht wie eine Garagenzeile, seien zu kommunistischen Zeiten Hundezwinger eingerichtet gewesen, für die vierbeinige Wachmannschaft.

Kurze Stippvisite in einer Schlossruine

Doch es ist ein Ende des Verfalls in Sicht: die Gemeinde hat sich des Besitzes angenommen. Das riesige Gemäuer bekam schon ein neues Dach, für sage und schreibe 20 Millionen Tschechische Kronen. Das herrschaftliche Säulenportal muss schon mit Holzbohlen abgestützt werden, so baufällig scheint es zu sein. Ein rot-weißes Flatterband warnt davor, es zu betreten. Kein einziges Glas der großen Rundbogenfenster ist intakt, die Fensterrahmen fehlen teilweise ganz und wurden mit einer Pressspanplatte abgedichtet. Traurig! Aber auch bei uns in Deutschland wäre ein verlassener Bau, für den sich keiner mehr verantwortlich fühlt, derartiger Verwüstung ausgesetzt. Im Inneren sitzen gerade einige Handwerker bei der mittäglichen Brotzeit und haben nichts dagegen, dass wir mit František mal einen kurzen Blick hinein werfen. Oh je! Im Treppenaufgang stehen an den Wänden Gerüste, aber ansonsten ist ein einziges Trümmerfeld. Da hat die Stadt noch viel zu tun.

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